Parteiloser obsiegt gegen den Luzerner Stadtrat

Darum kämpft ein Grossstadtrat für neuen Quai-Belag

Silvio Bonzanigo will am Quai Kies statt Asphalt – so wie es hinter ihm bereits heute der Fall ist. (Bild: ewi)

Entgegen dem Willen des Stadtrats soll der Asphalt auf dem seeseitigen Teil des Schweizerhofquais in Luzern aufgebrochen und durch einen Kiesbelag ersetzt werden. Für den parteilosen Politiker Silvio Bonzanigo ist das ein persönlicher Erfolg.

Silvio Bonzanigo hat als Politiker keinen einfachen Stand. Die laufende Legislatur verbringt er als parteiloses Mitglied des Grossen Stadtrats, nachdem ihn die SVP wegen internen Konflikten vor drei Jahren aus der Partei geschmissen hat. (zentralplus berichtete). Für seine Vorstösse fehlt ihm somit die Unterstützung durch eine Fraktion. Bei vielen seiner Vorstösse ist er deshalb der einzige Unterzeichner. So auch im Fall des Postulats 216.

Mit diesem fordert er den Stadtrat dazu auf, auf dem seeseitigen Teil des Schweizerhofquais den Asphalt aufzubrechen und durch einen Mergelbelag zu ersetzen. So wie es beim Nationalquai der Fall ist. Und so wie es auch zwischen Schwanen- und Kurplatz bis Anfang des 20. Jahrhunderts der Fall war, bevor dieser Abschnitt asphaltiert wurde.

Parlament stellt sich gegen den Stadtrat

Bonzanigo machte in seinem Postulat ökologische, touristische wie auch historische Gründe geltend. Diese konnte der Stadtrat zwar nachvollziehen. Trotzdem wollte die Regierung das Postulat nur teilweise entgegennehmen. Sie sah keinen dringenden Handlungsbedarf und wollte einen Ersatz des Belags erst bei einer gründlichen Sanierung des Quais in zehn oder zwanzig Jahren prüfen (zentralplus berichtete).

Die Antwort gefiel Bonzanigo überhaupt nicht. «Der Stadtrat wollte das auf die lange Bank schieben und an die übernächste Regierung überweisen», sagt er im Gespräch mit zentralplus einige Tage nach der Debatte im Parlament. Dort hat er darum an der vollständigen Überweisung seines Postulats festgehalten und den Stadtrat aufgefordert, sich möglichst bald um das Projekt zu kümmern. Bonzanigos Plädoyer für den Mergelbelag dauerte rekordverdächtige 15 Minuten, was unterstreicht, wie wichtig ihm dieses Anliegen offenbar ist.

«Luzerner sowie Touristen sind gerne am See. Und vielleicht sind sie es dank des neuen Belags künftig gar noch etwas lieber.»

Silvio Bonzanigo

Doch sein Appell zeigte Wirkung und ihm gelang als fraktionsloser Grossstradtrat ein bemerkenswerter Erfolg. Er konnte die Mehrheit des Parlaments von seinem Anliegen überzeugen. Eine interessante Konstellation aus SVP, Mitte, GLP sowie Grüne stimmte dafür, während SP und FDP das Postulat ablehnten.

Entsiegelung soll konsequent umgesetzt werden

Doch warum diese Mühe für ein Thema, das selbst auf den zweiten Blick politisch nur mässig relevant erscheint? Denn wer hat sich beim Flanieren am Quai schon jemals über den Bodenbelag geärgert?

Der Schweizerhofquai um 1890. Die Fotografie stammt vom deutschen Fotografen Giorgio Sommer. (Bild: Facebook-Post «Historisches Lozärn»)

Für Bonzanigo ist dies kein Argument, das gegen seinen Vorstoss spricht. «Klar ist den meisten wohl egal, auf was für einem Boden sie laufen», räumt er ein. «Doch es geht hier um eine konsequente Umsetzung der Entsiegelungsstrategie der Stadt.» Die Stadt hat zum Ziel, unnötigen Asphalt aufzubrechen und durch durchlässiges Material zu ersetzen. Das soll zu einem kühleren Stadtklima und einer besseren Siedlungsentwässerung beitragen.

Prominentes Beispiel dieser Strategie sind die Parkplätze am Bundesplatz. Weil der Kanton diese Parkplätze nicht mehr bewilligt, wird die Stadt die Fläche in den kommenden Monaten entsiegeln (zentralplus berichtete). Dasselbe gilt für die Aufwertung der Bahnhofstrasse, auf welcher ebenfalls ein Teil des Asphalts durch Kies und Mergel ersetzt wird. «Wenn die Stadt dort entsiegelt, warum soll sie es hier am Quai erst in 20 Jahren machen?», fragt Bonzanigo rhetorisch.

Auch eine Frage der Aufenthaltsqualität

Auch die Kostenfrage will er nicht als Gegenargument gelten lassen. Der Stadtrat schätzt, dass eine Entsiegelung im Sinne Bonzanigos rund 300'000 Franken kosten wird. Im städtischen Budget seien jährlich aber nur 150'000 Franken für Entsiegelungsprojekte vorgesehen. Bonzanigo entgegnet, dass die Kosten im städtischen Budget nur einen winzigen Teil ausmachen werden. Und weil hier auf einen Schlag eine so grosse Fläche entsiegelt werden könne, handle es sich um ein effizientes Projekt. «Pro Quadratmeter kostet die Entsiegelung wohl nirgends in der Stadt weniger als hier.»

In der «Luzerner Zeitung» zeigte sich eine Leserin besorgt, dass der Schweizerhofquai mit der Entsiegelung für Menschen mit eingeschränkter Mobilität unattraktiver wird. Im Rollstuhl fährt es sich schwerer über Kies als über Asphalt. Bonzanigo versichert aber, dass es sich um ein Missverständnis handelt. Es sei nicht das Ziel, den gesamten Quai zu entsiegeln, sondern lediglich den Teil zwischen Baumreihe und See.

Zuletzt spricht Bonzanigo auch die ästhetische Komponente seines Vorstosses an und weist auf die zahlreichen Passanten, die hier die Frühlingssonne geniessen. «Luzerner sowie Touristen sind gerne am See. Und vielleicht sind sie es dank des neuen Belags künftig gar noch etwas lieber.» Wenn der Belag denn überhaupt jemandem auffällt.

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6 Kommentare
  • Profilfoto von Rudolf Schweizer
    Rudolf Schweizer, 23.03.2023, 07:38 Uhr

    Sehr gut ein Grossstadtrat der mit Kopf, Herz und Verstand arbeitet und sich für gute Sachen einsetzt.

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  • Profilfoto von Josy Camenzind
    Josy Camenzind, 21.03.2023, 12:08 Uhr

    Der helle Mergel gefällt mir. Macht die Stadt einfach freundlicher als der graue Teer. Grauer Kies wäre für mich aber keine alternative.

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  • Profilfoto von Tamara
    Tamara, 20.03.2023, 18:48 Uhr

    Was ist ein kiesbelag? Ist das nun kies ider belag?

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    • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
      Marie-Françoise Arouet, 20.03.2023, 22:21 Uhr

      Sie müssen sich das vorstellen wie bei einem belegten Brötchen. Oben ist der Belag. Oft ist das Butter, Schinken, eine Spargel und ein Rädchen Essiggurke. Majo wird auch gerne genommen. In unserem Fall ist es nun Kies. Deswegen Kiesbelag und nicht zum Beispiel Fleischkäsebelag.

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      • Profilfoto von Hanswurst
        Hanswurst, 21.03.2023, 08:14 Uhr

        Und wo bleibt Peters Senf 😉

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    • Profilfoto von Samuel Kneubuehler
      Samuel Kneubuehler, 21.03.2023, 07:38 Uhr

      Eine dünne Schicht Kies.

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