Schnaps statt Souvenirs

Luzerner Distillerie quartiert sich im Wasserturm ein

Ein (noch) ungewohnter Anblick: Statt Souvenirs gibt es hier nun Obstbrände. (Bild: zvg)

Statt Souvenirs gibt's im kleinen Laden auf der Kapellbrücke derzeit Obstbrände aus einer Luzerner Manufaktur. Was als Zwischenlösung angedacht ist, könnte zur Rückkehr einer Traditionsmarke in die Stadt Luzern führen.

Sie ist das Wahrzeichen des Kantons: die Kapellbrücke mit dem Wasserturm. Was seit Jahrzehnten auf Millionen Fotos in die ganze Welt hinausgetragen wird, war historisch nicht immer mit der Postkartenidylle vereinbar (zentralplus berichtete). Die Brücke erfreut sich heute aber nach wie vor ungebrochener Beliebtheit. Wer hier also ein Geschäft betreibt, kann mit viel Laufkundschaft rechnen (vorausgesetzt, es herrscht nicht gerade eine Pandemie).

Die Distillerie Studer ist eine dieser glücklichen Firmen. Ihr Laden befindet sich aber nicht etwa an einem der beiden Reussufer, sondern auf der Brücke selbst. Direkt neben der meist abgeschlossenen Türe zum Wasserturm steht ein hölzernes Kabäuschen – Schaufenster inklusive. Aber Moment, da wäre doch eigentlich ein Souvenir-Geschäft, oder nicht?

«Vieles an dem Projekt war ziemlich spontan.»

Jonathan Schönberger, Junior-CEO

Korrekt. Und das wird es auch wieder geben, sobald sich die touristische Situation in Luzern wieder erholt. Bis dahin nutzt die Distillerie Studer vorläufig das Kabäuschen. Seit rund zwei Wochen findet sich in dessen Regalen statt Miniatur-Wassertürmchen, Postkarten und Schoggi Schweizer Handwerkskunst der etwas anderen Art: Alkohol.

Können auf einen Pop-up-Store anstossen. Distillerie Studer-Geschäftsführer Ivano Friedli (links) und Junior-CEO Jonathan Schönberger (rechts). (Bild: zvg)

Spontane Zwischenlösung

Die traditionsreiche Familienbrennerei Distillerie Studer mit Sitz in Escholzmatt bietet ihr Sortiment auf der Kapellbrücke in Form eines Pop-up-Stores an. Wie kam's? Mischa Palmers, der den Souvenirshop betreibt, und Jonathan Schönberger, seines Zeichens Junior-CEO der Distillerie Studer, kennen einander persönlich.

Weil beim Souvenirgeschäft die Rollläden aber seit rund einem Jahr unten waren, kam man gemeinsam auf die Idee, die Ladenfläche temporär neu zu nutzen. «Es ist nicht zufriedenstellend, ein Geschäft an so exponierter Lage nicht geöffnet zu haben», sagt Schönberger auf Anfrage. «Vieles an dem Projekt war ziemlich spontan.» Die Idee entstand vor rund acht Wochen und seit etwa zwei Wochen ist der Laden bereits in Betrieb.

Als Zielgruppe hat man vor allem Einheimische und Schweizer Touristen im Blick. Schönberger ist sich bewusst, dass der Plan auch scheitern könnte. «Sollte sich abzeichnen, dass die Idee nicht ankommt, können wir das Projekt auch kurzfristig wieder beenden», sagt der 31-Jährige. Bisher scheint das aber nicht der Fall zu sein. «Erste Feedbacks sind sehr positiv. Die Kunden finden die Idee super. Manche von ihnen kommen sogar aus der Westschweiz zu uns in den Store.»

Im Laden wird auf kleinem Raum eine Vielzahl verschiedener Spirituosen aus Eigenproduktion verkauft. (Bild: zvg)

Rückkehr in die Leuchtenstadt

Dass Schönberger hier einen temporären Laden betreibt, hat auch noch einen anderen Grund: «Wir suchen schon seit längerem nach einem Standort für einen Laden in der Stadt Luzern.» Denn die Destille, die 1883 gegründet und seither als Familienbetrieb geführt wird, hatte früher schon einmal eine Niederlassung in Luzern – und zwar 1899 in der Seehofpassage, wie eine alte Postkarte zeigt. In naher Zukunft soll das auch wieder so werden. Der Pop-up-Store dient dafür quasi als Testlauf. «Wir wünschen uns mehr Präsenz in der Stadt.»

Am Ende des 19. Jahrhunderts war Studer schon einmal in der Stadt vertreten. (Bild: Distillerie Studer & Co AG)

Derzeit ist der Laden auf der Kapellbrücke drei Tage in der Woche geöffnet. Sollten die Produkte, darunter Gins, Fruchtbrände und verschiedene Rum-Sorten, beim Publikum ankommen, will man die Öffnungszeiten erweitern. «Längerfristig ist ein ganzwöchiger Betrieb geplant, vor allem im Hinblick auf den Sommer.»

Wie lange die Distillerie Studer den Pop-up-Store im mit 150 Jahren Geschichte wohl ältesten Souvenirshop der Stadt konkret betreibt, kann Schönberger noch nicht sagen. «Wir bleiben so lange, wie es möglich ist.» Denn sobald sich die Rückkehr des Tourismus in die Leuchtenstadt abzeichnet, soll das Alkohol-Sortiment wieder gegen Trauffer-Kühe und Sackmesser getauscht werden. Zumindest der grösste Teil davon. Denn die Studer-Bestseller des Pop-up-Stores sollen ihren Weg ins Sortiment des Souvenirshops finden.

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