Ist das die Roboter-Apokalypse? «Robo-Pizzaiolo» in Luzern aufgetaucht
:focal(50x50:51x51)/www.zentralplus.ch/wp-content/uploads/2021/05/20210516_125348-scaled.jpg)
In der Industriestrasse in Luzern gibt's Pizza zu kaufen. 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Möglich macht's ein mysteriöser Automat, der dort nun Pizzen im Schnellverfahren backt. Doch was hat dieser Kasten auf dem Kasten? Und wenn schon (hoffentlich) niemand drin steckt: Wer steckt dahinter?
Eine gewisse Skepsis gegenüber einem vollautomatisierten Pizza-Automaten ist uns Menschen evolutionsbedingt wahrscheinlich angeboren. Aber man soll bekanntlich nicht in alten Mustern verharren. Also gehen wir dem Gerücht nach, dass in der Industriestrasse ein Pizza-Automat steht, der für einen gewissen Obolus innert drei Minuten eine ofenfrische Pizza auswerfen soll. Ein Pulitzerpreis winkt wahrscheinlich nicht, dafür möglicherweise eine tatsächlich geniessbare Pizza. Silberstreifen am Horizont und so.
Die Industriestrasse empfängt Passanten, ihrem Namen entsprechend, mit einer gewissen Trostlosigkeit. Es ist definitiv nicht die Piazza Grande, auf der man am «Spritz» nippt und über die nächste Biennale tratscht, während der Pizzaiolo das salzig belegte Fladenbrot in den Steinofen schiebt. Aber dafür sind wir auch nicht hier. Wir wollen eine Pizza aus einem Kasten.
Optionen: kalt oder warm
Zunächst läuft man Gefahr, den Pizza-Automaten zu übersehen, bevor man plötzlich direkt davorsteht. Im Eingang zu einer Hangar-ähnlichen Baracke flimmert ein Display. Darüber, in Mozzarella-weissen Lettern, ist das anmassende Versprechen des Automaten zu lesen: «Frische Pizzen». Er existiert also tatsächlich.
Die nächste logische Stufe dieser etwas befremdlichen Begegnung ist die Interaktion. Per Touchdisplay wird die Menükarte aufgerufen. Was kostet der Spass? Die Preise sind moderat und reichen von 10 Franken für eine kalte (ja, diese Option gibt es auch) Margherita bis 14,90 Franken für eine heisse belegte Pizza.
Innert 3 Minuten soll die Pizza «geliefert» werden. Wir entscheiden uns für eine Pizza Diavolo – wir fühlen uns zwar selbstsicher, aber nicht gleich Special-Offer-Pizza-Tonno-draufgängerisch. Das Geld ist überwiesen. Der Countdown läuft. Innert Kürze riecht es zumindest schon einmal wie neben einem echten Pizzaofen.
Pizza besteht den Augentest
Mit einem leichten Scheppern hebt sich der metallene Ausgabeschlitz und ein schwarzweisser Pizzakarton bittet darum, entnommen zu werden. Da ist sie nun also. Mit dem zugegebenermassen vorverurteilenden Blick eines langjährigen Konsumenten von Tiefgefrierpizzas – man hat diesbezüglich schon alles gesehen – wird die Klappe der Kartonage aufgeknobelt.
Erste Eindrücke sind bekanntlich entscheidend. Das Produkt dieses «Robo-Pizzaiolos» macht keine halb so schlechte Falle, wie insgeheim angenommen. Ja ja, doch doch. Da ist zumindest schon mal alles Bestellte drauf. Und die Verteilung der Ingredienzen ist durchaus gleichmässig.
Was die Grösse der Pizza betrifft, reden wir hier vom klassischen 12-Zoller. Und was ist da mittig obendrauf? Etwas Oregano? Ma dai! Grazie. Die Aluscheibe, auf der die Pizza im Karton zu liegen kommt, erinnert zwar an eine alte Filmrollendose, hat aber den Zweck, die Pizza stabil im Karton zu platzieren und sie wohl von unten her warm zu halten.
Das letzte Wort hat dann selbstredend der Gaumen. Nun, hier ist die Tageszeit des Konsums ein wohl nicht zu unterschätzender Faktor. Zu «Bürostunden» muss die Redaktion des Gault-Millau sicherlich nicht behelligt werden.
Um vier Uhr morgens, wenn die nahegelegene Bar59 schliesst, könnte die Beurteilung jedoch drastisch anders ausfallen. Je nach internem Haushalt an «Zielwasser» und/oder dem Einfluss der «Jazz-Brennnessel» könnte dieser Pizza-Automat wie der schwarze Monolith aus Stanley Kubricks Film «2001: Odyssee im Weltraum» wirken. Unfassbar und perfekt. Kommt bisschen drauf an.
Neuster Streich des Gastro-Querdenkers?
Bleibt die Frage, wer es denn wagt, die hohe Kunst des Pizzabäckers – immerhin hat die Unesco die Pizza auf die repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit gesetzt – zu automatisieren. Die Frage kann noch nicht abschliessend beantwortet werden. Die auf dem Automaten angegebene Webadresse führt jedenfalls direkt in einen «404-Not-Found-Error».
Es gibt aber klare Indizien dafür, dass der umtriebige Gastro-Querdenker Heinrich Michel seine Finger im Spiel hat. Michel ist der Geschäftsführer der Sinnvoll Gastro, die in unmittelbarer Nähe zum Pizza-Automaten das «Grottino 1313» führt. Kommt hinzu, dass Michel den ein oderen anderen Hinweis auf Facebook gepostet hat:
zentralplus konnte Michel noch nicht für ein Statement erreichen. Aber braucht es für einen Pizza-Automaten wirklich eines? Der Kasten ist da. Es gibt Pizza. Sie ist essbar.
Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.