Neue Anbaufläche so gross wie zwei Fussballfelder

Das Tropenhaus in Wolhusen hat Expansionsgelüste

Chef am Herd im Wolhuser Tropenhaus: Gourmetkoch Daniele Tortomasi. (Bild: hae)

Das Tropenhaus in Wolhusen ist nach turbulenten Monaten wieder geöffnet. Das Team ist mit einer neuen Strategie, einem ambitiösen Sternekoch und viel jugendlicher Dynamik am Werk. Und es hat Ausbaupläne.

Aussen sind es die gewaltigen geschwungenen Treibhäuser, die in
der schönen Landschaft oberhalb von Wolhusen stehen. Drinnen, im tropisch-düppigen Klima, gedeihen exotische Pflanzen und Bäume. Alles wie gehabt also?

Jein. Wer nach dem Eingang einen Blick in die Küche wirft, dem fällt die Geschäftigkeit auf. Mittendrin steht Küchenchef Daniele Tortomasi und richtet mit der Pinzette einen Teller an. Womöglich ist es gerade der Kaviar, den der Chef vom Tropenhaus in Frutigen BE bezieht und über den er sagt, er könne locker mit den Topkaviaren der Welt mithalten. Vielleicht sind es die mexikanischen Pfefferblattstängel, die zusammen mit einer
Buttermilch-Nage auch zu diesem Gang gehören.

Mit seiner Küche will Tortomasi den Gästen ein «einzigartiges Geschmacks-
erlebnis» bieten. Er verwendet Früchte und Gemüse, die den Menüs eine spezielle Note verleihen. Zum Beispiel? «Mit dem Eiskristallkraut und seiner unfassbaren Frische wird jeder Salat aufgepeppt.»

Unfassbar: Daniele Tortomasi liebt dieses Adjektiv und verwendet es oft, wenn er über die Zutaten spricht und von den Produkten schwärmt. «Oder die gelbe Gurke, die nach Zitrone schmeckt und dem Gurkensalat eine unfassbar aufregende Note verleiht.»

Der Küchenchef hat ein hohes Ziel

Es sind alles Produkte, die dazu dienen, das Tropenhaus-Restaurant mit dem schwungvollen Namen «The Nucleus» in einem neuen Licht erstrahlen zu lassen. Tortomasi, mit seinen 26 Jahren bereits mit 16 Gault-Millau-Punkten und einem Michelin-Stern dekoriert, möchte sein Restaurant «zu einem kulinarischen Leuchtturm der Schweiz» machen.

Was das konkret heisst, sagt er gleich selber: «In den kommenden Jahren wollen wir auf allen wichtigen Listen als eines der besten Restaurants der Schweiz figurieren.»

Ist das nicht etwas gar ambitiös, Herr Tortomasi? «Nein! In diesem Haus gibt es so viel Potential. Ich bin überzeugt, dass wir ein kulinarisches Aushängeschild der Schweiz werden.» Schon heute sei das «Nucleus» eine Topadresse, ergänzt er.

Mit einem Hauch von Ferien: Essen unter Palmen im Tropenhaus. (Archivbild: hae)

Neu wird auf Kultur- und Wildpflanzen gesetzt

Mittags – dann ist das Restaurant für alle offen – «servieren wir den wohl besten Riz Casimir der Schweiz und einen unfassbar leckeren Wildkräutersalat. Und ich würde auch behaupten, dass wir beim Lachs-Tartar zusammen mit dem Avocadodip konkurrenzlos sind.»

Der Küchenchef reicht auch gleich die Erklärung nach, weshalb das so sei: «Unsere Mango oder Avocado fliegt nicht um die halbe Welt – sie wächst direkt bei uns.» Und ergänzt: «Welcher Koch kann schon inmitten tropischer Wälder sein Gemüse oder Obst so frisch und in so reiner, perfekter Form direkt vom Baum oder vom Feld holen wie wir?» 

Daniele Tortomasi willim Tropenhaus-Restaurant ein einzigartiges kulinarisches Erlebnis bieten. (Bild: zvg)

Mit dem Neustart des Hauses ist dieses Plus, exotische Früchte direkt vor Ort ernten zu können, noch wichtiger geworden. Das Tropenhaus-Team will auf eine nachhaltige Landnutzung setzen. Auf mehreren Etagen werden inskünftig Kultur- und Wildpflanzen produziert. Hier zeigt sich auch die Handschrift von Gregor Vörös, der bereits im Kräuterhotel Edelweiss auf der Rigi erfolgreich auf Naturküche setzt.

Perfektion, Nostalgie, Ehrgeiz

Wenn er seine Küche mit drei Stichworten beschreiben müsste, dann würde Daniele Tortomasi die Begriffe Perfektion, Nostalgie und Ehrgeiz wählen. Jemand, der nichts anderes sein möchte als der beste Küchenchef, braucht weder Ehrgeiz zu erklären noch Perfektion. Aber Nostalgie?

«Ich versuche Gerichte zu entwickeln, die zwar jeder kennt, die bei uns im Restaurant aber ein völlig neues und überraschendes Erlebnis bringen.» Als Beispiel nennt er die Bratkartoffel. Er zerlege sie in ihre Grundbestandteile, bearbeite sie und schaffe einen Schaum, der ein komplett neues Geschmackserlebnis biete. «Auf diese Weise erinnert man sich zwar an Bekanntes, erfährt aber Neues.»

Im Tropenhaus zeichnet sich die Küche durch viel Liebe zum Detail aus. (zvg)

Hätte Tortomasi einen vierten Begriff frei, so wäre es wohl die Kreativität. Denn wer würde schon erwarten, dass auf einem Desserteller zwei Oliven liegen, die beim Draufbeissen nicht nach Oliven schmecken – weil sie mit einem Apfel-Fenchel-Sud gefüllt sind? Eben.

Und mit welchen drei Begriffen würde Matthias Bargetzi (28) sich als Gastgeber umschreiben? Bargetzi, der die Hotelfachschule in Luzern absolviert hat, hat sich «der Ehrlichkeit gegenüber dem Gast verschrieben, verknüpft mit Spontaneität». Zudem wollen er und sein Team den Gast «mit jugendlicher Dynamik begeistern, um ihm ein anderes Gourmeterlebnis zu garantieren». Dezent präsent will Bargetzi sein, mit einem perfekten, ehrlichen Produkt.

Das Küchenteam wird verdoppelt, die Anbaufläche vergrössert

Im «Nucleus» werden über Mittag gut-bürgerliche, zahlbare Gerichte serviert, die mit Zutaten aus eigener Tropenhaus-Produktion veredelt sind. Auch diese Speisen sollen perfekt und gut sein, sagt der Chef, aber: «Da gehen wir nicht mit der Pinzette ran.» Abends ist das Restaurant hingegen das Ziel von Gourmets aus der Schweiz und dem Ausland. Daniele Tortomasi bringt die Philosophie auf den Punkt: «Abends ist es eine komplett andere Welt. Dann wollen wir verführen und verwöhnen, die Sinne wecken und überraschen.»

Dass ein solches Essen mit sechs und mehr Gängen seinen Preis hat, liegt auf der Hand. Dafür erhält der Gast mindestens drei Stunden Gourmetgenuss, umgeben von vielen tropischen Pflanzen.
Damit Tortomasi und Bargetzi ihr hoch-gestecktes Ziel erreichen, soll das
Küchenteam von derzeit drei Leuten verdoppelt werden.

Ab kommendem Jahr wollen die Tropenhaus-Betreiber zudem noch zwei Hektaren Land rund ums Tropenhaus dazupachten. So können sie all das anpflanzen, was in einer gemässigten Zone wächst. Damit das Essen im «Nucleus» noch spannender, perfekter und überraschender wird.

Text: Robert Bösiger

Das Dschungel-Flair im Tropenhaus Wolhusen hat die Besucher schon immer fasziniert. (Archivbild: Emanuel Ammon)
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