Während der Friedensrichter schlichten wollte

Luzerner parkt seine Nachbarn zehn Tage zu – und landet dafür vor Gericht

Im Film «Grumpy Old Men» (1993) freunden sich die verfeindeten Nachbarn Walter Matthau und Jack Lemmon am Ende an. Ob dies in der Realtität auch gelingt? (Bild: Screenshot, Warner Bros.)

Ein Nachbarschaftsstreit in der Stadt Luzern hält die Justiz derzeit gehörig auf Trab. Es laufen mehrere Verfahren. Es geht um Grundstückgrenzen, ein Parkverbot und den Vorwurf der Nötigung.

 «Fluche deinem Nachbarn, und du gräbst zwei Gräber», besagt ein japanisches Sprichwort. Ein Grundsatz, den man sich auch in Luzern zu Herzen nehmen könnte. Seit Jahren bekriegen sich hier ein Ehepaar und sein Nachbar mit allen erdenklichen juristischen Mitteln.

Der Fall erinnert an den Kult-Film «Grumpy Old Men» – wörtlich übersetzt: «Grantige alte Männer» – mit Walter Matthau und Jack Lemmon. Zwei in die Jahre gekommene Männer können sich nicht ausstehen und machen sich auf jede erdenkliche Art und Weise das Leben schwer.

Im Film besteht der einzige Lebensinhalt der beiden mürrischen Alten darin, sich gegenseitig zu bekämpfen. Täglich spielen sich die beiden miese Streiche und tauschen Beleidigungen und Gemeinheiten aus.

Das Auto stand an einer symbolträchtigen Stelle

Ähnlich angespannt ist das nachbarschaftliche Verhältnis in einem – an sich ruhigen – Luzerner Quartier. Ein Ehepaar und sein Nachbar decken sich gegenseitig mit Strafanzeigen und Klagen ein. Ursprung des Streits war ein Streit über die Liegenschaftsgrenzen und die Nutzungsrechte eines Parkplatzes. Inzwischen geht das Ganze aber weit darüber hinaus.

Die beiden Grundstücke liegen nebeneinander. Erschlossen sind sie durch eine kleine Strasse. Diese gehört zwar dem Nachbarn, das Ehepaar hat aber das Recht, diese zu befahren.

Nachdem der Nachbar gegen die Ehefrau eine Anzeige wegen angeblicher Missachtung eines Parkverbots erstattet und die Streitigkeiten um den Grenzverlauf bereits ihren Anfang genommen hatten, wurden die Streithähne vor den Friedensrichter geladen. Dieser sollte schlichten und versuchen, die Sache aussergerichtlich zu regeln.

Mit wenig Erfolg. Als das Ehepaar vom Schlichtungstermin nach Hause kam, musste es feststellen, dass ein Auto exakt an der Stelle parkiert war, die der Anlass der Streitigkeiten ist: Das linke Hinterrad stand genau auf dem umstrittenen Teil des Parkplatzes. Ihr eigenes Auto konnten die beiden nicht mehr dort abstellen.

Den Guugger-Freund für den Streich missbraucht?

Das Kennzeichen des roten Smarts war abmontiert. Es liess sich also kein Besitzer ausmachen. Das Auto blieb zehn Tage lang dort stehen. Tagelang war das Paar gezwungen, sein Auto irgendwo anders unterzubringen. Ein paar Monate später veranstaltete der Nachbar das gleiche Spiel nochmals mit einem schwarzen Smart. Da lüpfte es dem Ehepaar den Hut.

Die beiden reichten Strafanzeige wegen Nötigung ein. Die Polizei fand heraus, dass die besagten Autos einem Guuggenmusig-Freund des Nachbars gehörten. Der Betreiber einer Autogarage stellte dort Wagen ab, wenn bei ihm der Platz ausging. Er tat dies auf ausdrückliche Einladung seines Bekannten hin, der ihn im Glauben liess, das komplette Gelände gehöre ihm.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Nachbarn daher vor, seinen Freund dazu missbraucht zu haben, seine Nachbarn zu ärgern. Weil er sie bewusst daran hinderte, ihren Parkplatz zu benutzen, habe er sich der mehrfachen Nötigung schuldig gemacht. Er soll deshalb eine Busse von 1’500 Franken bezahlen.

Eisernes Schweigen vor Gericht

Wird der Mann in den nächsten zwei Jahren rückfällig, soll er gar eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 180 Franken bezahlen – das wären dann 9’000 Franken. Das liess sich der Beschuldigte aber nicht gefallen. Er zog den Strafbefehl erst ans Bezirksgericht und dann ans Kantonsgericht weiter.

Während der Verhandlungen allerdings, schwieg er eisern. Er verweigerte die Aussage konsequent, weshalb dem Kantonsgericht nichts anderes übrigblieb, als den Guugger-Kollegen nochmals zu befragen.

Dabei stellte sich heraus, dass dieser die Autos jeweils vor der Garage seines Freundes stehen liess. Beim Gericht kam deshalb ein böser Verdacht auf: «Diese Aussagen lassen nicht darauf schliessen, dass er den roten und den schwarzen Smart selber in der auffälligen Position platziert hat», heisst es im Urteil.

Klar ist zudem, dass der Nachbar jederzeit Zugriff auf die Schlüssel der Autos hatte. «Zusammen mit dem Interesse des Beschuldigten an der Schikane sind dies deutliche Indizien dafür, dass er selber die Fahrzeuge an die strittige Stelle hinstellte», so der Schluss der Gerichts.

Der Fall kostet die Staatskasse mehr als 17’000 Franken

Das Problem: Diese Tatvariante steht so nicht in der Anklageschrift. Und das Gericht kann nur Beschuldigte für Vorwürfe verurteilen, die in dieser umschrieben sind. Deshalb weist es den Fall zur Ergänzung zurück an die Staatsanwaltschaft. Diese wird einen neuen Strafbefehl erlassen müssen – und das ganze «Rösslispiel» durch die Instanzen geht von vorne los.

Den Kanton kommt dieser Verfahrensausgang teuer zu stehen. Er muss nicht nur die Gerichts- und Verfahrenskosten von 3’500 Franken selber berappen, sondern dem Beschuldigten auch rund 10’000 Franken an die Anwaltskosten bezahlen. Auch das Ehepaar bekommt eine Entschädigung für den Aufwand seines Anwalts. Und zwar in der Höhe von 3’600 Franken.

Damit dürften beide Parteien wieder Mittel haben, um erneut in den Ring zu steigen. Es sei denn, man rauft sich doch noch zusammen. Wie im Film «Grumpy Old Men»: Dort wurden die beiden Kontrahenten zum Ende hin doch noch Freunde fürs Leben. Wer weiss.

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