Baubewilligung für Emmer Treffpunkt liegt vor

«Die Projektidee Tramhüsli hat grosses Potenzial»

Ein Bild aus alten Zeiten: das Tramhüsli in Emmen.

(Bild: zvg)

Das Tramhüsli in Emmen konnte vor dem Abriss gerettet werden. Kommenden Sommer soll es in neuem Glanz erstrahlen. Dafür benötigen die Verantwortlichen Geld und haben deshalb eine Crowdfunding-Aktion lanicert.

Noch ist der Centralplatz in Emmen eine Baustelle. Mittendrin steht das Tramhüsli, verschoben und vor dem Abriss gerettet, mit Gittern umspannt und im Dornröschenschlaf. Bald aber ist Frühlingserwachen. Eine Baubewilligung liegt vor. Die Stiftung Tramhüsli ist mit ihrem Projekt auf der Zielgeraden. Seit einem Monat werben die Verantwortlichen für ein finanzielles Engagement der Bevölkerung. 120’000 Franken sollen zusammenkommen in zwei Monaten gesammelt werden. Rund die Hälfte ist erreicht: finanziell und zeitlich. 

zentralplus: Seit der Verschiebung vor zweieinhalb Jahren gab es rund ums Tramhüsli keine sichtbare Veränderung mehr. Was geschah seither im Hintergrund?

Urs Rudolf, Präsident Stiftung Tramhüsli: Mit der Verschiebung konnte das erste grosse Ziel erreicht werden: die Rettung vor dem Abriss. Wir hatten damals gesagt, dass das zweite grosse Ziel der Umbau und der Betrieb sein würden. Wir suchten einerseits den idealen Nutzer, den wir mit der IG Arbeit gefunden haben, und mussten uns anderseits in die komplexe Materie der baulichen Vorschriften einarbeiten, um ein Projekt auf die Beine stellen zu können, welches die Chancen für eine Bewilligung hatte. Es brauchte viel Zeit, Ressourcen und Gespräche, bis die verschiedenen Instanzen bei Gemeinde und Kanton das Projekt bewilligten. 

zentralplus: Die Baubewilligung liegt nun vor. Was konkret wird beim Tramhüsli gebaut?

Hardi Bisig, Projektverfasser: Das Tramhüsli steht unter Denkmalschutz. Wir von Jäger-Egli Architekten werden den Ursprungszustand wiederherstellen. Das verhilft uns auch zu mehr Platz im Innern des Tramhüsli. Die Hälfte der Fläche brauchen wir für die Gastronomie-Infrastruktur, die andere Hälfte wird den Gästen zur Verfügung stehen. Wir wollen aber auch den Platz rundum beleben, wollen ihn als Treffpunkt attraktiv machen. Auf der Rückseite des Tramhüslis wird ein Dach gebaut, damit der Aufenthalt draussen bei Regen möglich ist. Entlang der Gerliswilstrasse bauen wir ein zweites Dach für die WC-Anlage und den Warteraum für die VBL-Passagiere.

Zwischen Tramhüsli und den Gebäuden der Viscosistadt wird der Asphalt durch einen Mergelbelag ersetzt, damit Fläche zum (Boule-)Spielen entsteht. Das rosarote Gebäude der Viscosistadt in unmittelbarer Nachbarschaft, welches wir ebenfalls nutzen dürfen, wird rudimentär umgebaut. Dieser Raum ist für kulturelle Veranstaltungen vorgesehen. Schliesslich wird der ganze Platz begrünt. In Pflanzkisten werden Blumen, Sträucher, Nutzpflanzen und Bäume gepflanzt.

So soll das Tramhüsli im Sommer 2018 daherkommen.

So soll das Tramhüsli im Sommer 2018 daherkommen.

(Bild: zvg)

zentralplus: Betreiben wird das Tramhüsli die IG Arbeit, welche seit diesem Herbst auch das Restaurant Nylon 7 in der Viscosistadt führt. Welches ist das Konzept fürs Tramhüsli? 

Marc Pfister, Geschäftsführer IG Arbeit: Hier werden Arbeitsplätze für Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung geschaffen. Das war für uns auch der Grund, nach Emmenbrücke und in die Viscosistadt zu kommen. «Nylon 7» und das Tramhüsli werden sich gut ergänzen und Synergien schaffen. Unser Gastroangebot entspricht unserem Ansatz von gesundem und regionalem Essen, das täglich frisch hergestellt wird. Im Tramhüsli wird man sich von morgens bis abends verpflegen können, ergänzt mit einem feinen Kaffee, einem guten Bier und einer schönen Weinauswahl, bei schönem Wetter auch im Aussenbereich.

zentralplus: Als das Tram und später die VBL-Busse am Centralplatz wendeten, stand hier ein Kiosk. Welche Rolle spielt dieser bei Ihrem Konzept?

Marc Pfister: Der Kiosk beim Tramhüsli war früher ein Treffpunkt. Die Idee von «Kiosk» und «Treffpunkt» lebt in unserem Konzept weiter. Es wird allerdings nicht ein Kiosk im herkömmlichen Sinn sein, sondern für unser kulinarisches Angebot: Take-away oder Konsumation vor Ort, beides ist möglich.

«Die Stiftung benötigt jedoch weitere finanzielle Mittel und braucht die Unterstützung aus der Bevölkerung.»

Urs Rudolf, Präsident Stiftung Tramhüsli

zentralplus: Sie betonen den sozialen Aspekt Ihres Projekts: die Arbeit mit psychisch beeinträchtigten Menschen. Wird das funktionieren?

Marc Pfister: Wir haben jahrelange Erfahrung im Einsatz von psychisch beeinträchtigten Menschen im Gastrobereich. Es funktioniert deshalb gut, weil diese Menschen schon einen Weg bei der IG Arbeit hinter sich haben. Angeleitet und befähigt werden sie von unseren Fachpersonen. Diese sind sowohl im gastronomischen als auch im sozialen Bereich ausgebildet. Ziel ist eine Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt oder eine langfristig stabile Arbeitsfähigkeit im zweiten. 

zentralplus: Welche Bedeutung wird im künftigen Betrieb der Kultur beigemessen?

Marc Pfister: Das kulturelle Konzept wird zurzeit verfeinert. Die Kultur war ein integraler Bestandteil der Ausschreibung. Wir möchten das Gebäude 702 A für den Bereich Kultur nutzen. Die Idee ist, dass ein breiter Kulturbegriff realisiert und die Bevölkerung miteinbezogen wird. Nichts Pfannenfertiges soll hier angeboten werden, sondern Projekte, die sich mit «Kulturtätigen» in dieser Region entwickeln werden. Kultur kann grundsätzlich überall auf dem Areal stattfinden, im Garten, im Gebäude 702 A oder im Tramhüsli selber.

In 60 Tagen sollen 120’000 Franken gesammelt werden

Der finanzielle Support einer grossen Zahl von Tramhüsli-Sympathisanten soll ein Zeichen sein, dass private Initiative viel bewegen kann. Die Sammelaktion auf Funders dauert bis 16. Januar 2018. In 60 Tagen sollen 120’000 Franken gesammelt werden. Alle, die mit einem kleineren oder grösseren Geldbetrag mithelfen, das Tramhüsli und seine Umgebung nachhaltig zu erneuern, erhalten ein herzliches und attraktives Dankeschön.

zentralplus: Es ist ein grosser Plan, den die Stiftung Tramhüsli in privater Initiative auf dem Centralplatz realisieren will. Wie finanziert die Stiftung dieses Vorhaben?

Urs Rudolf: Die Stiftung möchte diesen Ort wieder mit Leben füllen. Der Weg dazu ist nicht einfach. Berücksichtigt man alle Ansprüche und Vorgaben, auch diejenigen der Behörden, entstehen Kosten von 1,5 Millionen Franken. Wir sind jedoch überzeugt, dass wir das Ziel der Finanzierung erreichen können. Erste Zusagen stimmen uns zuversichtlich. Die Stiftung benötigt jedoch weitere finanzielle Mittel und braucht die Unterstützung aus der Bevölkerung. In einer Sammelaktion können kleine und grössere Beträge gespendet werden – ein Zeichen der Sympathie für das Tramhüsli als Begegnungsort. (siehe Box).

zentralplus: Wie steht das offizielle Emmen zu dieser privaten Initiative der Stiftung Tramhüsli?

Susanne Truttmann, Kulturdirektorin Gemeinde Emmen: Am Centralplatz leistet die Gemeinde Emmen einen Beitrag an den Bau der Bushaltestelle. Die Kosten des Projekts Tramhüsli trägt die Stiftung Tramhüsli. Es ist die Zeit der knappen Mittel bei der Gemeinde (und beim Kanton). Darum erachte ich – erachtet auch der Gemeinderat – private Anstrengungen dieser Art als besonders wichtig und bedeutungsvoll. Die Leute, die sich in der Stiftung Tramhüsli engagieren, sind beseelt von der Überzeugung, dass dieser Ort im Kontext der Industriegeschichte eine grosse Bedeutung hatte, dass er aber auch heute und in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird. Im Projekt Tramhüsli geht die Kultur Hand in Hand mit dem gastronomischen Angebot und wird durch das soziale Projekt der IG Arbeit sichergestellt. Ich blicke erwartungsvoll auf das nächste Jahr, wo Schritt um Schritt mit den Kulturschaffenden aus Emmen und der Region in verschiedensten Sparten Projekte begleitet und möglich gemacht werden sollen.

Das Tramhüsli wurde vor dem Abriss gerettet.

Das Tramhüsli wurde vor dem Abriss gerettet.

(Bild: zvg)

zentralplus: Welches ist die Triebfeder, durch private Initiative das Tramhüsli wieder zu beleben?

Urs Rudolf: Einerseits das Tramhüsli als Zeitzeichen des Industriestandorts Emmen für die Zukunft bewahren und anderseits das Tramhüsli zu einem Treffpunkt und Kulturort des heutigen Emmen werden lassen.

Conny Frey, Präsidentin ZGE: Wir im ZGE-Vorstand waren begeistert von der Projektidee Tramhüsli. Wir sahen hier ein grosses Potenzial für eine kreative Begegnungszone. Die Idee deckt sich ziemlich genau mit dem, was in Emmen noch fehlt und was wir von der ZGE fördern möchten.

Benedikt Schneider, Einwohnerrat: Als Politiker konnte ich nicht zusehen, wie ein geschichtlich wichtiges Gebäude an diesem prominenten Platz einfach verschwindet. Die Gemeinde kann sich in der heutigen Finanzlage die Rettung und Neugestaltung des Tramhüslis nicht leisten. Umso mehr bin ich motiviert, zusammen mit der Stiftung, dem Stifter Hans Schmid und vielen Sympathisantinnen und Sympathisanten einen Begegnungsort für Emmen zu ermöglichen.

zentralplus: Wann wird das Tramhüsli in Betrieb sein? Wie sieht der Zeitplan aus?

Urs Rudolf: Das Eröffnungsspiel der Fussball-WM in Moskau werden die Emmerinnen und Emmer und andere Fussballbegeisterte auf Grossleinwand beim Tramhüsli schauen (lacht). Im Ernst: Wenn wir die Spendenziele erreichen, dürfen wir davon ausgehen, dass schon früh im nächsten Jahr mit der Bautätigkeit gestartet werden kann, sodass eine Eröffnung im Sommer 2018 realistisch ist.

Hinweis: Dieser Text ist bereits im von der Gemeinde Emmen herausgegebenen Magazin «Emmenmail» erschienen.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon