Der Zuger Secondhand-Guide

Dolce & Gabbana und viel Ramsch in Zug

Viel von allem und viel Chaos gibt’s im «Brockehüsli» in Zug. (Bild: zentralplus/bas)

Secondhand ist nicht gleich Secondhand. Zumindest in Zug. Auf einer Tour quer durch die Zuger Zweithand-Landschaft hat sich gezeigt: Secondhand-Läden sind nicht nur müffelnde Altwarenläden voller Ramsch, sondern auch Boutiquen mit 350-fränkigen Gucci-Cocktailkleidern und Max-Mara-Sonnenbrillen.

Secondhand-Kleider verbinden die meisten Menschen mit aus der Mode gekommenen Blusen, abgelatschten Schuhen und Billigware. So auch zentralplus. Beim Besuch der fünf Stadtzuger Secondhand-Kleiderläden wurden wir aber bereits zu Beginn eines Besseren belehrt: Da hingen Gucci-Kleider fein säuberlich neben Hugo-Boss-Anzügen, und die schicken Lederschuhe alleine kosteten mehr als das gesamte Outfit der Autorin.

Doch: So überraschend bereits der erste Laden, so vielfältig auch das Angebot in den übrigen Zuger Secondhand-Läden. Wie findet man sich also zurecht in der üppigen Zuger Kleiderlandschaft? Wir haben die fünf Läden unter die Lupe genommen und ein Ranking erstellt. Bewertet wurden nicht nur das Preis-Leistungs-Verhältnis, sondern auch die Auswahl, das Ambiente und die Beratung. Dabei hat sich ein ganz besonderer Favorit herauskristallisiert.

5. Platz: Brockehüsli 

Preis/Leistung: Langarmshirts für zwei Franken en masse, Abendkleider zu Schleuderpreisen und Socken fast gratis. Die unschlagbarsten Preise für Secondhand-Kleider findet man im Zuger Brockehüsli. Doch einen Haken hat die Sache: Das meiste ist Ramsch. Ausgeleierte T-Shirts und Blusen aus den Achtzigern sind nicht wirklich das, was sich der modische Mensch von heute wünscht. Doch: Wenn man Zeit und Nerven hat, findet man vielleicht zwischendurch eine echte Perle. Wir hatten kein Glück.

2/5 Punkte

Auswahl: Im Brockehüsli hat es alles. Sogar Unterwäsche. Weil es von allem viel hat und das auf wenig Platz, herrscht hier vor allem eines: ein kunterbuntes Chaos (siehe Ambiente).

3/5 Punkte

Ambiente/Beratung: Das Brockehüsli wird seinem Namen auf vielseitige Art und Weise gerecht: Es ist wirklich nur ein Häuschen. Platz hat es für die Menge an Ware zu wenig, und so erinnert das Innere ein wenig an eine Messie-Wohnung. Immerhin sind Kleider getrennt von Deko-Materialien und alten CDs ausgestellt. Es riecht, wie es in einem Brocki halt häufig riecht: leicht muffig. Im Innern ist es düster. Dafür wird man fast nicht fertig mit Gucken.

Die Frauen im Brockehüsli – allesamt älteren Semesters – sind sehr freundlich und gesprächig («Gälled Sie, es ist schon etwas kalt hier drinnen. Ich glaube, die Heizung ist wieder ausgestiegen.»). Sie geben dem Häuschen eine ganz persönliche Note –  was sich als das Beste am ganzen Shoppingerlebnis entpuppt.

3/5 Punkte

Total: 8/15 Punkte

(Bild: zentralplus/bas)

Hier ist man nicht so zimperlich. Vom Werbeshirt bis zum verwaschenen H&M-Pulli gibt es hier alles. (Bild: zentralplus/bas)

4. Platz: ka.2  

Preis/Leistung: Schön aufgereiht findet man nebeneinander die grossen Marken: Gucci, Prada, Hugo Boss, Ralph Lauren, Max Mara und wie sie alle heissen. Doch genau so gross wie die Namen sind auch die Preise: Das günstigste Stück bei der Stichprobe war ein T-Shirt für knapp 100 Franken. Die Ware mag hochwertig sein, doch die Preise vertreiben wohl dennoch einen grossen Teil der Kundschaft schlagartig.

3/5 Punkte

Auswahl: Klein, aber fein. Man merkt, dass hier kein Ramsch verkauft wird – im Gegenteil: Die Stücke scheinen alle neuwertig. Es hat keine unendlich grosse Auswahl, dennoch findet sich auf kleinem Raum von Blusen über Kleider und Hosen hin zu Schuhen und einem hübschen Sortiment von Schmuck und Accessoires alles. Die Chancen, dass ein vorhandenes Stück, das gefällt, auch gleich in Grösse und Schnitt passt, sind entsprechend gering.

4/5 Punkte

Ambiente/Beratung: Der Laden macht mehr den Anschein einer Boutique: Ausgewählte Stücke werden im intimen Rahmen verkauft. Einfach nur so ein wenig zu schmökern, ist irgendwie unangenehm. Als einziger Kunde fühlt man sich beobachtet.

Die Beratung war nicht unfreundlich, aber auch nicht herzlich. Der Blick der Besitzerin war sofort bei meinen Turnschuhen und ich damit wohl gleich in einer Schublade: Ihre Bemühungen, mir etwas zu verkaufen, waren nicht besonders gross.

3/5 Punkte

Total: 10/15 Punkte

 

ka.2, ein schicker und sehr teurer Secondhand-Shop. Betreten am besten mit schönem Schuhwerk. (Bild: zentralplus/bas)

ka.2: Sogar das Schaufenster ist schick. Beim Betreten am besten schönes Schuhwerk tragen. (Bild: zentralplus/bas)

3. Platz: Inkognito 

Preis/Leistung: Auch hier sind die Kleider für Secondhand doch eher hochpreisig. Grundsätzlich findet man für einen bezahlbaren Preis fast neue Stücke, dennoch muss man die Augen offen halten: Auch ein Kleid vom Billighändler Orsay wird dort für knapp 60 Franken angeboten. Das hat uns dann doch erstaunt.

3/5 Punkte

Auswahl: Es hat eine grosse Auswahl an hochwertigen Stücken und die ganze Bandbreite von Mänteln über Business-Bekleidung bis hin zu Casual-Street-Ware. Sucht man nichts Bestimmtes, wird man sicher fündig.

5/5 Punkte

Ambiente/Beratung: Gemütlich. Der Laden wurde mit viel Liebe dekoriert und die Stücke werden ansprechend präsentiert. Es ist aufgeräumt und riecht angenehm. 

Im starken Kontrast dazu steht die Beratung: Man wird kaum begrüsst. Kein Lächeln, kein «kann ich Ihnen helfen?». Möglicherweise lag’s am Wetter und der Besuch war nur eine Stichprobe, also sicher nicht repräsentativ. Dennoch wünscht man sich als Kunde etwas anderes.

3/5 Punkte

Total 11/15 Punkte

Gute Auswahl und hohe Preise dominieren im Inkognito.(Bild: zentralplus/bas)

Gute Auswahl und hohe Preise dominieren im Inkognito.(Bild: zentralplus/bas)

Platz 2: La Roba

Preis/Leistung: «Ich habe zu viele Sommerkleider. Und die Winterkleider stapeln sich schon. Deshalb ist Ausverkauf. Alle T-Shirts kosten 5 Franken», werde ich begrüsst. Die Preise variieren zwischen 5 und 30 Franken. Einzelne Stücke kosten etwas mehr, sind dafür aber auch sehr hochwertig. Die Qualität ist hervorragend – die Stücke sind zwar gebraucht, sehen aber teilweise aus wie neu.

5/5 Punkte

Auswahl: Die Ladenfläche ist eher klein, dennoch findet sich hier eine anschauliche Auswahl an Stücken. Nicht alles entspricht dem modischen Gusto der modernen Frau, aber es ist ein liebevoll zusammengestelltes Sortiment.

3/5 Punkte

Ambiente/Beratung: Sehr angenehm, etwas wie in der Stube zu Hause. Das hat sicher mit der tiefen Decke und der Holzverkleidung der Wände zu tun. Das Haus steht mitten in der Altstadt. Aber auch mit der Besitzerin: Mit einem freundlichen «Hallo» wird man empfangen, mit einem Lächeln wird bei der Auswahl geholfen und mit Freude das Geschäft getätigt. Die Kundschaft im Laden freut’s.

5/5 Punkte

Total: 13/15 Punkte

La Roba, der Secondhand-Laden mitten in der Zuger Altstadt punktet insbesondere mit seinem Charme. (Bild: zentralplus/bas)

La Roba, der Secondhand-Laden mitten in der Zuger Altstadt, punktet insbesondere mit seinem Charme. (Bild: zentralplus/bas)

Platz 1: Brockenhaus 

Preis/Leistung: Da gibt es nicht viel zu sagen: Mehr als 25 Franken kosten nur ausgewählte Stücke (wie zum Beispiel neue Hugo-Boss-Anzüge für 200 Franken). Die Qualität ist hoch. Das erklärt, dass an einem Nachmittag rund 350 Kunden das Zuger Brockenhaus aufsuchen.

5/5 Punkte

Auswahl: Die Auswahl ist breit, die Stücke liebevoll zusammengestellt und farblich sortiert. Die Fläche für Kleider und Accessoires ist so gross, dass man als Schnäppchenjäger locker einen halben Nachmittag totschlagen kann.

5/5 Punkte

Hemden und Blusen im Brockenhaus nach Farbe sortiert. So geht Ordnung. (Bild: zentralplus/bas)

Hemden und Blusen im Brockenhaus nach Farbe sortiert. So geht Ordnung. (Bild: zentralplus/bas)

Ambiente/Beratung: Sehr ordentlich, aber weder besonders schick noch schön dekoriert. Die Verkaufsfläche ist praktisch eingerichtet und gut strukturiert, doch die Liebe zum Detail muss hinten anstehen. Dafür ist das Personal hilfsbereit und freundlich. Mehr braucht es nicht.

4/5 Punkte

Total: 14/15 Punkte

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2 Kommentare
  • Profilfoto von opa50
    opa50, 21.12.2016, 10:14 Uhr

    Liebe Autorin dieses Artikels,

    tolles modebewusstes Ranking von Secondhand-Läden. In meinen Augen verdienen Sie mit diesem unreflektierten Artikel in einem negativ Ranking den ersten Preis. Vielleicht einen Gutschein für einen Einkauf bei H&M oder so? Als freiwilliges älteres Semester (männlich) des Brockehüsli haben wir zum Glück mehrheitlich mit Kunden zu tun, die weniger konsumorientiert einfach gerne wühlen und sich dann entsprechend über ein Schnäppchen freuen. Ausserdem gehören auch Menschen zur Kundschaft, die einfach nicht über genügend Mittel verfügen und daher auch für ein ausgeleierte T-Shirts noch Verwendung finden. Konkret zum Artikel: kein Wort über die Freiwilligenarbeit oder die Verwendung des Verkaufserlöses: ich glaube viele unserer Kunden kommen genau deswegen zu uns und verzichten gerne auf Ihre Wertung.

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  • Profilfoto von Anna Lustenberger
    Anna Lustenberger, 22.10.2016, 21:27 Uhr

    konnte mich jeden Laden genau vorstellen, sehr gut beschriebene Atmosphäre. War ein Vergnügen, diesen Artikel zu lesen. Habe gar nicht gewusst, dass es so viele secondhand – Läden in Zug gibt. Die einen kenne ich wirklich genau so, wie sie beschrieben sind.

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