Luzern: Selbst RTL interessiert sich für die Posse

«Kränzlin»-Knatsch: Cordon-Bleu-Maschine soll für Ruhe sorgen

Die Gäste im Restaurant Kränzlin werden von Wirt Müslüm Karkaoc bedient.

(Bild: giw)

Der Cordon-Bleu-Zoff an der Bruchstrasse hat über die Schweiz hinaus für Aufsehen gesorgt – sogar der deutsche Privatsender «RTL» hat beim Pächter angerufen. Jetzt decken Anwohner den Wirt mit neuen Vorwürfen ein. Aber es gibt Hoffnung auf ein Happy-End.

Zuerst der Beitrag auf zentralplus, dann folgte «20 Minuten» und nun erkundigt sich sogar «RTL» beim «Kränzlin»-Wirt: Der Nachbarschaftsstreit um das Restaurant Kränzlin an der Bruchstrasse liess die Wogen hoch gehen (zentralplus berichtete), speziell auch in den Kommentarspalten und auf Facebook.

Im Bruchquartier wehren sich Anwohner gegen den angeblich viel zu lauten Lärm aus der Küche des Restaurants Kränzlin: Der Hauptgrund liegt im Cordon-Bleu-Fleisch, das dort täglich geklopft wird. Vier Mieter an der Dufourstrasse haben der Liegenschaftsverwaltung bereits einen Brief geschrieben und drohen gar mit der Polizei. Der Wirt eilt nun mit einer Lösung herbei: Ab Donnerstag soll eine Cordon-Bleu-Presse im Restaurant Kränzlin für Ruhe sorgen.

Die zahlreichen Reaktionen auf verschiedenen Plattformen sind emotional und teilweise verletzend. Viele Kommentatoren unterstützen den Wirt. Beispielsweise meint ein Leser auf zentralplus zu den reklamierenden Mietern: «Echt jetzt, zieht doch aufs Land.» Andere empfinden das Vorgehen der Anwohner übertrieben und kritisieren die Initiantin des Briefes, Franziska*: «Wow, das ist Franziskas grösstes Problem. Gratuliere. Mein Gott, die Welt geht echt zu Grunde.»

«Zwischen mir und dem Restaurant liegen neun Wände und trotzdem höre ich das Klopfen der Cordon-Bleus.»

Anwohner, lebt seit vielen Jahren an der Bruchstrasse

Lieferwagen verstopfen Zugang zum Innenhof

Ganz anders sehen das die betroffenen Mieter rund ums Restaurant. Sie stützen die Darstellungen von Franziska*. Ein Anwohner, der seit vielen Jahren an der Bruchstrasse lebt, pflichtet gegenüber zentralplus bei: «Zwischen mir und dem Restaurant liegen neun Wände und trotzdem höre ich das Klopfen der Cordon-Bleus. Und es ist sehr störend, auch weil es teilweise bis deutlich nach 23 Uhr andauert.» zentralplus-Leser Aleksander Frei wohnt eine Hausnummer weiter. Auch er nervt sich: «Ich höre das Klopfen ständig und ebenfalls bis nach 22 Uhr.»

Und wenn schon streiten, dann richtig: Sowohl Frei als auch der langjährige Anwohner ärgern sich auch über die vielen Lieferwagen des Restaurants im Innenhof: Diese verstopften oft die Einfahrt zum Innenhof – weil der Wirt gar keine eigenen Parkplätze habe. Das führe zu einem Chaos, meint der Anwohner von der Bruchstrasse. «Die anderen Mieter bezahlen alle viel Geld für die Parkplatzmiete im Innenhof, aber das Restaurant Kränzlin selbst hat keine eigenen, das ist nicht fair», sagt er weiter.

«Der Wirt ist etwas stur.»

Anwohner des «Kränzlin»

Die Klopferei ist nicht das einzige Problem: Die Lieferwagen des Restaurants Kränzlin haben keine eigenen Parkplätze und verstellen den Innenhof in der Wohnsiedlung.

Die Klopferei ist nicht das einzige Problem: Die Lieferwagen des Restaurants Kränzlin haben keine eigenen Parkplätze und verstellen den Innenhof in der Wohnsiedlung.

(Bild: Leserbild)

Man habe dem Wirt auch schon vorgeschlagen, er könne ja seine Cordon-Bleus beim Kebab-Imbiss Favori wenige Schritte entfernt beim Pilatusplatz klopfen und von dort an die Kunden ausliefern. Das Favori führt Karakoc zusammen mit seinem Bruder. «Er wollte aber nicht auf den Kompromiss eingehen», erklärt der langjährige Anwohner. Weshalb, wisse er nicht: «Der Wirt ist etwas stur.» Grundsätzlich wünsche er sich keinen Streit, sondern dass wieder Friede und die gewohnte Ordnung einkehren.

«Mich treffen die Kommentare, die gegen mich geschrieben werden.»

Franziska, Anwohnerin an der Dufourstrasse

«So schlimm war es noch nie»

Franziska* hat die Dynamik der Geschichte überrascht: «Ich habe nicht mit den vielen Reaktionen gerechnet. Das ist alles etwas ausser Kontrolle geraten.» Sie ist gar nicht glücklich über die vielen angriffigen Kommentare gegen ihre Person: «Mich treffen die Kommentare, die gegen mich geschrieben werden», sagt Franziska. Sie fühlt sich falsch verstanden: «Die Leute schreiben über Dinge, von denen sie keine Ahnung haben.»

Sie sei sich den Lärm bereits seit 16 Jahren gewöhnt, an die Partys in der Nachbarschaft, die zahlreichen Fahrzeuge, die tagein tagaus an ihrem Fenster gegen die Strasse hin vorbeifahren. Die Kommentierer wüssten nicht, wie laut und unangenehm es tatsächlich ist: «Hier handelt sich um ein systematisches Gehämmer und nicht den üblichen Stadtlärm oder laute Gäste. Es fühlt sich an wie an einer Baustelle. Die Vibrationen und das Geklopfe werden durch die Bausubstanz übertragen und dringen so in die Wohnstuben ein. Wer etwas von Physik versteht, weiss, was ich meine.» Am Sonntag sei es oft besonders schlimm. Ausserdem gehe das Cordon-Bleu-Klopfen nicht wie vom Wirt geschildert bis zehn Uhr, sondern oft bis Viertel nach elf.

«Die Maschine presst das Fleisch und verursacht dadurch kein Klopfgeräusch.»

Müslüm Karakoc, Inhaber Restaurant Kränzlin

Wirt testet Cordon-Bleu-Maschine

Inzwischen hat Kränzlin-Wirt Müslüm Karakoc auf den öffentlichen Rummel ums Cordon-Bleu reagiert. Er testet ab Donnerstag für einen Monat eine Cordon-Bleu-Maschine: «Sie presst das Fleisch und verursacht dadurch kein Klopfgeräusch.»

Er wehrt sich auch gegen die Parkplatz-Vorwürfe: «Unsere Lieferwagen parken nicht im Innenhof, die holen die Esswaren nur kurz im Restaurant ab und liefern diese dann gleich an unsere Kunden aus.» Ausserdem habe er bereits reagiert: «Ich habe auf Anfang Februar einen Parkplatz gemietet.» Karakoc meint, es sei nicht einfach, in der Nähe einen Parkplatz zu finden, da die Nachfrage sehr hoch sei. Ausserdem würden auch viele andere Mieter respektive die dortigen Besucher ebenfalls ihr Fahrzeug dort abstellen, obwohl sie keinen Parkplatz hätten.

Karakoc fasst zusammen: «Ich versuche die Probleme zu lösen und bleibe ruhig. Sollten die Anwohner jedoch weiter mit mir streiten wollen, dann gehe ich halt vor Gericht.»

Hasan Candan (links) und Vater Enver sind ab und zu im Restaurant Kränzlin. Hasan verspeist gerade ein Cordon-Bleu.

SP-Kantonsrat Hasan Candan (links) und Vater Envar sind ab und zu im Restaurant Kränzlin, wir treffen sie zufällig an. Hasan verspeist gerade ein Cordon-Bleu.

(Bild: giw)

Karakoc hat vom Medienrummel profitiert

Derweil hat sich sogar der deutsche Privatsender RTL bei Pächter Müslüm Karakoc gemeldet: «RTL hat wegen der Cordon-Bleus nachgefragt und will vielleicht ein Interview mit mir machen.» Das Restaurant Kränzlin habe profitiert vom Medienrummel: «Es sind extra zwei Personen aus Basel und zwei aus Zofingen gekommen, um meine Cordon-Bleus zu probieren», erzählt er. Er habe auch einige E-Mails aus der ganzen Schweiz bekommen.

Bei unserer Visite speisen unter anderem SP-Kantonsrat Hasan Candan und sein Vater, SP-Grossstadtrat Enver Candan, im Kränzlin zu Mittag. «Wir gehen ab und zu ins Kränzlin essen. Ich habe vorher noch nie ein Cordon-Bleu gegessen hier, wegen der Geschichte habe ich nun eins probiert», sagt Candan, dem das Essen schmeckt. Sein Vater und der Pächter Karakoc kommen aus dem gleichen Dorf in der Türkei.

Wirt Müslüm Karakoc bedient seine Gäste im Restaurant Kränzlin.

Wirt Müslüm Karakoc bedient seine Gäste im Restaurant Kränzlin.

(Bild: giw)

Franziska* ist dem Inhaber des Restaurants grundsätzlich wohlgesinnt, sie findet es gut, dass an der Bruchstrasse ein junger Wirt sein Glück versucht. Das sehen auch andere Anwohner so. «Wir Nachbarn waren die Ersten, die bei ihm essen gingen. Wir haben nichts Persönliches gegen Herrn Karakoc und wünschen ihm viel Erfolg mit seinem Restaurant.»

*Der Name wurde geändert, ist der Redaktion aber bekannt.

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