Crowdfunding ist die letzte Hoffnung

Das letzte Landkino im Kanton Luzern steht vor Aus

Dank der Unterstützung aus der Bevölkerung hat Beat Bossert wieder neue Hoffnung geschöpft. (Bild: Anja Glover)

Beat alias Gämsi Bossert führt seit 22 Jahren das Landkino in Willisau. In seiner Kino-Karriere musste er einige Rückschläge einstecken. Doch keiner war so gross wie Corona. Als Bossert die Hoffnung schon aufgegeben hatte, setzte die Willisauer Bevölkerung ein ganz starkes Zeichen.

Beat Bossert steht vor seinem Kino in Willisau und zieht die Schultern hoch: «Ich hatte immer damit gerechnet, dass dieses Kino irgendwann eingehen würde, aber auf ein solches Ende war ich nicht gefasst», sagt der 55-Jährige.

Er ist im Kino aufgewachsen, hat mit dem Bauchnabelkiosk Glacés verkauft und die Billette abgezupft. Bossert hatte das letzte Landkino im Kanton Luzern vor 22 Jahren von seinem Vater Xavier Bossert übernommen mit der Hoffnung, gewisse Dinge verändern zu können.

«Ich wusste immer, dass die Kinobranche vom Aussterben bedroht ist», so Bossert. Einige Jahre vor seiner Übernahme hatte sein Vater sein Kino in Willisau nur deshalb behalten können, weil er es verkleinert hatte.

Der Betrieb hatte sich «gesund geschrumpft»

Von den 170 Sitzplätzen blieben nur noch 61. Die Videokassetten und DVDs waren zu einer Konkurrenz geworden. «Ich persönlich hatte damals keinen Fernseher und ging einfach dreimal pro Woche ins Kino. Ich hatte irgendwie das Gefühl, ich könnte es in die Zukunft bringen. So wie es auch in anderen Kulturen und Ländern bestehen bleibt.»

Er änderte den Namen von «Mohren» auf «cinebar». «Der alte Name war nicht zeitgerecht und ich fand ihn daneben», sagt Bossert. Auch habe er mit dem Image als «Porno-Kino» zu kämpfen gehabt. «Das wollte ich nicht mehr, mein Publikum sollte ein anderes sein, ich lieh auch keine «scharfen» Filme aus, obwohl ich oft danach gefragt wurde.»

Und dann kam Corona

Im Frühling 2020 während dem Lockdown wurde es schwierig. «Aber irgendwie konnte ich das akzeptieren. Die Gesundheit ging für mich vor, und ich hatte ja genügend Dinge zu erledigen.»

Im Juni durfte er sein Kino dann wieder öffnen, aber wer geht im Sommer ins Kino? Wenige kamen, manchmal sei der ganze Saal leer geblieben. Nach den Sommerferien ging es wieder etwas einfacher. «Doch nach den Herbstferien war es vorbei. Seither sind die Sitze leer. Ich bezahlte die Kosten von meinem Ersparten, aber davon ist jetzt nichts mehr übrig. Die Filme musste ich trotzdem bezahlen, und ich konnte auch nicht mehr die ganz neuen Filme einkaufen.»

Vor der Schliessung vor ein paar Wochen wurde er von jemandem auf das Crowdfunding aufmerksam gemacht. «Ich habe mich dazu entschieden, eine Kampagne zu starten. Ohne grosse Vorahnung. Ich brauchte etwas Unterstützung und brauchte drei Wochen, bis die Kampagne online war», so Bossert. Die Kampagne hat sich im Hinterland schnell herumgesprochen und nach nur drei Tagen sind bereits über 30'000 Franken zusammengekommen.

Ein erfolgreiches Crowdfunding

«Was, schon 35'000?», fragt Beat Bossert überrascht. «Ich hätte nicht mit so viel Unterstützung gerechnet, ich hatte nie gedacht, dass das so einschlägt. Das motiviert mich auch, weiterzumachen. Zeitweise glaubte ich, dass das Kino ein Auslaufmodell ist.»

Damit könne er jetzt den Verlust bis im Frühling decken. Wie es weitergehe, sei noch ungewiss. Für die Kinobranche falle mit dem Winter die Hauptsaison aus. Beat Bossert gehört zum Kino, wie das Kino zu Willisau gehört. Für die Zukunft wünscht sich offenbar nicht nur Beat Bossert, sondern auch die bisher knapp 300 Unterstützenden, dass dem so bleibt.

«Mein Ziel war es immer, das Mögliche zu probieren», erklärt Bossert. Er habe sich damals nicht zu sehr unter Druck setzen lassen: «Ich würde mein Bestes geben, aber das Kino sollte mich nicht auffressen.» Das ist auch seine heutige Überzeugung: Wenn Corona das Ende für das Landkino bedeutet, dann ist es so. «Ich lebe auch ohne Kino weiter, der Schaden wäre für die Region und die Kulturbranche wahrscheinlich grösser als für mich. Wir haben in Willisau das letzte Landkino.»

Ein steiniger Weg

Das Kino Willisau öffnete seine Türen zum ersten Mal im Jahr 1947. Dass es bis heute bestehen bleibt, hat die Region vor allem Beats grossem Engagement zu verdanken. «Bis 2011 arbeitete ich als Pflegefachmann nebenbei, danach rannte ich ins Kino, eröffnete und arbeitete weiter. Die ersten zehn Jahre arbeitete ich 140–150 Prozent.» Im Jahr 2011 gewann Beat Bossert den Kulturpreis «Querkopf».

Die Corona-Pandemie stürzte Beat Bossert in die finanzielle Krise. (Bild: Anja Glover)
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