Es funkelt und strahlt: Das Panorama von Luzern vom KKL aus. (Bild: naf)
Licht in jeder Strasse? Mitnichten. Zig Gassen, Strassen und Pärke Luzerns liegen nachts im Dunkeln. zentralplus hat einen Spaziergang durch die Stadt unternommen, um zu sehen, welche Strassenzüge einer Erleuchtung bedürften.
Im Januar ergreifen Schatten die Macht über Luzern. In der Adventszeit beherrschen farbenfrohe Weihnachtsbeleuchtungen die Trottoirs und Fussgängerzonen. Zu Beginn des neuen Jahres lässt das Lichtfestival Lilu Luzern erstrahlen.
Doch dieses ist vor wenigen Tagen zu Ende gegangen (zentralplus berichtete). Einzig die Strassenlaternen kämpfen nun gegen die Finsternis. Nicht überall vermögen sie das winterliche Dunkel in seine Schranken zu weisen. Vielen Luzernern dürfte auf dem mondbeschienenen Heimweg deshalb ab und an mulmig zumute sein. Ein Augenschein, wo Lichtschein Mangelware ist.
Weiterlesen, sonst verpasst du:
welche Strassenzüge in Luzern im Dunkeln liegen
wo schlafende Enten zur Stolperfalle werden
wie es in den Luzerner Hinterhöfen aussieht
Bei der Lukaskirche fängt es an
Der Streifzug beginnt beim Vögeligärtli. Dort befindet sich die Lukaskirche. Im Inneren der Kirche wird Gläubigen Erleuchtung versprochen, auf dem Vorplatz besticht das Gotteshaus mit Düsternis. Ob die Beleuchtung absichtlich so gewählt wurde, um das Kreuz im Eingang besser in Szene zu setzen, bleibt ungewiss.
Ein kurzer Abstecher führt hinauf zum Pilatusplatz. Auf der viel befahrenen Kreuzung drängt sich der Verkehr dicht an dicht. Es ist laut, Abgaswolken hängen in der Luft. Wenige Meter abseits des Verkehrs legen sich die Russpartikel auf die alte Spitalmühle und ihr Nebenhaus. Dort findet sich der nächste Ort, dessen Szenerie einzig durch ein Gemisch aus Kontrasten und Konturen geprägt ist.
An diesem Platz funkeln Wodkaflaschen
Die Bauprofile für das geplante Hochhaus und zahlreiche Sträucher schlucken jeglichen Lichtstrahl, welcher die drei Bänke rund um das Brunnenloch neben dem kleineren Fachwerkhaus erhellen könnten. Von Zeit zu Zeit schlägt sich das Scheinwerferlicht eines Autos durch das Dickicht und bricht sich im weissen Glas herumliegender Wodkaflaschen.
Kein Ort, der zum Verweilen einlädt. Weiter geht es die Pilatusstrasse entlang Richtung Bahnhof. Auf dem Weg fällt der Blick in die Winkelriedstrasse. Dort treibt ein Kandelaber seit Wochen sein Spiel mit den Schatten. Manchmal brennt er gar nicht, manchmal flackert er wild. In einem anderen Leben hätte er wohl gerne eine Karriere als Stroboskop-Licht in einer Disco angestrebt (zentralplus berichtete). Epileptiker machen besser kehrt.
Vor dem KKL lauert eine Falle
Dass es auch anders geht, zeigt der Bahnhof. Hier können selbst um Mitternacht die Fenster geputzt werden – keine Schliere bleibt unbemerkt. Der Platz unmittelbar vor dem Eingang des KKL ist ebenso von Licht überflutet, dieses gelangt aber kaum über den künstlichen Teich hinüber zum äusseren Gehweg.
Schlafende Enten verkommen auf den Holzplanken zu gefiederten Stolperfallen. Zum Wohle der Fauna gilt: Lieber eine andere Route wählen. Die Tiere scheinen indes von der Natur mit einem schlechten Gehör gesegnet zu sein. Das Dunkel zieht allerhand Schattengestalten an, die hier zum Takt scheppernder Musik die letzten Stunden des Tages begiessen.
Die Lichter der Stadt vom Inseli aus
Langsam findet die Kälte ihren Weg in die Knochen. Zeit, die nächsten Schritte zu tun, hin zum Inseli. Der kleine Park macht sich mit seinem spärlichen Beleuchtungskonzept seit langem einen Namen (zentralplus berichtete). Einzelne Laternen bieten ausgewählten Parkbänken Gesellschaft. Ein Grossteil des Areals versinkt dennoch im Nichts der Nacht.
Immerhin: dank der schummrigen Stimmung imponiert die strahlende Silhouette der Stadt auf der anderen Seite des Seebeckens um so mehr.
Ungesehener Badespass in der Ufschötti
Über den Fusssteg geht es zur Ufschötti. Dort zeigt sich, dass es beim Inseli auch anders ginge. Die grossen Rasenflächen liegen zwar ebenso in Finsternis, doch wenigstens die Gehwege sind konsequent ausgestrahlt. Wer Eichhörnchen beim nächtlichen Toilettengang zusehen will, findet hier Gelegenheit. Zwei Eisschwimmer nutzen die Gunst der Stunde, ihrer Passion ohne Badehosen nachzugehen.
Durch Quartierstrassen geht es hinüber zur Tribschenstrasse. Zwischen den Wohnblocks dominiert der schwache Schein gelber Laternen. Wird es düster, schärfen sich die anderen Sinne. Die Klänge einer Guugemusig, die irgendwo in der Nähe des Treibhauses übt, erbringen dafür den Beweis. Den schiefen Tönen nach zu urteilen, geht die Gruppe unter dem Motto Katzenschreck an die Fasnacht.
Rund um die Langensandbrücke
An der Tribschenstrasse angelangt, führt der Spaziergang zurück in die Neustadt. Nach Links abschweifend, finden die Augen in der Weinberglistrasse den nächsten Flecken, an welchem zum Wohle der Verkehrssicherheit besser eine zusätzliche Leuchte platziert würde. Inmitten des schwarzen Abschnitts ist ein Fussgängerstreifen. Dieser ist zwar unbrauchbar – er führt wegen einer Baustelle ins Leere. Irritierend ist das Strassenbild jedoch allemal.
In den Hinterhöfen auf dieser Seite der Langensandbrücke sagen sich Ratte und Fuchs gute Nacht. Unvermittelt münden Trottoirs in schwarze Löcher. Vereinzelt strahlen Glühbirnen in Eingangsbereichen. Was darum herum liegt, kann meist nur die Fantasie erhellen.
In der Neustadt das gleiche Bild
Die Gleise überquert, liegt zur linken Seite das brachliegende Areal zwischen Bahndepot und Bundesplatz. Guten Glücks verirren sich dahin nur hungrige Katzen auf der Suche nach einem abendlichen Imbiss – mit ihren Augen können sie dort mehr ausmachen als wir Menschen.
Zurück im Neustadtquartier: Von den Strassen aus sind zahlreiche Hinterhöfe auszumachen, welche Anwohner hoffentlich schon lange kennen. Wer in diesen nicht blind seinen Weg findet, läuft Gefahr, entweder in einen Baum oder ein Auto zu knallen. Selbst beim Vorbeigehen an diesen vermeintlichen Abgründen stellt sich ein unbehagliches Gefühl ein.
Keine abschliessende Aufzählung
Der letzte Ort, der auf unserem Rundgang mit schlechter Sicht besticht, ist die Murbacherstrasse. Zwei Abfallsäcke, in Szene gesetzt von Neonröhren im Inneren eines Schaufensters, warten beharrlich auf die Güselabfuhr. Auf der anderen Seite der Nebenstrasse sind Fussgänger wie Velofahrer gut damit beraten, ein eigenes Licht mitzubringen.
Über die Winkelried- und Hirschmattstrasse endet unser Streifzug, wo er begonnen hat: im Vögeligärtli. Die Augen sind müde, die Beine schlapp – das Bett ruft. Der kleine Rundgang hat diverse Stellen in Luzern offenbart, an denen sich viele Nachts wohl nur ungern aufhalten. Vollständig ist diese kleine Liste solcher Flecken nicht.
Auf einer digitalen Karte von zentralplus, dem Recherchenetzwerk Correctiv und der Hochschule Luzern sind weitere Orte eingetragen, an welchen sich Luzerner im Dunkeln nicht sicher fühlen. Die Karte zeigt sichtbare wie auch unsichtbare Barrieren in der Stadt (zentralplus berichtete).
Nathan Affentranger ist seit März 2024 Praktikant bei zentralplus. Er hat einen Entlebucher Dialekt, eine Antipathie für Beamtensprache und ein Masterdiplom in Philosophie. Am liebsten schreibt er über die kleinen Absurditäten des Alltags.