So gehen Restaurants mit der Corona-Krise um

Die kleinen Beizen geraten gehörig ins Schleudern

Die Kleinen hoffen, bald wieder aufmachen zu dürfen: Marija Bucher aus Luzern und Werner Tobler aus Hildisrieden. (Bilder: hae)

Der Lockdown hält an, Beizen bleiben zu. Das Coronavirus trifft Restaurants heftig. Schweizweit ist von Konkursen zu hören. Wie sieht es in Gastrounternehmen der Region aus? Wir haben uns umgehört.

Erste Restaurants und Ketten in der Schweiz gehen Konkurs. Etwa Vapiano, ein Unternehmen, das weltweit fast 230 Restaurants mit italienisch angehauchter Küche führt. Darunter sechs in der Schweiz. Diese sind seit letztem Donnerstag dicht. Herrscht Panik in der Branche?

«Noch nicht», sagt Reto E. Wild, Chefredaktor des Branchenmagazins «GastroJournal». Er befürchtet, dass ersten Wirten nach einem Monat Lockdown das Geld ausgeht. «Die Reise- und die Gastrobranche werden erste grosse Opfer bringen müssen, weil die Margen dort sehr klein sind.»

Ruedi Stöckli, Präsident von GastroLuzern, winkt ab. Der Beizer und Verbandboss sieht nicht schwarz. Es ist (noch) ähnlich optimistisch wie etwa die Chefs der nationalen Airline: Die Swiss hat laut «Handelszeitung» noch finanziellen Schnauf für 16 Wochen. 

«Jetzt wäre ein sehr gutes Quartal gekommen: mit Hochzeiten, Muttertag, weisser Sonntag und Firmungen.» 

Ruedi Stöckli, Präsident von GastroLuzern

Stöckli hält sich ans Sprichwort «Spare in der Zeit, so hast du in der Not». «Haben Restaurantbesitzer jetzt nicht genügend Reserven oder Angespartes, dann wird es schon hart. Denn jetzt wäre ein sehr gutes Quartal gekommen: mit Hochzeiten, Muttertag, weisser Sonntag und Firmungen.» 

Sommerferien gestrichen: Ruedi Stöckli. (Bild: zvg)

Laut dem Gastrovereinspräsidenten haben viele Betriebe einen Überbrückungskredit beantragt. Aber diese Schulden müssten irgendwann zurückbezahlt werden, wenn auch zinslos. Stöckli: «Wenn nach der Krise das Geschäft nicht so anläuft wie erhofft, kann es finanziell erst recht schwierig werden.» Und wer wisse schon, wie lange das Coronavirus noch wüte.

Stöckli selber betreibt in Meierskappel den Landgasthof Strauss. Er beschäftigt zwölf Mitarbeiter, die jetzt zu Hause bleiben und durch Kurzarbeitsentschädigung entlöhnt werden. «Take-away-Betrieb ist für uns auf dem Land keine Option; wir warten ab und hoffen, dass wir bald wieder auf Normalbetrieb gehen dürfen. Dafür werden wir jetzt die Sommerferien streichen.» 

Stöckli ist zufrieden mit dem Bundesrat

Und wie steht der Präsident von GastroLuzern zu den Entscheiden der Landesregierung? Stöckli ist der Meinung, der Bundesrat habe alles gemacht, was in seiner Macht stehe. «Maurer, Parmelin und Berset sind über der Sache gestanden und haben auf die KMU-Betriebe beruhigend gewirkt.»

So lautet der Konsens bei der zentralplus-Umfrage: Zufriedenheit mit den Mächtigen, aber Hoffnung auf baldige Lockerung des Lockdown. «Topjob des Bundesrates! Ich bin dankbar, in unserem Land zu Hause zu sein», sagt etwa Philippe Giesser von der Sinnvoll Gastro.

Entlassungen bei Remimag

Giesser sorgt sich um seine rund 200 Angestellten, die bald wieder in Restaurants wie dem «Grottino 1313» oder dem «Drei Könige» in Entlebuch arbeiten wollen. Take-away ist bei «Sinnvoll» nur zu grossen Festen geplant: «Zu Ostern werden wir die Menschen im Entlebuch, am Hasliberg und in Luzern mit einem vorbereiteten Menu beglücken.» Weiter werde es bald die beliebten Spare-ribs aus dem Ferus als Take-away-Variante in Emmenbrücke geben.

Einer der grössten Gastro-Arbeitgeber der Region ist die Remimag, die vor Corona-Ausbruch rund 800 Mitarbeitende in 27 Restaurants hatte. In Luzern betreibt sie den «Anker», die «Pfistern» und das «Opus», in Zug den «Brandenberg», das «Spago» oder das «Hafenrestaurant». Remimag-Chef Roman Eltschinger bleibt selbst in schwierigen Zeiten Optimist: «770 von uns sind in Kurzarbeit, das Kader arbeitet sporadisch.» Doch Take-away sei keine Option, weil sich das laut Eltschinger nicht rechnet.

Einige Mitarbeiter wurden bei Remimag allerdings entlassen. Aber das sei normale Fluktuation. «Niemand ging aufgrund von Corona. Wir werden danach alle wieder beschäftigen», kündigt Eltschinger an. Mehr noch: Sein Team beginne gerade in einigen Betrieben mit dem Rekrutieren für die anstehende Sommersaison.

Schlucken die Grossen nun die Kleinen?

Die Kleinen leiden da viel mehr. Etwa die Luzernerin Marija Bucher mit ihrem Hotel Schlüssel und seinen zwei Restaurants. Schon zum zweiten Mal musste sie jetzt dichtmachen. Im Mai 2018 nach einem verheerenden Brand, jetzt wegen Corona. Der erste Betriebsunterbruch dauerte 19 Monate, und sie musste ihre Finanzplanung revidieren.

Bucher startete im Dezember 2019 wieder durch: «Wir hatten drei gesunde Monate, und ich habe vernünftig gewirtschaftet, weshalb es dem Betrieb im Moment gut geht. Noch.» Mit dem zunehmenden Ausbleiben der Asiaten hat sie ihr Team frühzeitig abgespeckt und selber viel gearbeitet. Derzeit ist Buchers Team nur siebenköpfig, und auch auf Kurzarbeit. 

«Ich fürchte, dass wir in den nächsten Wochen so etwas wie das Tante-Emma-Lädeli-Sterben in der Gastronomie erleben werden.»

Marija Bucher, «Schlüssel»-Gastgeberin

Was Marija Bucher Sorgen macht: Die Überlebensfähigkeit ihrer Unternehmung hängt nun wieder von Dritten ab. «Ich fürchte, dass wir in den nächsten Wochen so etwas wie das Tante-Emma-Lädeli-Sterben in der Gastronomie erleben werden. Die Grossen werden dann die kleinen Häuser übernehmen, die rentabel weitergeführt werden können.»  

Take-away ist für die «Schlüssel»-Gastgeberin keine Option. Sie ist der Meinung, dass die Leute möglichst zuhause bleiben sollen. Geld vom Staat will sie sich nicht ausleihen. «Die Überbrückungskredite sind zwar gut gemeint, aber das Ganze ist nicht zu Ende gedacht. Wie soll ich die zurückzahlen?»

In der Luzerner «Jazzkantine» sieht es laut Sylvan Müller momentan nicht schlecht aus: «Wir haben im vergangenen Jahr gut gearbeitet. Gerne hätten wir das verdiente Geld natürlich anders investiert …» Geschäftsführer Müller beschäftigt knapp 20 Mitarbeiter, die meisten davon im Stundenlohn. «Wir haben die Mitarbeiter auf Kurzarbeit gesetzt, wollen auch alle weiterhin beschäftigen.» 

«Jazzkantine» vermittelt Produkte der Lieferanten

Take-away ist für ihn kein Thema, aber Müller konzentriert sich auf eine Aufgabe, die ihm auch bei geöffnetem Betrieb am Herzen liegt: «Wir wollen für unsere Lieferanten aus der Umgebung da sein und ihre Vertriebsnetze aufrechterhalten. Ihre gesunden und frischen Produkte sollen vermittelt und unsere Gäste motiviert werden, so die «Jazzkantine» nach Hause zu holen. Frei nach dem Motto: Jetzt müsst ihr selber kochen, aber gscheit!»

Take-away-Produkte von Werner Tobler in Hildisrieden. (Bild: zvg)

Da setzt auch eine One-Man-Show in Hildisrieden an: Werner Tobler wirbelt in seiner Küche des «Bacchus Bistro & Genussmanufaktur». Er und seine Partnerin Uschi Frapolli «schmeissen weiterhin den Laden», wie er sagt. Die Kunden kommen einzeln an die Corona-konform mit Plexiglas geschützte Theke und kaufen von Mittwoch bis Samstag «viel Feines für zuhause zum Warmmachen und Geniessen». Bekannt sind im Bacchus die Lasagne, G’Hackets mit Hörnli oder Kalbsbäggli sowie seine Quiche Lorraine.

«Vielleicht wird sich die Wertschätzung des guten und gesunden Regionalen in die Köpfe der Konsumenten brennen …»

Werner Tobler, Bistro Bacchus

Werner Tobler sagt, er sei derzeit froh, dass sein Betrieb klein sei. Der stets kurz Angebundene beendet das Gespräch, weil er dringend zurück in die Küche muss. Doch er schickt noch einen frommen Wunsch hintendrein: «Vielleicht wird sich die Wertschätzung des guten und gesunden Regionalen nun definitiv in die Köpfe der Konsumenten brennen …»

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