Welche Arten breiten sich hier aus?

Muscheln im Zugersee sind «teils messerscharf»

Gesammelt innerhalb von rund 20 Sekunden. Wer im Zugersee Muscheln finden will, muss nicht wirklich suchen. (Bild: PLu)

Sind dir die unzähligen Muscheln im Zugersee aufgefallen? Die Population ist laut Anwohnern in den letzten Jahren förmlich explodiert. Wie unser Besuch zeigt, erlebten Schwimmer schon schmerzhafte Kontakte mit den Tieren. Wir sagen dir, was das für Muscheln sind und ob sie zum Problem werden.

Es ist Mittag, als wir an diesem Tag Badeplätze in Cham, Buonas und Hünenberg ansteuern. Wir sind aber nicht zum Spass an die lauschigen Badeplätze gekommen – die Sache ist «tierisch» ernst. Leserreporter haben uns berichtet, dass die Muschelpopulation im Zugersee in den letzten Jahren förmlich explodiert sei. Wir steigen zuerst bei Hünenberg ins Wasser und greifen nach den Schalen.

Durch einen Hund, der gerade ein Bad nimmt, ist die Stelle am See trüb. Das Spiel im Nass hat den Seeboden ganz schön aufgewirbelt. Also «fischen» wir mit den Händen sozusagen im Dunkeln. Die Finger ertasten zuerst einen scharfen Gegenstand unter dem Schlamm. Es kommt weder eine Quagga-Muschel noch eine Auster zum Vorschein. Eine zerbrochene Bierflasche hat sich da im schönen Zugersee verirrt. Eine invasive Bier-Art der besonders ärgerlichen Art!

Auf dem Seegrund liegen unzählige Muscheln

Doch dann: Der Hund hat genug gespielt und verlässt das Wasser. Der See wird schnell wieder klar, und unzählige Muschelschalen kommen zum Vorschein. Es fühlt sich fast ein bisschen an wie ein Meeresstrand. Als wir die Unterwasserkamera zücken und das Gesehene dokumentieren, ernten wir verwunderte Blicke von Zugerinnen, die auf dem Steg den sonnigen Tag geniessen. Wir sprechen sie auf die Muscheln an. «Die sind mir ehrlich gesagt gar nie aufgefallen», meint eine junge Zugerin.

Die Schalen am Boden stören sie nicht. «Mühsam finde ich eher das Seegras, das sich bei diesen Temperaturen entwickelt», meint sie. Ihre Kollegin, die mit ihrem Hund den Zugersee geniesst, meint: «Das mit den Muscheln ist mir schon aufgefallen. Ich gehe meistens bei Buonas ins Wasser, da ist es nicht schlimm.»

Muscheln an Steinen können gefährlich werden

Dass die Muscheln aber auch gefährlich sein können, zeigt ein Leserkommentar. Zu unserem Beitrag über die Zuger Badi-Einstiege schreibt ein User: «An den Ufern des Zugersees hat es sehr viele Muscheln, die teils messerscharf sind. Wen wundert's, dass man die Füsse kaputt macht.» (zentralplus berichtete).

Ein sportlicher junger Mann bestätigt den Eindruck bei unserem Besuch am See. «Mich haben Kollegen auch schon gewarnt. Die Muscheln an den Steinen können echt gefährlich sein.» Vor allem in Cham beim «Hirsi» habe er diese Warnung schon öfter gehört. Auch er und seine Kollegen haben den Eindruck, dass die Population der Tiere zugenommen habe.

Diese Muschelarten findest du im See

Was sind das für Muscheln, die sich anscheinend sehr wohl im Zugersee fühlen? zentralplus fragt bei Roman Keller nach. Der Abteilungsleiter Jagd und Fischerei des Kantons Zug sagt, welche Muschelart im See zu finden ist. «Im Zugersee kommen zum Beispiel die Gemeine Bachmuschel, die Malermuschel oder auch die Flache und die Gemeine Teichmuschel vor. Ausserdem gibt es einen hohen Bestand an Wandermuscheln, auch Zebramuschel genannt, von der wahrscheinlich auch die Schalenrückstände im Uferbereich stammen.»

Dass es ab und zu Fuss-Muschel-Begegnungen gibt, sei der Behörde zwar bekannt. Zu der Aussage, dass die Population förmlich explodiert sein soll, sagt Keller: «Es gibt keine Hinweise, dass die Muschelbestände im Zugersee zugenommen haben.» Und die vielen Muschelschalen im See stellen auch kein Problem dar. «Einheimische Muscheln gehören zu einem intakten Wasserlebensraum und stellen aus ökologischer Sicht kein Problem dar.»

«Eine Bekämpfung ist im Wasserlebensraum nicht möglich.»

Roman Keller, Abteilungsleiter Jagd und Fischerei, Kanton Zug

Ein potenzielles Problem hat das Amt allerdings auf dem Radar. «Gelangen nicht-einheimische Muscheln – sogenannte Neozoen wie die Quaggamuschel – in unsere Gewässer, verdrängen diese unter anderem die einheimischen Arten. Einmal eingeschleppt, können sie nicht mehr eliminiert werden. Eine Bekämpfung ist im Wasserlebensraum nicht möglich», erklärt Roman Keller.

Die einheimischen Muschelarten seien ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems. Einige Arten sind vom Aussterben bedroht und diese wollen die Experten schützen.

Es hat genug Muscheln im See – sind diese essbar?

Eins ist bei unserem Besuch sicher. Im Zugersee hat es viele Muscheln. Und da wir am See auch irgendwann Hunger bekommen, fragen wir uns, ob diese Muscheln vielleicht sogar gegessen werden können. Da kann uns Roman Keller zumindest teilweise eine Freude machen. «Die Muscheln können theoretisch konsumiert werden. Muscheln sind aber sogenannte Filtrierer, das heisst, zur Nahrungsaufnahme filtrieren sie das Wasser. Dabei werden unter Umständen auch Umweltgifte wie zum Beispiel Schwermetalle aus dem Wasser aufgenommen und in der Muschel angereichert, was beim Konsum zu gesundheitlichen Problemen führen kann.»

Dass es sich lohnt, Muscheln zu sammeln, zeigt auch ein Beispiel aus Luzern. Lenny Hartmann ist Souschef im Restaurant Drei Könige in der Stadt Luzern und er sucht seine Muscheln in der Reuss. Einmal pro Woche taucht Hartmann seine geheimen Spots ab. «Hier gibt es Muscheln wie Sand am Meer.» Bis zu zwei Stunden verbringt er in der Reuss. «Danach wird's langsam kalt», sagt er (zentralplus berichtete).

Lenny Hartmann und seine Ausbeute aus der Reuss.
Lenny Hartmann und seine Muschel-Ausbeute aus der Reuss. (Bild: zvg)
Verwendete Quellen
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


1 Kommentar
  • Profilfoto von Hanswurst
    Hanswurst, 06.08.2022, 17:45 Uhr

    Auch im Luzerner Lido habe ich dieses Jahr erstmals eine ganze Bank mit Quagga Muscheln entdeck. Noch vor kurzem hiess es, der Vierwaldstättersee sei frei davon. Man sollte Bootsbesitzer, die ihre Boote überall hinschleppen mal mit einer ordentlichen Pauschalbusse für den angerichteten, nicht mehr reversiblen Umweltschaden belegen, also nicht nur einige Hunderter, sonder das x–fache des Bootspreises.

    👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon