Neue Angebote in der Innenstadt

Die Zuger Bahnhofstrasse erwacht langsam aus dem Dämmerschlaf

Ungewisse Aussichten für die Geschäfte an der Zuger Bahnhofstrasse - im Bild das Schaufenster der Boutique Anouk. (Bild: Beat Holdener)

Ein Brautmodehaus, eine Versicherungsagentur und eine Modeboutique sollen Kundschaft an die Zuger Bahnhofstrasse locken und für Umsatz sorgen. In verschiedenen, lange leerstehenden Ladenräumlichkeiten blüht das Geschäftsleben wieder auf. Damit der Detailhandel auch in Zukunft attraktiv bleibt, braucht es jedoch innovative Strategien.

Eine Boutique der Modekette Anouk an der Bahnhofstrasse 27 machte vor wenigen Tagen den Auftakt zu einer Reihe von Geschäftseröffnungen in diesem Frühjahr zwischen Post- und Bundesplatz. Die neuen Angebote sollen Kundschaft in die Zuger Einkaufsmeile bringen.

Über die Wintermonate hatten die vielen leerstehenden Ladelokale einen öden und ziemlich abgewirtschafteten Eindruck hinterlassen, der dem einer Bahnhofstrasse anhaftenden Image nicht im Geringsten entspricht.

Das Zentrum Zugs hat sich in den letzten Jahren nach Norden verschoben. Dass Läden an der südlichen Peripherie überhaupt noch vermietet werden können, ist nicht selbstverständlich. Studien der Metropolitankonferenz rechnen damit, dass bis 2025 voraussichtlich ein Viertel des Detailhandels aus den Innenstädten in der Schweiz verschwinden wird. Der Strukturwandel macht auch vor Zug nicht halt.

Hochzeitskleider und Versicherungen

Im letzten Sommer hat die Firma Dosenbach ihr Schuhgeschäft an der Bahnhofstrasse 13 geschlossen und ins Einkaufszentrum Metalli verlegt. Strategische Gründe und eine grössere Verkaufsfläche waren für das Unternehmen ausschlaggebend. Nach einem Besitzerwechsel wurde die Liegenschaft in den letzten Wochen um- und ausgebaut.

Als Hauptmieterin wird dort im Mai ein internationales Brautmodengeschäft einziehen. «Das sorgt sicherlich für etwas ‹neues Leben› an der Bahnhofstrasse 13», sagt Ramon Twerenbold von der Welcome Immobilien AG, welche die Liegenschaft betreut.

Den Namen des neuen Ladens darf er noch nicht bekanntgeben. Der zweite Mieter ist in der Immobilien- und Finanzierungsbranche tätig und wird seine Flächen diesen Monat beziehen.

Die vorübergehenden Leerstände von Gewerbeflächen (vor allem im Erdgeschoss) an einer so hoch frequentierten Lage sorgen für Aufsehen, wie Ramon Twerenbold weiss. Ein generelles Attraktivitätsdefizit an diesem Standort sieht der Immobilienvermarkter jedoch nicht.

«Für die Vermietung der Bahnhofstrasse 13, für die wir beauftragt wurden, konnten wir zahlreiche spannende Interessenten gewinnen und entsprechend auch die gesamten Flächen innert Kürze vollvermieten», so Twerenbold.

«Die Erreichbarkeit sowohl zu Fuss als auch mit dem Auto war uns bei der Suche nach unserem Standort in Zug sehr wichtig.»

Lisa Flückiger, Sprecherin Groupe Mutuel

Auch die ehemalige Filiale der Konkurs gegangenen Modekette Companys zwischen dem «Childa Spa» und dem Restaurant Plaza ist wieder vermietet. Dort zieht die Groupe Mutuel mit einer Agentur ein. Die Versicherung verstärkt damit ihre regionale Präsenz und will Nähe zur Kundschaft demonstieren.

«Der Standort an der Bahnhofstrasse ist gut sichtbar, wird stark frequentiert und ist für Kundinnen und Kunden sehr gut und unkompliziert erreichbar«, sagt Mutuel-Sprecherin Lisa Flückiger zu den Gründen der Standortwahl. Die Agentur soll modern gestaltet sein und ab am 12. April offen stehen.

Kleinere Verkaufsflächen

An der Ecke Bahnhofstrasse/Schmidgasse war bis Ende letzten Jahres im ganzen Gebäude das Modehaus Globus eingemietet. Die Eigentümer der Liegenschaft haben sich entschieden, das Objekt für ihren Eigenzweck umzubauen. «Deshalb haben wir das Herrensortiment in unsere bestehende Mode-Bayard-Filiale an der Baarerstrasse 8 verlegt», schreibt Unternehmensleiterin Silvia Bayard auf Anfrage.

Ein einzelnes Megageschäft, das sämtliche Etagen belegt, wird es an der Bahnhofstrasse 15 definitiv nicht mehr geben. Die Liegenschaft wird räumlich unterteilt und kann dadurch von mehreren Mietern belegt und flexibler genutzt werden. «Im Moment ist die künftige Nutzung noch völlig offen», sagt Mitbesitzerin Béatrice Zürcher, «der Umbau wird frühestens in einem Jahr abgeschlossen sein.»

Brautmode wird künftig an der Bahnhofstrasse 13 (Mitte) angeboten. Rechts das geräumte Modehaus Globus. (Bild: Beat Holdener)

Ebenfalls noch nicht definitiv ist die Nutzung der ehemaligen Schalterräumlichkeiten der Raiffeisenbank an der Bahnhofstrasse 7. Laut Liegenschaftsmitbesitzerin Vreni Wicky-Bernold laufen Verhandungen mit potenziellen Mietern.

Aus welchen Branchen diese stammen, lässt sie noch offen. «Dass diese in den Ladenmix der Bahnhofstrasse passen, prüfen wir sorgfältig», sagt Vreni Wicky, «auch Gastronomie schliessen wir nicht aus.» Da die Räume nach dem Bankauszug weiter vermietet waren, kann sich die Eigentümerschaft für die Anschlusslösung Zeit nehmen.

Hohe Mieten geraten ins Wanken

Durch die sinkende Nachfrage nach Ladenlokalitäten in den Innenstädten und den Einfluss von Corona geraten die Mietpreise auch in Zug unter Druck. «Einen eigentlichen Preisrutsch hat es bisher nicht gegeben», sagt Unternehmensberater Ueli Straub. «Wir sehen jedoch eine Tendenz, dass Verträge vermehrt für eine Umsatzmiete umgewandelt werden.»

Ueli Straub verwaltet verschiedene Immobilien an der Bahnhofstrasse. Aufgrund seiner Gespräche mit Ladenmietern ist er überzeugt, dass die Attraktivität an diesem Standort nicht gelitten hat: «Die meisten Geschäftsinhaber sind zuversichtlich, dass die Umsätze rasch wieder auf das Niveau vor der Coronaepidemie steigen.»

Stadt will den Detailhandel stärken

Nicht alle Konsumfachleute sind so optimistisch bezüglich der nach Coronaära. Der Detailhandel bleibt jedoch bestimmt für die Attraktivität der Innenstädte ein entscheidender Standortfaktor.

Deshalb ist auch die Stadt Zug interessiert, möglichst optimale Rahmenbedingungen zu bieten. Die Stadtentwicklung unterstützt die Vereinigung der Zuger Geschäfte Pro Zug beispielsweise beim Wissens- und Erfahrungsaustausch der verschiedenen Akteure.

Dem Einkaufsstandort Zug fehlt es an Profil, das Angebot entspricht nur teilweise der Nachfrage. Für eine lebendige, urbane Innenstadt braucht es mehr als ein Brautmodehaus und eine neue Versicherungsagentur.

«Der Wunsch nach Authentizität, Erlebnis und Nachhaltigkeit kann vom stationären Detailhandel genutzt werden», sagt Stadtentwicklerin Regula Kaiser: «Es braucht dafür aber Innovation und Investition.»

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4 Kommentare
  • Profilfoto von Peter P. Odermatt
    Peter P. Odermatt, 23.03.2021, 09:15 Uhr

    Zug ist nichts mehr schönes. Früher war das anders, heute nur noch Büros, Büros, Büros. Keine Natur mehr. Alles lieblos zugepflastert. Da ists in Zürich bedeutend besser.

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  • Profilfoto von Schliffts
    Schliffts, 22.03.2021, 10:47 Uhr

    Lol ist das satire? Mich lockt doch keine Versicherungsgesellschaft in die Innenstadt. Das ist doch sowieso Blödsinn, dass sich Krankenkassen und andere Versicherungen an teuren Standorten einnisten. Ich bezahl also Prämien dafür, dass die Innenstädte mit Versicherungsagenturen zugepflastert werden, und jetztsoll ich noch dankbar sein, weil es die Stadt aufwertet. Schliffst üch eigentlech no?

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    • Profilfoto von Redaktion zentralplus
      Redaktion zentralplus, 22.03.2021, 11:48 Uhr

      Vielen Dank für die kritische Rückmeldung auf den Artikel. Wie die Alternative aussieht, lässt sich derzeit in Luzern beobachten. Da stehen zahlreiche Ladenlokale leer (Link). Das ist dann noch unbelebter als eine Versicherungsagentur. 😉

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    • Profilfoto von Beat Holdener
      Beat Holdener, 25.03.2021, 13:19 Uhr

      Die Idee, dass solche Geschäfte Kundschaft anlocken könnten, stammt nicht von uns, wir berichten lediglich darüber. Interessantere Läden für die Lokale an der Bahnhofstrasse zu finden, ist offenbar schwierig. Immobilienbesitzende scheinen zudem mehr Wert auf eine rasche Wiedervermietung zu legen als auf eine strategische Entwicklung für die Attraktivität des Standorts.

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