Nur minimale Verbesserungen in Sicht

Die Viaduktbögen bleiben weiter ein Schandfleck im Herzen von Zug

Zuger Schiissigässli? Nein, Blick von der Bahnhofstrasse nach Süden dem Bahnviadukt entlang. (Bild: Beat Holdener)

Unter dem historischen Bahnviadukt in Zug bietet sich seit Jahrzehnten ein tristes Bild. Die SBB wollen am jetzigen Zustand möglichst wenig ändern – und die Stadtbehörden nehmen es achselzuckend zur Kenntnis. Trotz politischem Auftrag für attraktivere Nutzungen.

Auf der ganzen Welt tragen die Bögen von Eisenbahnbrücken zum urbanen Leben und einem attraktiven Stadtbild bei. In Zug hingegen führen diese ein Schattendasein. Sie werden vorwiegend als Abstellplatz, Lagerraum oder Abfalldeponie benutzt. Versperrt, verstellt, vermüllt, versifft geben sie ein heruntergekommenes Bild ab, das wenig einem citynahen Einkaufs- und Geschäftsviertel entspricht.

Der Wunsch nach attraktiveren Nutzungen wird in der Bevölkerung und auf politischer Ebene seit Langem geäussert. Vor zwei Jahren hat die CVP mit einem Postulat nachgehakt. Darin wird angeregt, mit einfachen Mitteln die Bögen zwischen Bahnhof und Poststrasse vielfältigen Nutzungen zuzuführen. Die bestehenden Chancen sollen genutzt werden, auch wenn die räumlichen Dimensionen bescheidener sind als andernorts und keine geschlossenen Läden zulassen.

Schon damals hatte der Stadtrat wenig Gehör für originelle Nutzungsideen oder gar für einen Gestaltungswettbewerb (zentralplus berichtete). Obwohl das Stadtraumkonzept verspricht, dass die Eisenbahnviadukte zu einem «identitätsstiftenden, verbindenden räumlichen Element werden sollen».

Weiterhin vorwiegend für Autos

Inzwischen sind zwei Jahre ins Land gegangen, während denen auch die Sanierung der Gotthardstrecke nach Arth-Goldau abgeschlossen wurde. In Sachen Attraktivität der Viaduktbögen sind für die Bevölkerung jedoch keine echten Fortschritte sichtbar. Die Stadt zeigt sich dagegen mit dem erreichten Zustand zufrieden. «Sie kann, mit kleinen Schritten zwar und dank der Kooperation eines Privaten, zwei heute verschlossene Bögen öffnen und mit einem Beleuchtungskonzept der Bögen die Situation verbessern», sagt Nicole Nussberger, Sektretärin des Baudepartements.

Somit sind zwischen dem städtischen WC und der Gotthardstrasse immerhin keine Bögen mehr zugemauert, nur einer ist noch vergittert und nicht durchgängig. Allerdings sind Flächen nicht frei und im öffentlichen Interesse nutzbar, sondern ermöglichen noch mehr Parkplätze als zuvor. Unter attraktiven Nutzungen stellen sich die meisten Leute eher etwas anderes vor. Auch der Fussweg entlang der Westseite des Viadukts ist nach wie vor durch einen Zaun unterbrochen.

Unantastbare Parkplätze

«Eine attraktivere Nutzung der Bögen hängt davon ab, ob die bestehenden Dienstbarkeitsverträge für Parkplätze abgelöst werden können», heisst es in der Postulatsantwort. Wie intensiv sich die Stadtbehörden tatsächlich um eine Reduktion der Parkplätze bemühen und wie substanziell allfällige Angebote zur Ablösung der Dienstbarkeiten sind, ist offen. Die Frage, ob der Stadtrat die Parkplätze als wichtiger erachte als eine attraktive öffentliche Nutzung oder Freihaltung, liess Bauchefin Eliane Birchmeier unbeantwortet.

Das Beleuchtungskonzept, das derzeit im Baudepartement erarbeitet wird, ist im Moment der einzige Lichtblick. Die Umsetzung soll zusammen mit anderen Projekten erfolgen. Im nördlichen Teil des Viadukts kann die neue Beleuchtung voraussichtlich bereits im Jahr 2021 umgesetzt werden – im Zusammenhang mit Kanalisationsarbeiten. Und im südlichen Teil mit der Umgestaltung des Dreiangelplatzes und den Werkleitungen in der Poststrasse.

Gemäss Auskunft des Bauamts sollen dann auch Viaduktbögen im südlichen Teil geöffnet werden. Dies frühestens ab Herbst 2022. Genutzt werden die Flächen künftig als gedeckte Veloabstellplätze. Nicht unbedingt eine Attraktion für das städtische Leben und weiterhin eher eine Barriere als ein verbindendes Element zwischen den beiden Gleisseiten.

Unzufriedener Gemeinderat

Im Grossen Gemeinderat war man schon vor zwei Jahren enttäuscht über die Pläne des Stadtrats. Und dies hat sich nicht geändert. «Schaut man sich die Resultate heute an, so sind wir sicher nicht zufrieden», sagt Gemeinderat Christoph Iten. «Die Anliegen des Postulats wurden nicht mal ansatzweise umgesetzt.» Der CVP-Fraktionschef zweifelt nicht grundsätzlich am Willen der Stadt, etwas zu ändern. «Ich habe vielmehr den Eindruck, dass sie die Verhandlungen mit der SBB scheut.»

«Ich habe den Eindruck, dass die Stadt die Verhandlungen mit den SBB scheut.»

Christoph Iten, CVP-Gemeinderat

Tatsächlich stand das Traktandum nicht oben auf der Prioritätenliste der zuständigen Bauchefin. Die Verhandlungen zwischen Stadt und SBB wurden beidseitig nur auf subalterner Ebene geführt. Eine Intervention des Stadtrats angesichts der mageren Resultate auf höherer SBB-Ebene fand nicht statt.

SBB als Bremsklotz

Die Bahn als Grundeigentümerin sieht keinen Anlass, über die Bücher zu gehen. «Die SBB unterstützt das Vorhaben der Stadt, die Viaduktbögen attraktiver zu gestalten», schreibt Sprecher Marc Oliver Dischoe. «Die Stadt und die SBB sind zuversichtlich, dass eine optimale Lösung gefunden wird.»

Der Tatbeweis fehlt allerdings. Im Zuge der Streckenrenovierung wurden zwar Bögen gereinigt und ein paar Einbauten entfernt. Die SBB wehrt sich jedoch dagegen, im Interesse der Stadt bestehende Mietverträge neu zu verhandeln. Und auch zu speziellen städtischen Nutzungsvorschriften – wie sie unter dem Bahnviadukt an der Gotthardstrasse gelten – bieten die Staatsbahnen keine Hand.

Der Stadt fehlt neben einer zielführenden Verhandlungsstrategie eine rechtliche Handhabe. «Bahnareale sind von den Baugebieten ausgenommen und können vom Gemeinwesen nicht übersteuert werden», hält Nicole Nussberger fest.

Gegenleistung für Landaufwertung

Dabei hätte die SBB allen Grund, der Stadt entgegenzukommen. Dank den planerischen Entscheiden auf politischer Ebene beim Güterbahnhof Zug kann sie dort jetzt Renditebauten erstellen und somit Millionengewinne realisieren. Auf Land, das sie sich ursprünglich für Bahnzwecke angeeignet hat.

Auch Gemeinderat Christoph Iten fände es grundsätzlich gut und spannend, die Entwicklung im Areal Güterbahnhof in die Waagschale zu werfen: «Das würde bei der Thematik Viaduktbögen allenfalls mal noch etwas Bewegung reinbringen.»

Der Grosse Gemeinderat verlangt vom Bauamt auf jeden Fall noch zusätzliche Efforts. Entgegen dem Antrag des Stadtrats wurde das Postulat für eine attraktivere Nutzung des Bahnviadukts nicht abgeschrieben und bleibt weiterhin auf der Aufgabenliste der Exekutive.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Marc Mingard
    Marc Mingard, 10.04.2021, 08:38 Uhr

    Ziemlich tragisch. Solche Bögen sind gebaut offen zu sein. Hier sind sie zugebaut, abgesperrt, eine Separationslinie. Häfeli Teckeli scheint im geldverseuchten Zug wirklich ein Problem zu sein. Schade.

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