Störung für Flora und Fauna

Dicke Luft um Krienser Laubbläser

Auch die Stadt Luzern setzt Laubbläser ein – greift aber bei ökologisch wertvollen Flächen zum Rechen oder Besen. (Bild: zvg)

Im Herbst dröhnt es wieder auf den öffentlichen Wegen. Um das nasse Laub effizient wegzuräumen, werden häufig Laubbläser eingesetzt. So auch auf den Krienser Wanderwegen. Dies kommt nicht bei allen gut an.

Die bunten Blätter im Herbst machen sich ganz schön an den Bäumen. Sobald sie jedoch fallen, werden sie für die öffentliche Verwaltung zum Dorn im Auge. Auf natürlichem Boden werden die Blätter abgebaut – auf Kies oder Betonböden jedoch nicht.

Lässt man da das Laub liegen, wird es mit der Zeit zu einer glitschigen Masse. Die wiederum kann zum Sicherheitsrisiko werden. Gerade die Kombination steile Wanderwege und Nässe erhöht die Sturzgefahr massiv.

Sicherheit für Menschen sei wichtiger

Die Stadt Kriens setzt beim Unterhalt der offiziellen Wanderwege deshalb auf Laubbläser. Diese seien die effizienteste Methode, um die vielen Wegabschnitte innert kurzer Zeit bewältigen zu können, schreibt die Stadt Kriens in der November-Ausgabe von «kriens info».

Es sei ihnen zwar bewusst, dass die Laubbläser ein «Eingriff in die Natur» sei, der nicht von allen gutgeheissen werde. Egal welche Methode die Werkdienste der Gemeinden zur Laubbekämpfung einsetzen, es hagelt dafür Kritik (zentralplus berichtete). «Bei der Interessenabwägung aber wird Sicherheit für die Menschen höher gewichtet», kommentiert die Stadt ihren Entscheid im Gemeindeblatt.

«Ich denke, dass man den Wanderern zumuten kann, dass sie sich mit entsprechender Wandermontur wie gutem Schuhwerk und Stöcken gut ausrüsten.»

José Gabriel, erfahrener Jäger und privater Waldbesitzer

Um die negativen Auswirkungen möglichst gering zu halten, achtet der Werkunterhalt darauf, die Arbeiten zu einem «möglichst günstigen Zeitpunkt» durchzuführen. «Das frische Laub wird im Herbst bewusst auf den Wanderwegen belassen und erst im Verlaufe des Winters oder Frühlings aus den geschotterten Wegen weggeräumt», schreibt Informationsbeauftragter Benedikt Anderes auf Anfrage.

Weiter beherzigt man auch die Witterung: Etwa bei Schneefall, Regen oder starkem Wind seien die Arbeiten nicht sinnvoll.

Störung für Tiere aller Art

Gemäss dem kantonalen Amt für Landwirtschaft und Wald (Lawa) sind Laubbläser «eine Störung für viele Kleinstlebewesen und Insekten, die sich im Laub zurückziehen», wie Rico Hergert, der Fachbearbeiter Waldbiodiversität, auf Anfrage mitteilt.

Das bestätigt auch Samuel Furrer, Geschäftsführer des Fachbereichs Wildtiere beim schweizerischen Tierschutz. «Durch die Luftstösse werden Kleintiere wie Spinnen und Insekten herumgewirbelt, wodurch sie verletzt werden oder sterben.»

Zudem hätten die Geräte nicht nur einen negativen Einfluss auf die Tiere: «Wird die Blattschicht vom natürlichen Boden entfernt, trocknet der Boden im Winter eher aus und kann die Blätter nicht als Nährstoff aufnehmen.»

«Mit Blick auf die Tiere muss man festhalten, dass ein vorbeibrausender Biker im Wald für ein Tier mehr Stress bedeutet, weil es erschrickt und dies den Fluchtinstinkt weckt.»

Benedikt Anderes, Informationsbeauftragter Stadt Kriens

Der Einsatz von Laubbläsern sei für das Lawa jedoch vertretbar. Da sich deren Einsatz in Kriens auf Wanderwege beschränke, gäbe es jenseits der Pfade noch genügend andere Rückzugsmöglichkeiten.

Lärmbelästigung für Anwohner und Wanderer

Ein weiterer, oft beanstandeter Kritikpunkt ist der Lärm. Benzinbetriebene Geräte erreichen gemäss Angaben des Bundesamts für Umwelt etwa so laute Werte wie ein Rockkonzert – bis zu 115 Dezibel. Dessen ist sich auch der Werkunterhalt der Stadt Kriens bewusst. Im Krienser Siedlungsraum – wie beispielsweise dem Bellpark – setze man deshalb vorwiegend die leiseren elektrobetriebenen Laubbläser ein.

Bei den Wanderwegen setzt man jedoch auf Benzinmotoren. Die Elektrogeräte seien für grössere Einsatzgebiete schlicht zu wenig leistungsstark. Auch sei deren Akku nicht lange haltbar, weshalb diese oft wieder aufgeladen werden müssten, wie die Stadt Kriens schreibt.

Nicht nur Menschen werden durch den Lärm gestört. Der «plötzliche Lärm schreckt die Wildtiere auf und sie flüchten», so Rico Hergert vom Lawa. Der Einsatz der Laubbläser beschränkt sich auf den Tag. Da Wildtiere die Wanderwege bei Tageslicht zumeist meiden, sehe das Lawa hier keinen Handlungsbedarf.

Diese Einschätzung teilt der erfahrene Jäger und private Waldbesitzer José Gabriel: «Rein jagdlich gesehen halte ich die Laubbläser für kein grosses Problem. Die Aktivitäten begrenzen sich auf wenige Tage im Herbst. Die Wildtiere in unmittelbarer Nähe verziehen sich durch den Lärm. Tagsüber meidet das Wild die Wanderwege sowieso.»

Auch die Stadt Kriens sieht die Gefahr für Rehe woanders: «Mit Blick auf die Tiere muss man festhalten, dass ein vorbeibrausender Biker im Wald für ein Tier mehr Stress bedeutet, weil es erschrickt und dies den Fluchtinstinkt weckt. Den Laubbläser hingegen hört ein Tier von Weitem und kann sich frühzeitig abwenden.»

Braucht es Laubbläser grundsätzlich?

Also alles halb so wild? Jein, denn für Samuel Furrer gäbe es Alternativen, mit denen die negativen Auswirkungen wie Abgase, Aufwirbeln von Schmutz und Viren und Lärm passé wären: «Einerseits gibt es auch manuelle Methoden wie Rechen oder Besen. Andererseits wäre es an einigen Stellen sicher auch möglich, Wischmaschinen einzusetzen.» Zudem sollten an mehreren Stellen Laubhaufen über den Winter belassen werden, ergänzt Furrer.

Auch für Jäger José Gabriel stellt sich die Frage, ob es die Maschinen grundsätzlich braucht: «Ich denke, dass man den Wanderern zumuten kann, dass sie sich mit entsprechender Wandermontur wie gutem Schuhwerk und Stöcken gut ausrüsten. Dann könnte man problemlos auf den Einsatz der Laubbläser verzichten.»

Eine Alternative wäre für Gabriel der Einsatz von Informationstafeln. Bei Treppen in Hanglagen weise die Stadt im Winter jeweils auf den verzögerten Unterhalt der Wege hin. «Dann weiss jeder, dass Vorsicht geboten ist.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Jürg
    Jürg, 09.11.2021, 08:53 Uhr

    Allen, welche hier fordern, wieder mit Rechen und Besen arbeiten zu müssen emofehle ich, sich solcher Werkzeuge zu bedienen, und sich SUBITO ans Werk zu machen !!!!!!!

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    • Profilfoto von Volpone
      Volpone, 09.11.2021, 17:42 Uhr

      … es geht um den Einsatz von Laubbläsern auf WANDERWEGEN. Wege in der Natur müssen behördlich verordnet freigeblasen werden, damit man «ungestört» und unfallfrei wandern kann. Genauso gut könnte der Werkdienst auch bei jedem Schneefall ausrücken, um die selben Wanderwege subito schneefrei zu machen. Absurd!
      Aber nachdem man immer mehr Wanderwege mit Kies überdeckt, damit ja keine Wurzeln und sonstige Unebenheiten vorhanden sind, man somit auch mit Turnschuhen und Flip-Flops laufen kann, ist der Einsatz von Laubbläsern folgerichtig.
      … und, die Gemeinde Kriens hat wohl keine finanziellen Probleme, wenn sie sich derartige unnütze Einsätze leisten kann?
      … ich frage mich zudem, ob die Wanderwege Luzern diesen Irrsinn unterstützen?

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