Mit Drohne und Wärmebildkamera

Entlebucher suchen Geld für Rehkitzrettung

Heinrich Felder und sein Kollege Stefan Süess bei der Arbeit.

Beim Ablaufen von Feldern werden vor dem Mähen oft Rehkitze übersehen. Drohnen mit Wärmebildkamera entgeht aber kaum etwas. Deshalb soll die Suche mit Drohnen nun ausgebaut werden, langfristig im ganzen Kanton.

Wenn ab Mai die Bauern im Entlebuch nach einer guten Gelegenheit suchen, um ihre Felder zu mähen, wird es für viele Rehkitze gefährlich. Denn ihre Mütter verstecken sie mit Vorliebe mitten in den Feldern, wo die Kleinen regungslos ausharren. In vollem Verlass darauf, dass die Mutter weiss, was zu tun ist.

Kommt dann der laute Mähdrescher angebraust, ist es meist zu spät für eine Rettungsaktion durch die verängstigte Mutter. Deshalb ziehen Jahr für Jahr Jäger und Freiwillige los, um vor dem Mähen die Felder nach Rehkitzen abzusuchen (zentralplus berichtete).

Das Ablaufen der Felder ist mühsam, langwierig und nur begrenzt zuverlässig, weil sie so gut versteckt sind.

Dank Drohnen geht das mittlerweile einfacher und zuverlässiger. «Vorher mussten wir Felder mit zwei oder drei Leuten abgehen», sagt Heinrich Felder. Er ist seit Jahren freiwilliger Helfer bei der Suche nach Rehkitzen. Er kennt alle Tricks und Methoden. Doch keine sei so effektiv wie die Suche per Drohne.

Im Morgengrauen heben die Drohnen ab

In der Mähsaison steht er früh morgens auf und macht sich auf Feldern auf die Suche nach Rehkitzen. Früher zu Fuss, heute mit der Drohne. Das Ablaufen sei mühselig: «Man muss Leute finden, die sich kurzfristig mobilisieren lassen», so Felder. Und dann beim Ablaufen eines Felds ganz genau hinschauen. «Das ist nicht sehr zuverlässig, ein gut verstecktes Rehkitz ist schnell übersehen.»

Mit Drohnen geht das besser: Es braucht für diese Aufgabe nur noch ein bis zwei Personen. Und das Abfliegen eines Feldes ist nicht nur schneller, sondern auch zuverlässiger.

Geschehen muss das noch in der Dämmerung. Bevor die Sonne ihre ersten wärmenden Sonnenstrahlen auf das Feld wirft. Dann herrschen ideale Bedingungen, um mit einer Wärmebildkamera die kleinen zusammengekauerten Rehkitze zu entdecken.

Früh am Morgen leuchten Rehkitze grell auf im Bild einer Wärmebildkamera. Bild: rehkitzrettung.ch/zvg

Heinrich Felder ist Mitglied im gemeinnützigen Verein Rehkitzrettung Schweiz. Der Verein bietet Landwirten unentgeltliche Hilfe bei der Suche nach Rehkitzen. Die Suche nach Rehkitzen ist seit jeher ehrenamtlich aufgestellt. Heinrich Felder und seine Kollegen bekommen weder Spesen noch eine sonstige Entschädigung für ihren Einsatz.

Nun möchte Felder den nächsten Schritt machen: «Aktuell decke ich mit zwei Kollegen das südliche Entlebuch ab. Mittelfristig möchten wir nun das ganze Entlebuch abdecken können», sagt er. Dazu hat er bereits drei bis vier weitere Piloten gefunden, die gerade ihre Ausbildung zum fliegenden Rehkitzretter absolvieren.

Den Aufbau der Entlebucher Rehkitzsuche dokumentiert er gewissenhaft. «Bestrebungen wie unsere gibt es gerade in der ganzen Schweiz», sagt er. Seine eigenen Erfahrungen beim Aufbau der Rehkitzrettung möchte er deshalb gerne zur freien Verfügung stellen, damit andere davon profitieren können.

Langfristiges Ziel ist es, die Rehkitzsuche im ganzen Kanton Luzern zu etablieren. Dazu ist der Kanton bereits in vier Sektionen aufgeteilt. Doch zuerst kommt jetzt das Entlebuch.

Jeder Drohnenpilot bezahlt etwa 3000 Franken aus eigenem Sack

Auf Lokalhelden.ch hat Heinrich Felder ein Crowdfunding gestartet, um das fehlende Geld für zusätzliche Drohnen zu organisieren. Dabei verlassen sich die ehrenamtlichen Helfer nicht nur auf Hilfe von aussen: «40 Prozent der Anschaffungskosten tragen die Piloten selber», sagt Heinrich Felder. Das entspräche etwa 3000 Franken.

Heinrich Felder bereitet seine Drohne für den Einsatz vor. Dafür hat er sie extra umgebaut. Heute geht das einfacher. Bild: zvg

Und das kann sich lohnen: 2019 machte sich Felder zum ersten Mal mit Hilfe einer Drohne auf die Suche nach Rehkitzen. 57 Rehkitze und ein Hirschkalb konnte er da bereits retten. «In den beiden folgenden Jahren war dann das Wetter anders, da konnte ich je 30 Rehkitze aufspüren», sagt Heinrich Felder.

Denn wie viele Felder Heinrich Felder und seine Kollegen absuchen können, hängt auch davon ab, wann die Bauern mähen.

Jäger und Kanton freuen sich über den Einsatz, den die Drohnenpiloten zeigen

Das weiss auch Christian Hüsler. Er arbeitet als Wildhüter beim Kanton Luzern. «Die Suche nach Rehkitzen mit Drohnen ist sicher eine gute Sache, die wir vom Kanton auch unterstützen», sagt er. Die Methode sei schnell und bringe eine hohe Einsatzbereitschaft mit sich.

«Allerdings ist sie durch die technischen Einschränkungen auf die frühen Morgenstunden limitiert». Das beschränke die Fläche, die abgesucht werden kann. Denn sobald es mit der aufgehenden Sonne zu warm wird, sind Rehkitze auf der Wärmebildkamera nicht mehr gut zu erkennen.

«Es ist eine relativ teure Technik, die man nur zwei bis drei Mal im Jahr braucht», das schränke die Möglichkeiten ein. «Wenn die Bauern nach einer Schlechtwetterphase alle am selben Tag mähen wollen, reicht eine Drohne eben nicht.» Dann brauche es mehrere.

Wichtig sei, dass die Suche nach Rehkitzen koordiniert und in Absprache mit dem Jäger abläuft. Insbesondere das Handling von Rehkitzen müsse unter Aufsicht eines Jägers gemacht werden: «Einfach so darf man das nicht machen».

Gefunden! Sorgsam werden diese Drillinge an den Waldrand gebracht, wo sie vor dem Mähdrescher in Sicherheit sind. Bild: zvg

Vielleicht können bald auch Feldhasen und bodenbrütende Vögel gerettet werden

Der Wildhüter setzt grosse Hoffnungen in die Technologie: «Bald könnten die Kameras so gut werden, dass man auch Feldhasen und am Boden brütende Vögel in den Feldern ausmachen kann», hofft er. «Denn auch für diese ist das Mähen natürlich ein grosses Problem».

Und vielleicht, stellt er sich vor, könnten Drohnen mit Wärmebildkameras künftig auch nachts für die Bestandszählung bestimmter Tierarten eingesetzt werden.

Heinrich Felder schwärmt für den Zwerg unter den Profi-Drohnen

Die Technologie macht schnelle Fortschritte. Noch vor ein paar Jahren waren ausschliesslich Drohnen im Einsatz, die gerade noch so in den Kofferraum passen. Heute reicht für viele Einsatzgebiete auch schon eine Drohne, die problemlos in einen kleinen Rucksack passt.

«Das Nonplusultra ist zur Zeit die DJI Mavic 2 Enterprise Advanced», erklärt Felder. Die grossen Vorteile dieser Drohne sind ihr geringes Gewicht, ihre kleine Grösse und ihre schnelle Einsatzbereitschaft. Ausserdem ist alles nötige für die Rehkitzrettung bereits verbaut.

Das geringe Gewicht wird sich auch auszahlen, wenn die Schweiz bald die neuen EU-Bestimmungen für Drohnen übernimmt. Denn die strengeren Regeln werden je restriktiver, desto schwerer eine Drohne ist.

Werbebild für die bei der Drohnenkitzrettung besonders beliebte Drohne. Bild: DJI/zvg

Besitzer ähnlicher Drohnen, die mit «normalen» Kameras ausgerüstet sind, muss Felder aber enttäuschen. «Normale Kameras reichen leider nicht für die Suche nach Rehkitzen», sagt er. Verschiedene Versuche in der Schweiz und Deutschland hätten gezeigt, dass dabei zu viele Rehkitze übersehen werden.

Deshalb auch der tiefe Griff in die Geldtasche: Aktuell bewegen sich die Preise für das von Felder favorisierte System ab 6000 Franken aufwärts. Dazu kommen noch Ausgaben für Zubehör.

Deshalb sammeln Heinrich Felder und Kollege Stefan Süess auf Lokalhelden.ch jetzt 31 250 Franken für gleich sieben Drohnen. Knapp 3000 Franken bezahlen die Piloten pro Drohne selber, etwa 4000 Franken sind über Spenden finanziert.

Zum Ziel fehlen ihm nur noch ein paar hundert Franken. Und was macht Felder, wenn sogar mehr Geld gespendet wird? Darauf hat er eine klare Antwort: «Dann kaufen wir noch mehr Drohnen».

Verwendete Quellen

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 02.03.2022, 18:56 Uhr

    Wo sind jetzt die Tierfreunde?
    Jetzt können sie mit spenden Rehkitze retten?

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