«Fait Maison»-Label expandiert in Zentralschweiz

Hausgemacht statt aus Dose: Luzerner Beizen satteln um

Das «café sowieso»-Team in Luzern hat sich für das «Fait Maison»-Label beworben. (Bild: zvg)

Fertigprodukte erleichtern den Alltag in der Küche. Auch für Restaurants. Immer mehr Beizen setzen aber auf haus- und handgemachte Küche. Ein Label soll nun Klarheit schaffen. Erste Betriebe in Luzern wurden bereits auszeichnet.

Hausgemachtes Essen schmeckt doch immer am besten. Zumindest, wenn man ein bisschen Ahnung vom Kochen hat und die Geschmacksknospen noch nicht völlig abgestorben sind. Aber hausgemachte Küche ist auch aufwendiger. Nach einem langen Arbeitstag stehen wohl die wenigsten von uns gerne zwei Stunden für ein Abendessen hinter den Herd. Da sind Fertig-Saucen, Tiefkühl-Pizzen und Ravioli aus der Dose die bequemere Alternative.

Aber wie definiert man «hausgemacht»? Wenn ich mir daheim eine Ladung Spaghetti in die Pfanne haue, eine Sauce aus dem Beutel zusammenbraue und dann noch etwas Retorten-Käse drüberstreue, ist das ja eigentlich hausgemacht, oder? Theoretisch: Ja. Praktisch: Nein. Für das Label «Fait Maison» würde es auf jeden Fall nicht reichen.

Hausgemacht statt aus der Tüte

Und genau jenes Label wollen sich zunehmend mehr Gastronomen auf die Speisekarte setzen – auch in der Zentralschweiz. Bisher war das Label, das vor vier Jahren in der Westschweiz von GastroSuisse, der Fondation pour la Promotion du Goût, Slow Food CH und dem Westschweizer Verein für Konsumentenschutz FRC geschaffen wurde, nur für dortige Lokale zugänglich.

Im August hat der zuständige Verein «Promotion du Fait Maison» ein Pilotprojekt in der Innerschweiz gestartet, um auch hiesige Betriebe für das Label zu gewinnen. «Mit der Innerschweiz haben wir uns ein eher schwieriges Gebiet ausgesucht», sagt Initiator Patrick Grinschgl, Präsident von GastroRegion Luzern. Denn viele Lokale seien hier noch sehr traditionell eingestellt.

Wofür steht das Label «Fait Maison» – zu Deutsch «hausgemacht» – denn genau? Ein Blick auf die Website des Labels zeigt: «Ein Gericht gilt als ‹hausgemacht›, wenn es vollständig vor Ort aus Rohprodukten oder traditionell in der Küche verwendeten Produkten zubereitet ist.» Als Rohzutaten gelten alle Lebensmittel, die nicht bereits erhitzt, mariniert oder anderweitig bearbeitet wurden. Erlaubt ist aber unter anderem das Räuchern, Pökeln oder Tiefkühlen von Lebensmitteln.

Kochen nach Pflichtenheft

Ein Pflichtenheft des Vereins definiert, was erlaubt ist und was nicht, wenn man das Label erlangen möchte. Ungefüllte Pasta wie Spaghetti oder Penne sind beispielsweise kein Problem. Verwendet ein Gastronom aber Tortellini von einer externen Manufaktur, muss diese belegen können, selbst die «Fait Maison»-Kriterien zu befolgen.

«Da bei uns fast alles bereits hausgemacht ist, interessierten wir uns dafür.»

Marlen Wagner, Geschäftsführerin «café sowieso»

Ansonsten müssen die Tortellini quasi als Fremdzutat in der Speisekarte mit einem Stern vermerkt werden, der besagt, dass das Produkt nicht den Richtlinien des Labels entspricht. Weitere beliebte «Klassiker», auf welche die Betriebe speziell hinweisen müssten, sind vorgefertigte Pommes frites oder Glacé aus dem Becher. Komplett tabu sind jedoch Fertigsaucen. «Saucen sind die Handschrift des Küchenchefs und müssen frisch zubereitet werden», so Grinschgl.

In der Luzerner Gastroszene gibt es aktuell neun Betriebe, die sich mit dem Label schmücken können (siehe Karte). Das «café sowieso» am Wesemlinrain ist derzeit im Beitrittsprozess. Dies, nachdem die Geschäftsführerin Marlen Wagner an einer Generalversammlung von Gastro Luzern auf das Label aufmerksam gemacht wurde. «Da bei uns fast alles bereits hausgemacht ist, interessierten wir uns dafür», erklärt Marlen Wagner. Im Januar wird voraussichtlich entschieden, ob sich das Restaurant, das sich als Non-Profit-Organisation auch für integrative Arbeit einsetzt, das «Fait Maison»-Label erhält.

Das «café sowieso» ist stolz auf seine selbstgemachten Brote. (Bild: zvg / café sowieso)

Ein weiteres Lokal, das darauf hinarbeitet, ist der traditionelle «Adler» in Emmenbrücke, der jüngst seine Tore unter neuer Führung öffnete (zentralplus berichtete).

Die meisten Betriebe sind «fit» genug

Einer der bereits ausgezeichneten Betriebe ist das «Petrus» an der Claridenstrasse in Luzern. Hier werden unter anderem Ofen-Pizzen sowie Ravioli von der Obwaldner Manufaktur Pastarazzi angeboten. «Wir setzen seit der Eröffnung im September 2019 auf hausgemachte, regionale und vor allem frische Produkte», erklärt die Betriebsleiterin Petra Stöckli auf Anfrage.

Darum habe sich der Betrieb ohne Umstellung direkt für das Label bewerben können. Und trägt dieses seit März 2021. Die Kennzeichnung hat für Stöckli zwei grosse Benefits. Zum einen sei für die Gäste sofort klar, was frisch und hausgemacht sei und wo Convenience-Produkte zum Einsatz kommen. Andererseits «ist es auch schön, die Schweizer Gastronomie damit aufzuwerten.»

Das «Petrus» setzt auf hand- und hausgemachte Pizzen aus dem Steinofen. (Bild: zvg / Petrus)

Gemäss Grinschgl sind die meisten Betriebe, die sich für das Label bewerben, bereits «fit» genug dafür. In den wenigsten Fällen würden Gastronomen ihren ganzen Betrieb umstellen, nur um das «Fait Maison» zu erlangen. «Darum richtet sich das Label auch an junge oder neue Gastro-Betriebe.» Wenn ein Restaurant seit zwanzig Jahren mit Convenience-Zutaten die Tische füllen kann, würde ein Wechsel nur des Labels wegen kaum Sinn machen, so Grinschgl.

Ein Blick in die Küche

Wer das Label möchte, muss sich einer Qualitätsprüfung unterziehen. Diese dauert in der Regel nur wenige Tage und schliesst eine Kontrolle vor Ort mit ein. Ein Testessen gibt es jedoch nicht. «Uns geht es darum zu kontrollieren, ob das Prinzip verstanden wurde und nicht, wie gut das Essen schmeckt», sagt Patrick Grinschgl.

Darum würden vor allem die Speisekarte, die Küche und die Lagerräumlichkeiten unter die Lupe genommen. Für die Träger des Labels wird eine Gebühr von 300 Franken pro Jahr fällig. Damit werden die jährlichen Kontrollen finanziert, die gewährleisten, dass die Vorschriften weiterhin eingehalten werden.

Label soll zum Umdenken animieren

Nach dem Pilotversuch in der Innerschweiz will der Verein im kommenden Jahr das Label auch in anderen Regionen der Schweiz lancieren, beispielsweise Zürich, Basel oder Bern. Schweizweit wurde das Label seit der Gründung 2017 an rund 400 Betriebe vergeben.

Ausgezeichnete Betriebe leisten mit dem Label einen Beitrag für die Transparenz, profitieren aber auch von Reichweite und Sichtbarkeit durch den Verein. So achten Gäste aus dem Welschland laut Grinschgl mittlerweile auf die Kennzeichnung und richten sogar ihre Restaurant-Buchungen danach.

Letztlich bleibt das Essen auf dem Teller aber immer Geschmacksache. Die einen stören sich an Fertigprodukten, andere sagen sich: «Solang's schmeckt…». Fertigprodukte sind per se ja nicht schlecht. Statt alles selber zu machen, hiess es auch bei der Oma des Autors hin und wieder: «das vode Migros isch au guet».

Die Karte zeigt dir, welche Restaurants im Kanton «Fait Maison» servieren, oder noch im Bewerbungsprozess dazu sind.

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