Schulweg ohne Fussgängerstreifen

Eltern fordern sicheren Schulweg – Hünenberg vertröstet sie

Der Übergang Matten gehört für einige Hünenberger Kinder zum Schulweg – Eltern finden ihn zu gefährlich, um ihre Kinder allein loszuschicken. (Bild: fuv)

Kinder aus dem Mattengebiet in Hünenberg überqueren auf dem Schulweg eine stark befahrene Strasse – ohne Fussgängerstreifen. Seit zwei Jahren fordern Eltern eine Verbesserung. Auf eine definitive Lösung warten sie noch immer.

Ein kräftiger Wind weht, als sich Rahel Iten mit ihren beiden Kindern auf den Weg zum Schulhaus Matten macht. Die Familie Iten lebt und arbeitet auf ihrem Bauernhof an der Strimattstrasse. Dieser befindet sich zwischen Sins und Hünenberg. Von «hier unten», wie Iten sagt, blickt man hinauf zum Dorf Hünenberg. Soweit eine idyllische Welt. Wäre da nicht die Sinserstrasse. Schon von weitem hört man das ständige Rauschen der Autos und Lastwagen, die mit 80 Stundenkilometern und mehr vorbeiziehen.

Der Schulweg der Kinder von Rahel Iten führt über ebendiese Landstrasse. Vor zwei Jahren wurde auf der stark befahrenen Strasse an der Kreuzung Matten der Fussgängerstreifen entfernt (zentralplus berichtete). Seither müssen die Kinder die Strasse auf ihrem Schulweg ungesichert überqueren. Für Iten, Mutter dreier Kinder, ist dies ein unhaltbarer Zustand: «Die Kinder können den Übergang nicht einschätzen. Die Kombination aus Distanz und Geschwindigkeit der Autos ist für sie einfach zu viel.» Lediglich eine Mittelinsel bietet den Fussgängern Schutz.

Rahel Iten fühlt sich in ihrer Sorge um die Sicherheit ihrer Kinder von der Gemeinde Hünenberg nicht ernst genommen. (Bild: fuv)

Gutachten bestätigt die Gefahr

Auch ein Gutachten der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) bestätigte 2022 die Gefahrensituation – der Übergang erfüllt nur vier von fünf Sicherheitskriterien. Das nicht erfüllte Kriterium ist die Frequentierung, zu wenige Fussgänger nutzen den Fussgängerstreifen. Die Gemeinde Hünenberg bemängelte damals, dass mehr Personen den Fussgängerstreifen nützten als im Gutachten angegeben. Das vermutet auch Rahel Iten.

Die Gemeinde Hünenberg hat mit verschiedenen Massnahmen versucht, die Situation zu entschärfen, doch für Iten und andere Eltern sind diese wenig wirkungsvoll. Ein grosses gelbes Plakat, das auf die Schulkinder aufmerksam macht, sei unübersichtlich gestaltet und stehe nur auf einer Seite der Strasse. Auch Aktionen der Polizei zur Sensibilisierung der Autofahrer hätten nur eine begrenzte Wirkung: «Die Autofahrer merken sich das vielleicht für ein paar Wochen, aber dann ist es schnell wieder vergessen», kritisiert die Hünenberger Mutter. Die Strecke ist im Dorf als Raserstrecke bekannt. Die direkt vor dem Schulhaus Matten eingeführte Tempo-60-Zone werde kaum beachtet.

Täglich aufs Neue

Für die Familie Iten ist der Schulweg durch den Wegfall des Fussgängerstreifens mit einem erheblichen organisatorischen Mehraufwand verbunden. Am Vormittag können die Kinder bis zur dritten Klasse zwar mit dem Schulbus fahren, am Nachmittag gibt es dieses Angebot aber nicht.

Dann begleitet Rahel Iten ihre Kinder zur Schule. Der Schulweg ist zwar nur 1,5 Kilometer lang, aber ohne sichere Strassenüberquerung trauen sich viele Eltern nicht, ihre Kinder alleine loszuschicken. Rahel Iten erzählt, dass sie die Kinder zu unterschiedlichen Zeiten abholen muss, was aufwendig sei. In solchen Fällen empfiehlt die Gemeinde Hünenberg, das Betreuungsangebot im Schulhaus Matten zu nutzen.

Rahel Iten begleitet ihre Kinder täglich auf ihrem Weg zur Schule Matten und holt sie wieder ab. (Bild: fuv)

Die Kommunikation mit den Behörden zu diesem Thema habe sich in der Vergangenheit als schwierig erwiesen: «Die Gemeinde Hünenberg hat mich immer wieder vertröstet.» Rahel Iten hat das Gefühl, dass das Problem nicht ernst genommen wird, weil die Zahl der betroffenen Kinder im Mattengebiet vergleichsweise klein ist. «Es spielt doch keine Rolle, ob es zwei Kinder sind oder hundert – es bleibt gefährlich.» Die betroffenen Eltern fühlen sich von den Behörden im Stich gelassen. «Wir mussten immer selber nachhaken, um überhaupt Antworten zu erhalten», kritisiert Rahel Iten.

Gericht forderte Behörden zum Handeln auf

Die Aufhebung des Fussgängerstreifens beschäftigt die Bevölkerung von Hünenberg seit über zwei Jahren. Der Fall ging bis vor das Zuger Verwaltungsgericht. Geklagt hatten die Gemeinde Hünenberg sowie die Nachbarn von Rahel Iten. Sie verlangten, dass der Fussgängerstreifen zurückkommt oder der Kanton andere Massnahmen ergreift, um die Sicherheit der Schulkinder zu erhöhen. Die Beschwerde wurde abgewiesen (zentralplus berichtete).

Das Gericht hielt jedoch fest, dass die Mattenkreuzung mit und ohne Fussgängerstreifen gefährlich sei, und die Behörden daher angehalten seien, Massnahmen zu ergreifen. Das Gericht schlug damals vor, einen Lotsendienst oder gar eine Unterführung zu prüfen. Auch müsse dafür gesorgt werden, dass die Geschwindigkeitsbegrenzungen tatsächlich eingehalten werden. Zum Beispiel durch vermehrte Kontrollen der Polizei.

Eine Massnahme wurde bisher umgesetzt

Die Gemeinde Hünenberg hat bis heute keine definitive Lösung präsentiert. Rahel Iten ist frustriert über diese Lethargie: «Man hat uns gesagt, dass die Sicherheit verbessert werden soll, aber passiert ist nichts.» Die Gemeinde verweist auf Anfrage auf ihre bisherige Unterstützung für die Schulkinder. Hünenberg habe der Sicherheitsdirektion im Juli vier Vorschläge zur Verbesserung der Sicherheit unterbreitet. Diese wurden mit Verweis auf «kostengünstigere, organisatorische Alternativen» abgelehnt. Zu diesen Alternativen gehören ein Lotsendienst, ein erweitertes Schulbusangebot, ein Pedibus und ein Taxidienst.

Wann die Umsetzung der Massnahmen kommen soll, ist unklar. Vonseiten der Gemeinde heisst es: «Sobald die Abklärungen abgeschlossen sind, sollen die betroffenen Eltern informiert werden.» Konkrete Umsetzungszeiträume nennt die Gemeinde jedoch nicht.

Während die Gemeinde auf Schulbusse verweist, wünschen sich Eltern wie Rahel Iten eine dauerhafte Lösung: «Ich wünsche mir, dass meine Kinder selbstständig und sicher zur Schule gehen können.» Dass andernorts wie im Seetal auf öffentlichen Druck hin wieder Fussgängerstreifen eingerichtet wurden, gibt ihr Hoffnung für die Situation in Hünenberg. «Wir sind einfach froh, dass bisher noch nichts passiert ist. Aber wie lange noch?»

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Rahel Iten
  • Augenschein vor Ort
  • Schriftlicher Austausch mit der Kommunikationsstelle der Gemeinde Hünenberg
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