Leerwohnungsziffer fällt unter 1 Prozent

Wohnungsnot in Luzern: Mieterverband spricht von «Schock»

Es gibt immer weniger leer stehende Wohnungen im Kanton Luzern. Eine Ursache ist die stagnierende Bautätigkeit. (Bild: Stadt Kriens)

Erstmals seit 2015 fällt die Leerwohnungsziffer im Kanton Luzern unter ein Prozent. Besonders rar sind Wohnungen im Raum Sursee und Sempachersee, in der Agglomeration sowie in der Stadt Luzern.

Liegt die Leerwohnungsziffer unter einem Prozent, spricht man offiziell von Wohnungsnot. Das ist im Kanton Luzern seit Kurzem der Fall. 1'885 leere Wohnungen zählte Lustat am 1. Juni 2022. Das entspricht einer Leerwohnungsziffer von 0,91 Prozent.

2021 lag die Leerwohnungsziffer noch bei 1,23 Prozent (zentralplus berichtete). Die Zahl der leer stehenden Wohnungen im Kanton Luzern hat somit innerhalb eines Jahres um über 25 Prozent abgenommen. 90 Prozent der zurzeit leer stehenden Immobilien sind Miet-, 10 Prozent Kaufobjekte.

Besonders ausgetrocknet ist der Markt bei den Wohnungen mit sechs und mehr Zimmern (Leerwohnungsziffer 0,29 Prozent). Die Zahl der leer stehenden Wohnungen hat im Vergleich zu 2021 aber in allen Segmenten abgenommen, am stärksten bei den 3- und 4-Zimmer-Wohnungen (-0,46 respektive -0,39 Prozent).

Wohnungsmarkt in urbanen Zentren ist ausgetrocknet

Ein Blick in die Regionen des Kantons Luzern zeigt, dass die Leerwohnungsziffern zum Teil deutlich vom kantonalen Mittelwert von 0,91 Prozent abweichen. Am wenigsten leere Wohnungen gibt es in der Region Sursee und Sempachersee sowie im Agglomerationsgürtel um Luzern. Dort waren am Stichtag 0,36 beziehungsweise 0,61 Prozent aller Wohnungen als leer stehend gemeldet.

Am höchsten war die Leerwohnungsziffer wie schon in den letzten sechs Jahren in der Region Unteres Wiggertal (1,80 Prozent). In der Stadt Luzern lag der Leerwohnungsanteil leicht unterhalb des kantonalen Mittels: 2022 waren 417 Wohnungen oder 0,88 Prozent des städtischen Wohnungsbestands unbesetzt.

Schweizweit am wenigsten freie Wohnungen gibt’s in Zug

Die Entwicklung im Kanton Luzern deckt sich mit jener auf nationaler Ebene. Schweizweit ging die Leerwohnungsziffer innert Jahresfrist um 0,23 Prozent zurück. Sie betrug am 1. Juni 2022 1,31 Prozent (2021: 1,54 Prozent).

Ein solch deutlicher Rückgang der Leerstandsquote sei letztmalig vor 20 Jahren zu beobachten gewesen, schrieb das Bundesamt für Statistik am Montag. Die grössten Rückgänge sind in den Regionen Tessin, Ostschweiz und Zentralschweiz zu beobachten.

Im Kantonsvergleich lag die tiefste Leerwohnungsziffer mit 0,33 Prozent erneut im Kanton Zug. Auch in den Kantonen Genf (0,38 Prozent) und Obwalden (0,48 Prozent) lagen die Quoten am 1. Juni 2022 unter einem halben Prozent.

Bauboom ging zurück und die Zuwanderung nahm zu

Wieso stehen in der ganzen Schweiz weniger Wohnungen leer als noch vor einem Jahr? Die Credit Suisse macht in einer neuen Studie die abnehmende Bautätigkeit dafür verantwortlich. Diese habe 2019 ihren Höhepunkt überschritten und nehme seither weiter ab.

«Zudem nutzen viele Vermieter die Situation aus und verlangen überhöhte Mieten, die Wohnungssuchende mangels Alternative bezahlen müssen.»

Daniel Gähwiler, Co-Geschäftsleiter des Mieterinnen- und Mieterverbands Luzern

Auch ins Gewicht fallen gemäss der Studie die Corona-Pandemie und die Lieferketten, die nicht mehr richtig funktionierten. All das habe dazu geführt, dass in den letzten zwei Jahren 4'800 Wohnungen weniger bewilligt worden seien als in den zwei Jahren davor, heisst es weiter.

Mieterverband spricht von «gescheiterter Wohnraumpolitik»

Der Mieterinnen- und Mieterverband Luzern (MV) findet für die prekäre Situation auf dem Wohnungsmarkt klare Worte: Er spricht von «Leerwohnungsschock» und einer gescheiterten Wohnraumpolitik.

Die Auswirkungen der Wohnungsnot würden sich in der Beratung des MV deutlich zeigen, schreibt der Verband in einer Mitteilung. Bei jeder Sanierung oder jedem Weiterverkauf einer Immobilie würden die Mieterinnen in Panik geraten.

«Ältere Menschen bleiben dann in ihren zu grossen Wohnungen, weil sie keine kleineren finden und Familien bleiben in zu kleinen Wohnungen, weil sie keine Familienwohnung finden. Zudem nutzen viele Vermieter die Situation aus und verlangen überhöhte Mieten, die Wohnungssuchende mangels Alternative bezahlen müssen», lässt sich Daniel Gähwiler, Co-Geschäftsleiter des MV, zitieren.

Besorgt ist auch der Hauseigentümerverband (HEV) Luzern. Die Leerwohnungsziffer bezeichnet er in einer Mitteilung als «gefährlich tief». «Eine tiefe Leerwohnungsquote liegt weder im Interesse der Mietenden noch der Vermietenden», lässt sich Präsident Armin Hartmann zitieren.

Die Leerwohnungsziffer lasse sich allerdings nicht über Nacht beeinflussen. Nötig sei vielmehr, dass sich alle am Immobilienmarkt beteiligten Kräfte, auch die Mieterseite, für gute Rahmenbedingungen einsetzten, heisst es weiter.

Klick auf deine Gemeinde und finde heraus, wie viele leere Wohnungen es bei dir gibt.

Verwendete Quellen
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


7 Kommentare
  • Profilfoto von Albus
    Albus, 12.09.2022, 19:51 Uhr

    Zuerst verhindern wir das bauen, dann beschweren wir uns um die dadurch verursachte Wohnungsnot.

    Tradition a la Suisse.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von Scholl Richard
    Scholl Richard, 12.09.2022, 15:04 Uhr

    Verwundert das jemanden? Keiner der über 100 000 Leute die seit Anfang Jahr einwanderten brachte eine Wohnung mit, dagegen brachten sie rund 40 000 Automobile mit, die dann vor dem Gotthard für grosses Erstaunen sorgen.

    👍2Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎1Daumen runter
    • Profilfoto von Albus
      Albus, 12.09.2022, 18:06 Uhr

      Da ihre Zahl erlogen ist, stimmen auch die Folgen nicht.

      In Zukunft bitte zuerst bei der BFS anfragen, die können die wahren Zahlen liefern.

      👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎2Daumen runter
      • Profilfoto von Thomas Aeberhard
        Thomas Aeberhard, 12.09.2022, 19:28 Uhr

        Die Zahl ist vermutlich nicht erlogen, Sie haben wohl die Ukraine-Flüchtlinge vergessen. Ich zitiere aus der NZZ: «Seit 2000 ist die Bevölkerung in der Schweiz um über 21 Prozent gewachsen: von 7,17 Millionen Menschen auf 8,67 Millionen im Jahr 2020. Im Jahr darauf zogen 60 000 Personen zu, Ende dieses Jahres werden es mindestens so viele sein. Zählt man die Ukraine-Flüchtlinge und die Asylsuchenden mit, könnte die Schweiz von Januar bis Dezember um 200 000 Personen wachsen. Von 8 736 500 auf fast 9 Millionen.»

        👍2Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
        • Profilfoto von Seppp
          Seppp, 13.09.2022, 07:14 Uhr

          Nein, die Schweiz könnte nie dieses Jahr um 200000 Personen wachsen, da nur noch wenige aus der Ukraine hierherflüchten. Das war ein kurzzeitiges Phänomen.

          Übrigens, es wurden hier mehr Kinder geboren als Leute eingewandert sind.

          👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
          • Profilfoto von M. Brunner
            M. Brunner, 15.09.2022, 01:49 Uhr

            Es gab 2021 89’000 geburten und 165’000 einwanderer. Also wesentlich mehr… helfe gerne 😉

            👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
            • Profilfoto von Primarschüler
              Primarschüler, 15.09.2022, 09:01 Uhr

              Du hast also auch die Auswanderung nicht einberechnet.

              Einfacher Fehler, passiert vielen die der Statistik nicht fähig sind.

              👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon