Verwucherte Nobelkarosse

Moos statt Glanz: Verwahrloster Bentley gibt Rätsel auf

So präsentiert sich der Luxuswagen zurzeit. (Bild: naf)

Einsam steht ein Bentley Continental auf einem Parkplatz in Sihlbrugg – verwittert, vermoost, dem Verfall preisgegeben. Was es mit dem Luxuswagen auf sich hat, kann niemand genau sagen.

Die Wassertropfen perlen langsam über die sportlich geschwungene Karosserie und fliessen ins Moos am unteren Rand des Frontspoilers. Der Rost frisst sich gemächlich durch die Bremsscheiben. Unter den Scheibenwischern verrotten Laubblätter.

Der Bentley, der in einem Sihlbrugger Büroquartier verloren auf einem Parkplatz steht, hat definitiv schon bessere Tage gesehen. Die letzte Politur des geflügelten «B» auf der Kühlerhaube liegt lange zurück. Ein Leserreporter hat den Luxuswagen entdeckt. Er sei dort schon längere Zeit, und öfter würden Personen stehen bleiben, um ihn verwundert zu betrachten, erzählt er.

Welche Geschichte hat diesen Bentley in die äussersten Ecken des Kantons Zug gebracht? Das Auto, augenscheinlich ein Bentley Continental, war zu seinen besten Zeiten wohl weit über 100’000 Franken wert. Gemäss der Website «Autoscout24» können selbst gebrauchte Bentleys sechsstellige Beträge wert sein.

Konfisziert? Polizei weiss von nichts

Beim Leser nachgefragt, ob er mehr zum Auto sagen könne, liefert er einen ersten möglichen Anhaltspunkt zum Weiterverfolgen. Er habe gehört, der Wagen sei von der Polizei konfisziert und bis auf Weiteres in Sihlbrugg abgestellt worden.

Fehlanzeige: Bei der Zuger Polizei heisst es auf Anfrage, dass sie nichts von einem solchen Wagen wisse. Sie fügt an, dass konfiszierte Autos von offizieller Seite auch als solche gekennzeichnet würden. Wäre der Bentley in der Obhut der Ordnungshüter, hätte er beispielsweise eine Autokralle am Reifen.

Dem Baarer Werkdienst ist das Auto ins Auge gestochen

Die nächste Anlaufstelle ist die Gemeinde. Vielleicht kann diese Licht ins Dunkel bringen – oder zumindest jemanden vermitteln, der mehr über die vormals feudale Nobelkarosse weiss.

Dort heisst es: «Dem Werkdienst ist der Wagen auch aufgefallen», sagt Silvan Meier, Kommunikationsfachmann der Gemeinde Baar.

«Es ist nicht verboten, ein Auto vor sich hin rosten zu lassen»

Handlungsbedarf habe die Gemeinde aber nicht, so Meier. Der Bentley stehe auf privatem Grund und Boden. Die Gemeinde würde nur aktiv, wenn beispielsweise Flüssigkeit aus der alten Karosse laufe, welche das Grundwasser gefährden könnte, erklärt er.

Meier konstatiert: «Es ist nicht verboten, ein Auto vor sich hin rosten zu lassen.» Weitere Informationen kann er nicht liefern. Auch das Betreibungsamt wisse nicht mehr, sagt er abschliessend. Somit ist zumindest klar, dass der Wagen nicht Teil eines Betreibungsverfahrens ist.

Weiss Autohändler mehr?

Vor Ort zeigt sich: Zuneigung geht dem Boliden ebenso abhanden wie ein Nummernschild – das hätte geholfen. Hinter dem Auto findet sich aber ein Schild, das den Parkplatz als Besitz einer hiesigen Firma ausweist.

Eine Websuche ergibt, dass diese aktiv mit Occasionsautos am Handeln ist. Telefonisch angefragt, will die Firma zum Bentley aber keine Aussage geben. Das Mysterium rund um den vermoosten Boliden bleibt ungelöst.

Verwendete Quellen
  • Augenschein vor Ort
  • Schriftlicher Austausch mit dem Leserreporter von zentralplus
  • Telefonat mit der Zuger Polizei
  • Schriftlicher Austausch mit Silvan Meier, Kommunikationsfachmann, Baar
  • Telefonat mit dem Kantonsgericht Zug
  • Telefonat mit Autocenter Sihlbrugg
  • Website «Autoscout24» Angebote von Bentleys Continental
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