«Das Ausmass an Vandalismus ist in Luzern exorbitant»
Ein Leserreporter stört sich ob der vielen FCL-basierten Graffitis in der Stadt Luzern, hier in der Neustadt. (Bild: Leserreporter)
Luzern hat ein zunehmendes Problem mit Sprayereien. Gemäss einem Leserreporter ist das Problem grösser als in anderen Regionen der Schweiz. Die Beseitigung der Graffitis kostet die Steuerzahler dabei eine schöne Stange Geld.
Es geht ums Ganze – um Grundsätze von Recht und Ordnung. So die Meinung eines Leserreporters von zentralplus. Die ganze Stadt Luzern, insbesondere die Neustadt, sei mit Graffitis, Schriftzügen sowie Klebern überzogen, während sich die öffentliche Hand und die Polizei in Passivität üben würden. «Das kann es doch nicht sein», schimpft er.
Der Leserreporter, der anonym bleiben möchte, nimmt vor allem Anstoss an Schmierereien von FCL-Anhängern. Er spricht von einer «massiven Zunahme», einer «Verschandelung» des öffentlichen Raums. Manchmal seien es Graffitis, in anderen Fällen Kleber oder sogenannte Taggs – kleine, mit Filzstift gezeichnete Schriftzüge.
«Bald sieht es hier so aus wie an der Langstrasse»
«Es bleibt einfach ohne Folgen. Bald sieht es hier überall so aus wie an der Langstrasse in Zürich», führt der Leserreporter aus. Dazu kämen Graffitis entlang von Strassen im ganzen Kanton. «Ich komme beruflich viel in der Schweiz herum. Im Vergleich zu anderen Orten ist das Ausmass an Vandalismus exorbitant.»
Er habe diesbezüglich schon mehrere Anfragen beim Kanton wie auch der Polizei platziert. Doch: «Auch mehrmaliges Nachhaken bewirkte kaum etwas.»
Stadt stellt Zunahme fest
Ist die Situation wirklich so schlimm? Und was machen die Behörden? zentralplus hat nachgefragt.
Christian Wandeler, Leiter der Stelle für Sicherheitsmanagement der Stadt Luzern, bestätigt den Eindruck des Leserreporters. Sie hätten in den vergangenen Jahren ebenfalls eine Zunahme von gewissen Schmierereien festgestellt.
Die Stadt bietet an mehreren Wänden legale Möglichkeiten für Graffitis (zentralplus berichtete). Dies helfe, so Wandeler, Sprayereien auf die legalen Plätze zu verlagern. «Leider hat das aber keine Wirkung auf die Tagg-Aktivitäten», wie er erklärt. Im Übrigen engagiere sich die Stadt beim Verein Sprayfrei, der sich auf die schnelle Entfernung von Graffitis spezialisiert. Dieser wurde 2007 in Zusammenarbeit mit der Luzerner Malerbranche gegründet.
150’000 Franken für Beseitigung
Das Engagement der Stadt bestätigt Benedikt Bucher, Leiter des städtischen Ressorts Betrieb und Strassenunterhalt. Jährlich gebe das Strasseninspektorat ungefähr 150’000 Franken für die Beseitigung von Vandalismus aus.
Die Stadt unterhält seit 2021 das sogenannte Anti-Graffiti-Team. Sobald eine Meldung über eine Schmiererei eingeht, prüft das Team, ob es sich um ein Graffiti mit rassistischem, sexistischem oder diskriminierendem Inhalt handelt. «Falls dem so ist, werden die Graffitis so schnell wie möglich entfernt», sagt Bucher.
Strasseninspektorat greift nicht zur Sprühdose
Ist der Farbfleck harmloserer Natur, würden die Meldungen gesammelt und zu einem späteren Zeitpunkt gebietsweise gereinigt. Graffitis und Taggs zum Thema FCL fallen wohl in diese zweite Kategorie. Der Reinigungsaufwand beläuft sich gemäss Bucher dabei je nach Grösse des Objekts auf jeweils etwa 30 bis 45 Minuten.
Von einem Vorgehen wie demjenigen des Zuger Werkdienstes schaue das Luzerner Strasseninspektorat derweil ab, wie dessen Leiter, Bernhard Kuhn, auf Anfrage sagt. In Zug übermalen Arbeiter des Werkdienstes Graffitis neuerdings mit eigenen Schablonen, anstatt diese wegzuputzen (zentralplus berichtete). «Wir sind jedoch offen dafür, konkrete Anfragen und gute Projekte zu prüfen», sagt Kuhn.
Kriminalstatistik zeichnet anderes Bild
Die Luzerner Polizei gibt derweil Auskunft, dass die Fälle von Sprayereien und Graffitis in den vergangenen Jahren eher abgenommen hätten. Gemäss der Kriminalstatistik verbuchte die Polizei 2022 417 solcher Fälle und vergangenes Jahr noch 320. Graffitis fallen unter die Delikte von Vandalismus, wovon die Polizei 2023 insgesamt 1051 verzeichnete und rund ein Viertel aufklären konnte.
Auswertungen der Zahlen zum laufenden Jahr macht die Polizei aber nicht, womit sie den Eindruck des Leserreporters nicht bestätigen kann. Hinzu kommt: In der Statistik der Ordnungshüter landet nur, was zur Anzeige gebracht wird. Bei kleineren Graffitis und Ähnlichem ist dies selten der Fall.
Private in der Pflicht
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Ort, an welchem die Sprayereien zu finden sind. Es sind nicht zuletzt Hauswände in privater Hand. Für diese sei die Stadt nicht zuständig, wie Benedikt Bucher, Leiter Ressort Betrieb und Strassenunterhalt, bestätigt. Je nach Art und Grösse einer Sprayerei sei die Eigentümerschaft zur Entfernung gesetzlich verpflichtet, generell liege die Reinigung aber auch im Eigeninteresse.
Graffitis könnten, so Bucher, zu ernsthaften Schäden an der Fassade führen. Und sei eine Hauswand einmal beschmiert, werde sie schnell Ziel für weitere Farbangriffe. Der von der Stadt mitgegründete Verein Sprayfrei unterstützt Private bei der Reinigung.
Fanarbeit: «Mehr gibt es momentan nicht zu sagen»
Dass Liegenschaftsbesitzern im Kampf gegen Graffitis viel Macht zukomme, weiss der Leserreporter. Er hat sich deshalb mit dem Hauseigentümerverband in Verbindung gesetzt. Dieser werde, erzählt der Leserreporter, seine Mitglieder künftig darauf hinweisen, was sie im Fall einer verschmierten Wand tun könnten, und sie bitten, Vorfälle der Polizei zu melden.
Ein weiterer Akteur, auf welchen der Leserreporter zugegangen ist, ist die Fanarbeit Luzern. Denn in den Augen des Leserreporters fehlt vor allem eine effektive Präventionsarbeit. Die Fanarbeit ist durch den FCL, den Kanton und die Stadt finanziert. Der Verein setzt sich im Falle von Konflikten für den Dialog zwischen FCL-Fans und der Öffentlichkeit ein.
Fabian Achermann, Stellenleiter der Fanarbeit, bejaht auf Anfrage, dass Gespräche mit dem betreffenden Leser von zentralplus stattgefunden hätten. Der Verein befinde sich bezüglich der Thematik im Austausch mit der Stadt, dem Kanton, der Polizei, dem FCL und den Fans. Achermann fügt schliessend an: «Mehr gibt es momentan von unserer Seite nicht zu sagen.»
Eine Frage bleibt
Die Geschichte zeigt, dass die Behörden durchaus gegen Sprayereien vorgehen. Doch es bleibt die Frage, was präventiv getan werden kann. Wenn Unbekannte bei Nacht und Nebel im Namen «ihres» Vereins zur Farbe greifen wollen, scheint sich dies nur schwer verhindern zu lassen.
Nathan Affentranger ist seit März 2024 Praktikant bei zentralplus. Er hat einen Entlebucher Dialekt, eine Antipathie für Beamtensprache und ein Masterdiplom in Philosophie. Am liebsten schreibt er über die kleinen Absurditäten des Alltags.