Nach Unwetter in Valencia

Diese Surseer organisieren Hilfe, wo der Staat versagt

Die Surseer Raquel Ramos Fernandez und ihr Ehemann Jonathan Maya Navarro setzen sich tatkräftig für spanische Unwetter-Opfer ein. (Bild: asc)

In Spanien wütete vergangene Woche das Unwetter «La Dana», über 200 Personen starben. Auch aus Sursee kommt nun Hilfe nach Valencia.

Seit gut einer Woche gehen Katastrophenbilder aus Spanien um die Welt. Das Unwetter «La Dana» forderte über 200 Todesopfer im Osten des Landes. Besonders stark betroffen ist unter anderem die Provinz Valencia, wo die Regenmassen am 29. Oktober heftig wüteten.

Raquel Ramos Fernandez beobachtet die Situation genau. Es hätten viele kleine Dörfer noch immer keine Hilfeleistungen erhalten und seien ohne Strom und fliessendes Wasser, wie sie gegenüber zentralplus erklärt. Die gebürtige Spanierin lebt seit vier Jahren in Sursee und konnte nicht weiter tatenlos zusehen. Deswegen entschied sie sich, zusammen mit ihrem Ehemann ebenfalls zu helfen. Ramos Fernandez sammelt seit dieser Woche in ihrer Garage Spenden für die betroffenen Unwetteropfer.

In den sozialen Medien machte die Surseerin auf die von ihr ins Leben gerufene Spendenaktion aufmerksam. (Bild: Screenshot: Facebook-Beitrag)

Beim Besuch von zentralplus erklärt sie: «Die Hilfe der spanischen Regierung kam viel zu spät und war nicht ausreichend.» Nach langem Hin und Her zwischen den regionalen Behörden und der spanischen Regierung in Madrid seien 1500 Soldaten aufgeboten worden. Laut Ramos Fernandez würden jedoch mindestens 10'000 Soldaten in der Region benötigt. «Die Politiker streiten, doch keiner hilft», erzählt Ramos Fernandez sichtlich frustriert.

Spenden sollen den Betroffenen helfen und Freiwillige schützen

Die Surseerin hat selber Familienangehörige in der betroffenen Region. Es sei zurzeit sehr hart für die Leute in der Provinz Valencia. Unter Tränen bringt sie hervor: «Kleine Kinder leiden und Menschen starben – das geht mir nahe.» Für sie ist völlig klar, dass sie auch helfen würde, wenn sie keine Verwandten dort hätte.

Ramos Fernandez startete den Spendenaufruf am Montag in den sozialen Medien und hängte unter anderem in Schulen Flyer auf. Benötigt würden momentan vor allem Schaufeln, Hygieneartikel, Masken, Handschuhe und Schutzkleidung. Denn die Infektionsgefahr für die Tausenden freiwilligen Helfer sei extrem hoch. «Es gibt noch immer tote Menschen, die noch nicht geborgen sind», erklärt die Spendensammlerin.

Bereits über 60 Kartons stehen mittlerweile in der Garage des Ehepaars. Diese sind gefüllt mit diversen Hilfsgütern. Von Zahnbürsten und Windeln über Winterjacken und Decken bis hin zu Desinfektionsmittel und Schaufeln. Aber auch Geldspenden seien eingegangen.

Eine private Person habe beispielsweise 400 Franken vorbeigebracht. «Mit dem Geld sind wir in die Landi gefahren und haben so viele Gummistiefel wie möglich gekauft», so die Spanierin. Gar aus Bern oder Zürich habe sie Anrufe erhalten. In Bern sei Geld gesammelt worden. Dieses habe sie dann in dringend benötigtes Desinfektionsmittel investieren können.

«Die Garage platzt bald aus allen Nähten»

Von der grossen Hilfsbereitschaft sei Ramos Fernandez völlig überrumpelt worden. An den ersten drei Sammeltagen seien täglich rund 50 Personen vorbeigekommen, um Hilfsgüter abzugeben. Vor allem in den sozialen Medien habe sich der Aufruf rasant verbreitet.

Mit so viel Unterstützung habe sie nicht gerechnet, sei aber natürlich unglaublich dankbar. Sie lacht: «Bloss die Garage platzt bald aus allen Nähten.» Doch dafür liesse sich bestimmt eine Lösung finden, es hätten ihr bereits Nachbaren ihre Garagen angeboten, sollte der Platz knapp werden.

Eine Geldspenderin liess es sich nicht nehmen, einige schöne Worte mit auf den Weg zu geben. In deutscher Übersetzung: «Ist es dunkel genug, können wir die Sterne sehen! Viel Kraft, Mut und Vertrauen in Gott!» (Bild: asc)

Spätestens am Samstag befinden sich die Hilfsgüter im Transit

Ziel sei es jedoch, dass die Garage bald wieder leer ist. Die Hilfe soll so schnell wie möglich den Betroffenen direkt zugutekommen. Die Surseerin konnte sich logistisch mit anderen Sammelaktionen zusammentun und einen Lastwagen organisieren. Dieser fährt am Samstagmorgen zu einer Generalsammelstelle in Valencia. Von dort sollen die Güter dann verteilt werden.

Dies sei aber bloss die zweite Wahl des Ehepaars. Sie würden die gesammelten Spenden gerne selbst direkt in die betroffenen Dörfer fahren: «Wir haben gehört, dass die Spendenzentren in Valencia zum Teil überfordert sind, die Spenden speditiv zu verteilen.» Es herrsche Chaos.

Bald hat es in der Garage keinen Platz mehr für weitere Spenden. Ab Freitag sollen die Hilfsgüter dann nach Spanien unterwegs sein. (Bild: asc)

Mit einem eigenen Transport könne sichergestellt werden, dass die Güter so schnell wie möglich an die leidende Bevölkerung gebracht werden. Dazu fehle dem Ehepaar aber ein passendes Transportfahrzeug – beispielsweise ein grosser Lieferwagen. Klappt das nicht, kommen die Spenden am Samstagmorgen in den erwähnten Lastwagen.

Ganz nach dem Motto «El pueblo salva al pueblo»

Die Surseerin wünscht sich, dass die Betroffenen so schnell wie möglich wieder ein einigermassen normales Leben führen können. Sie erzählt niedergeschlagen: «Ich wünsche den Menschen in Valencia viel Kraft, Mut, Zuversicht und positive Energie.» Weiter appelliert sie durch ein momentan gängiges Sprichwort im Krisengebiet an den Zusammenhalt der valencianischen Bevölkerung: «El pueblo salva al pueblo.» Übersetzt: «Die Bevölkerung rettet das Dorf.»

Auch Sursee kann sich dank der Spendenbereitschaft zu dieser Bevölkerung zählen.

Hinweis: Die Spendenaktion läuft noch bis Freitag. Möchtest du also noch Hilfsgüter spenden, erwartet dich das Ehepaar zwischen 8 und 12 Uhr oder zwischen 17 und 19 Uhr bei ihrer Garage an der Kyburgerstrasse 3 in Sursee. Insbesondere wenn du – oder jemand, den du kennst – über das Wochenende ein Transportfahrzeug für den Transport erübrigen könntest, melde dich bei Raquel Ramos Fernandez unter 076 607 43 57. Da bereits sehr viele Kleider eingegangen sind, werden keine weiteren Kleider entgegengenommen.

Verwendete Quellen
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