Kleinkrieg um Luzerner Haus: kreativ oder Messi?

«Die Stadt räumt den Müll weg, und sie füllt den Platz wieder»

Auffällig steht es mitten im Gibi-Quartier: Das Haus an der Gibraltarstrasse 6 sorgt seit Jahren für Gesprächsstoff.

(Bild: jwy)

Ein Quartier weiss nicht mehr weiter: Das Haus an der Gibraltarstrasse 6 verkommt zur Müllhalde und dessen Bewohnerin ist unberechenbar. Die Nachbarn haben resigniert und die Stadt lässt den Abfall regelmässig abtransportieren. Eine Lösung ist in diesem Katz-und-Maus-Spiel nicht in Sicht.

Ein paar Tage nach unserem Besuch an der Gibraltarstrasse 6 ist es vorbei mit der Ruhe. Drei Polizisten stehen um das Haus, zwei Männer tragen Töpfe, Holz, Metall und sogar einen Grill weg und kippen den Müll auf einen Laster.

Dickes Efeu krallt sich an die Mauern, das Haus ist vollgestopft mit Kram bis unters Dach und rundherum liegt Müll: Das «Gibi 6» ist das auffälligste Haus des ganzen Bruchquartiers – und die Bewohnerin Irène Zappa der bunteste Vogel. Kürzlich waren wir zu Besuch bei ihr (zentralplus berichtete).

Der Müll hinter dem Haus ist für die Nachbarn eine Belastung – ein paar Tage später wurde er abgeholt.
Der Müll hinter dem Haus ist für die Nachbarn eine Belastung – ein paar Tage später wurde er abgeholt.

(Bild: jwy)

Inhaberin Irène Zappa hat sich förmlich darin verschanzt, die Nachbarschaft im Quartier ist nicht mehr gut auf die Frau zu sprechen. Jetzt steht sie am Fenster, schreit die Männer an und wünscht ihnen alles Wüste. Sie redet von Scheiterhaufen und Verschwörung – auch den Journalisten wähnt sie als Teil derer, die ihr das Haus wegnehmen wollten.

Ein Polizist nimmt’s gelassen, es ist alle paar Wochen dasselbe: Müll wegräumen und abtransportieren, bis sich wieder genug angesammelt hat – und das Spiel beginnt von vorne. Die Männer wischen dann sogar noch den Vorplatz, bevor der Laster wieder von dannen zieht.

Ein Lastwagen wurde mit Müll von Irène Zappa gefüllt, das Spiel geht alle paar Wochen von vorne los.
Ein Lastwagen wurde mit Müll von Irène Zappa gefüllt, das Spiel geht alle paar Wochen von vorne los.

(Bild: jwy)

Vergiftete Stimmung im Quartier

Der Konflikt spielt sich vor allem hinter dem Haus ab, auf dem Platz, der an die Nachbar-Häuser Gibraltarstrasse 4, 4a und die Bruchstrasse 26a grenzt. Der Abfall ist nicht nur optisch ein Problem, auch aus feuerpolizeilichen Gründen sammelt die Stadt den Müll regelmässig ein.

Auch oben an der Gibraltarstrasse breitet sich die Bewohnerin mit ihren Installationen grosszügig auf dem Trottoir aus. Was für die meisten einfach Müll ist, sieht die Bewohnerin Irène Zappa als bedrohte Ausstellung.

Irène Zappa hat immer etwas zu tun mit ihrem Kram
So hatte es hinter Irène Zappas Haus bis vor kurzem noch ausgesehen …

(Bild: jwy)

In den angrenzenden Häusern sind Ateliers, Kleingewerbe und Wohnungen. Das Quartier ist ein hübscher, kreativer Mikrokosmos, aber die Stimmung ist seit einigen Jahren vergiftet, viele Anwohner haben resigniert.

Die Frau sei gefährlich, sagt einer, der schon lange in nächster Nähe sein Atelier hat. Kürzlich sei wieder ein Ziegelstein geflogen gekommen.

Die Stadt kennt das Problem

Die Stadt Luzern verfolgt das Wirken der Frau: «Die Situation ist uns seit einiger Zeit bekannt, und wir suchen zusammen mit dem Tiefbauamt, der Feuerpolizei, der kantonalen Gebäudeversicherung, der Sozial- und Sicherheitsdirektion und der Luzerner Polizei nach einvernehmlichen Lösungen», sagt Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen. Das Problem: Die Nutzung des öffentlichen Grundes – etwa das Trottoir an der Gibraltarstrasse 6 – erfolge widerrechtlich, so Lütolf. Es liege keine Bewilligung vor und es könne dort auch keine Bewilligung erteilt werden.

Ein paar Tage nach dem Besuch wurde hinter dem Haus ein Grossteil des Mülls weggeräumt.
Nun hat die Stadt mit Hilfe der Polizei wieder für Ordnung gesorgt. Doch wohl nicht für lange …

(Bild: jwy)

Darum sieht die Lösung im Moment so aus: Das Strasseninspektorat rückt wöchentlich an und beseitigt den Müll. «Um die Abfallsituation zu entschärfen, wird der öffentliche Grund rund um die Gibraltarstrasse 6 neu vom Strasseninspektorat der Stadt Luzern wöchentlich geräumt», sagt Florian Aschbacher, Leiter Betrieb und Strassenunterhalt bei der Stadt. Die Kosten dafür würden von Beteiligten erstattet.

Am Ende des Lateins

Dem Architekten Alexander Galliker gehören die angrenzenden Häuser 4 und 4a – auch seine Geduld ist allmählich zu Ende. Denn der Abfall ist nur das eine: «Sie mischt sich überall ein, geht in die Wohnungen und schleicht nachts herum», sagt er. In etlichen Häusern hat Irène Zappa Hausverbot, Galliker hat bis jetzt noch auf eine Anzeige verzichtet. «Solange es keinen ernsthaften Schaden gab», sagt er.

Er kennt die Frau gut, redet regelmässig mit ihr, ist aber langsam am Ende des Lateins. Er findet es traurig, dass es soweit gekommen ist. Zwischendurch sei Frau Zappa bei klarem Verstand, andererseits aber nicht ansprechbar.

«Sie mischt sich überall ein, geht in die Wohnungen und schleicht nachts herum.»

Alexander Galliker, Architekt

Verschärft habe sich die Situation vor etwa drei Jahren, so Galliker – und nun hat er genug von der Müllhalde. Er hat schon etliche Briefe und Mails an die Stadt geschrieben – und ist ratlos: «Man kann sich wahnsinnig aufregen, aber solange sie dort wohnt, wird sich nichts ändern, man kann nicht durchgreifen.»

Es geht ihm nicht nur ums Optische: «Es ist eine Sicherheitsbelastung, wenn jemand den Müll anzündet, sind Menschenleben gefährdet», sagt er. Die Häuser stehen eng, die Zufahrten sind prekär.

Es ist auch eine aktive Informationspolitik der Behörden, die er vermisst, man vernehme Neuigkeiten nur über Dritte. «Es fühlt sich niemand wirklich zuständig, man hat keine Handhabe», sagt er.  Zum Glück kann Galliker auf tolerante Mieter zählen, sie sind ihm bis jetzt noch nicht davongelaufen. Aber er findet, die Entwicklung sei schade für das Quartier mit seiner Kreativität, wovon lange das jährliche Gibi-Fest zeugte, das Frau Zappa vor vielen Jahren mitinitiiert hatte. Heute undenkbar.

Vom Kreativen zum Messi

Laut Irène Zappas Informationen hat sie einen Beistand, dazu kann die Stadt aber nichts sagen. «Aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes kann die Stadt Luzern keine Auskunft darüber geben, ob für eine bestimmte Person eine Beistandschaft besteht», so Marion Loretan von der Kesb Luzern.

«Die Stadt räumt den Müll weg, und sie füllt den Platz wieder – und täglich grüsst das Murmeltier.»

Ein Nachbar

Ein langjähriger Anwohner, der die Frau ab und zu trifft, schildert die Situation etwas weniger dramatisch: Einerseits bewundert er das kreative Haus, andererseits sei die Situation «irgendwann gekippt» – vom «Kreativen zum Messi».

Einigen Nachbarn wurde es daraufhin zu viel, und die Situation sei eskaliert. Nun sei es wieder etwas ruhiger. «Mich persönlich stört die Situation nicht so», sagt er. Er beschreibt die Bewohnerin als tragische Einzelkämpferin, die gegen die Mühen der Welt ankämpft.

Irène Zappa vor ihrem Haus, in dem sie sich seit einigen Jahren verbarrikadiert.
Irène Zappa vor ihrem Haus, in dem sie sich seit einigen Jahren verbarrikadiert.

(Bild: jwy)

Es kommt sehr auf die Tagesform der Frau an, sagt ein weiterer Atelierbenutzer. Meist sei es ruhig und man höre von ihr tagelang nichts. «Aber dann wird’s wieder mühsam und penetrant, man wird belästigt und angeschrien», sagt er.

Was sie in und an ihrem Haus mache, sei ihm egal, aber sie fange an, andere Häuser zu «dekorieren», das müsse nicht sein. «Aber wir haben einen guten Draht, wir können es untereinander regeln und sie akzeptiert es», sagt er.

Tendenz von Krieg

Bei anderen Nachbarn ist die Stimmung so vergiftet, dass es keinen Austausch mehr gibt. «Da hat es schon die Tendenz von einem Krieg», sagt der Selbstständigerwerbende. Auch er beobachtet das Katz-und-Maus-Spiel: «Die Stadt räumt den Müll weg, und sie füllt den Platz wieder – und täglich grüsst das Murmeltier.»

Er staunt, wie es so weit habe kommen können: Die Frau sei zwar lästig, aber ein Teil des Quartiers. «Sie hat einen Flick weg, aber sie tut niemandem weh.» Der Nachbar sagt letztlich: «Man muss die Gesellschaft daran messen, wie man mit den Schwächsten umgeht.»

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6 Kommentare
  • Profilfoto von Ajay Mathur
    Ajay Mathur, 22.07.2020, 18:19 Uhr

    Das ist kein Journalismus – es ist purer Voyeurismus und verfehlte Psychoanalyse (» kreativ oder Messi? «). Wer nicht in das «Schema» hinein passt, wird aburteilt und muss mit Rufmord durch die Medien rechnen. Wirklich sehr diabolisch eingefädelt über Z+.
    PS: Ja, ich kenne Irène Zappa

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  • Profilfoto von Bernd Egger
    Bernd Egger, 27.02.2018, 10:33 Uhr

    Ein Artikel auf bedenklichem journalistischem Niveau: reisserisch, respektlos und erst noch sehr mittelmässig geschrieben. Hier wird eine Person an den Pranger gestellt. Worin da ein öffentliches Interesse besteht, erschliesst sich mir nicht. Als Anrainer, der mit Frau Zappa auch regelmässig zu tun hat, kann ich die meisten Zitate nicht bestätigen, auch wenn ich durchaus meine Mühe mit ihr habe. Mein Eindruck ist, dass die Zitate so ausgewählt wurden, dass sie ins bestehende Bild passen. Schwach.

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    • Profilfoto von Jonas Wydler
      Jonas Wydler, 27.02.2018, 11:00 Uhr

      Die Beurteilung des «bedenklichen Niveaus» überlasse ich Ihnen. Aber wir stellen hier niemanden an den Pranger. Wir haben die Frau im ersten Artikel porträtiert. Danach haben wir die Auseinandersetzung im Quartier aufgegriffen. Ich kann Ihnen versichern, dass wir ohne vorgefasste Meinung mit den Nachbarn gesprochen haben. Es kommen dementsprechend verschiedene Meinungen zu Wort.

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  • Profilfoto von luhmann15
    luhmann15, 26.02.2018, 23:41 Uhr

    Noch nie habe ich zentralplus dermassend blossstellend und voyeuristisch erlebt. Beide Artikel sind grenzüberschreitend.
    Man staunt!

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  • Profilfoto von Mario Senti
    Mario Senti, 26.02.2018, 09:28 Uhr

    Ich finde diese Artikel über Irene Zappa schreierisch und entblössend. Es wird jemand blos gestellt. Warum müssen alle LeserInnen über Gesundheitszustand und Befinden von Irene Zappa informiert werden? Und wie ist das für ihre Familie und nächsten Angehörigen?

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    • Profilfoto von Jonas Wydler
      Jonas Wydler, 26.02.2018, 10:40 Uhr

      Wir haben niemanden blossgestellt. Wir haben ein Thema aufgegriffen, das ganz offensichtlich seit Jahren das Quartier beschäftigt. Wir haben aus Gesprächen mit ihr, den Nachbarn und Behörden sorgfältig abgewogen, was wir publizieren. Und wie Sie sehen, kommen ganz unterschiedliche Meinungen zu Wort. Zum Gesundheitszustand steht in den Artikeln nichts.

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