Mund zu! Insekten auf Hochzeitsflug bevölkern zu Tausenden das Reussufer
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Entlang der Reuss tummeln sich dieser Tage abertausende Insekten in der Luft und an Häuserfassaden. Nervig für Velofahrer, aber harmlos, sagt der Luzerner Artenschutzbeauftragte. Er erklärt, worum es sich handelt und wem die fliegenden Schwärme nützen.
Wer in den vergangenen Tagen genau hinblickte, sah: Das Gebäude der internationalen Hotelfachschule BHMS an der Gütschstrasse ist derzeit gesprenkelt. Zu Tausenden sitzen Insekten auf der Fassade. Bei den meisten Fenstern sind die Storen unten.
Auch entlang der Reuss sind die Tiere in grossen Schwärmen unterwegs. Allenthalben sind Fussgänger und Velofahrer zu sehen, die mit der Hand wild vor dem Gesicht hin- und herwedeln, um den unfreiwilligen Proteinimbiss zu verhindern.
Bei den Insekten handelt es sich um Stein-, Eintags- oder Köcherfliegen, sagt Jörg Gemsch vom Amt für Landwirtschaft und Wald des Kantons Luzern. «Das sind drei Gruppen von Insekten, die im Wasser leben.» Üblicherweise ist ihr Habitat in der Reuss, wo die Larven unter Steinen hausen. Einmal jährlich verwandeln sie sich in flugfähige Insekten und unternehmen ihre Hochzeitsflüge – genau in diesem Stadium ist nun eine Insektengruppe in Luzern.
«Vielleicht fällt es aktuell mehr auf, weil viele Menschen die Natur bewusster wahrnehmen.»
«Das ist völlig harmlos, auch die Fassaden nehmen keinen Schaden», sagt der Artenschutzbeauftragte des Kantons. Oft hätten die Tiere nicht einmal mehr Mundwerkzeuge, weil sie nur noch für die Fortpflanzung leben und anschliessend sterben.
Die Fische freuts
Wann die erwachsenen Tiere aus dem Wasser kommen, variiere von Art zu Art. Jede lebt laut Jörg Gemsch in ihrem eigenen Jahreszyklus. «Es ist ein vorübergehendes, alljährliches Phänomen», so der Biologe. «Vielleicht fällt es aktuell mehr auf, weil viele Menschen öfters spazieren gehen und die Natur bewusster wahrnehmen. »
«Für die gesamte Fischfauna sind sie sehr wichtig.»
Weil die Insekten keine Gefahr darstellen, gibt es laut Gemsch auch keinen Grund, etwas gegen die auffälligen Schwärme zu unternehmen. Im Gegenteil: Die Stein- und Köcherfliegen bestreiten gemeinsam mit der Eintagsfliege den Speiseplan der Fische. «Für die Gewässerökologie und die gesamte Fischfauna sind sie deshalb sehr wichtig», so Gemsch. «Gegenmassnahmen wären also kontraproduktiv, wir hätten in wenigen Jahren keine Fische mehr in der Reuss.»
Das dürfte vielleicht das Verständnis des einen oder anderen Velofahrers oder Spaziergängers fördern, der sich aktuell mit den Insekten herumplagt. Dass manche Luzerner die Tiere als lästig empfinden, kann Jörg Gemsch nachvollziehen. Aber: Diese Belästigung müsse man in Kauf nehmen und halt vorübergehend mit geschlossenem Mund in die Pedale treten, sagt Gemsch. «In spätestens einer Woche ist der Hochzeitsflug bereits wieder vorbei und die Insekten dieser Gruppe weg.»
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