Mehr Cyberangriffe, die Verkehrsbetriebe Luzern transportieren Polizeikorps und die Stadt Luzern empfiehlt, den Berg zu meiden: Die neuesten Entwicklungen rund um den Bürgenstock-Gipfel.
Montag, 9 Uhr, Bern: Bundespräsidentin Viola Amherd sagt vor der Presse: «Stand heute haben sich 90 Staaten und Organisationen angemeldet.» Die Hälfte sei aus Europa und Nordamerika, ebenfalls eine Hälfte nehme mit höchsten Regierungsmitgliedern teil. Am Freitagabend will der Bund eine definitive Liste der Teilnehmer für den Bürgenstock-Gipfel veröffentlichen.
Auch zentralplus wird am 15. und 16. Juni von der Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock in Nidwalden berichten. Genau 500 Journalisten haben eine Akkreditierung für den internationalen Gipfel erhalten, um den der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski den Bundesrat gebeten hatte.
Warum Russland keine Einladung erhalten hat
Die Erwartung an den Gipfel sei klar, sagt die Bundespräsidentin am Montag: Einen breit abgestützten Prozess in Richtung Frieden in der Ukraine anstossen und Voraussetzungen für einen künftigen Gipfel – mit Russland – schaffen. Denn eine Einladung an Russland hat die Schweiz bisher nicht ausgesprochen.
Das Land habe eine Teilnahme mehrfach öffentlich abgelehnt, sagt Aussenminister Ignazio Cassis. Warum der Bund den Aggressor im Ukraine-Krieg nicht trotzdem eingeladen hat, fragt ein Journalist. «Hätte Russland die Einladung angenommen, wäre das ein Problem gewesen mit der Situation der Ukraine.» Es sei nicht gelungen, beide Parteien an einen Tisch zu bringen, so Cassis.
Nidwaldner Polizei hat Planung für Bürgenstock-Gipfel abgeschlossen
Parallel zum diplomatischen Schach beschäftigen den Bund, die Armee und die Kantonspolizei Nidwalden die Sicherheitsvorbereitungen für den Staatsgipfel. In den letzten Wochen habe es vermehrt Cyberangriffe gegen die Schweiz gegeben sowie eine Zunahme an Falschinformationen, berichtet Amherd am Montag.
Stephan Grieder von der Nidwaldner Polizei sagt, dass die Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen seien. Der Einsatzleiter betont, dass die Sicherheitsmassnahmen einschränkend seien, aber verhältnismässig. Anwohner dürfen beispielsweise auch während des Gipfels auf den – vom 13. bis 17. Juni gesperrten – Bürgenstock.
Rund um den Berg wird der Parkplatz Honegg in Ennetbürgen gesperrt, die Kehrsitenstrasse bleibt allerdings offen. Die Schiffshaltestelle Kehrsiten-Bürgenstock wird im gleichen Zeitraum nicht angefahren, auch die Standseilbahn und der Hammetschwand-Lift sowie sämtliche Wander- und Bikewege auf dem Berg sind tabu.
Im Kanton Luzern sollen Bewohner ihren Pass mitführen
Wie die Stadt Luzern auf Anfrage von zentralplus schreibt, könne der Bürgenstock-Gipfel auch zu Einschränkungen im Kanton Luzern führen. Dort seien zwar keine Kontrollstellen geplant. «Das Mitführen von gültigen Ausweispapieren wird trotzdem empfohlen, falls es dennoch zu einer kurzfristig anberaumten Polizeikontrolle kommen sollte.» Zudem rät die Stadt Luzern davon ab, sich in der Zeit vom 13. bis 17. Juni in die Nähe des Bürgenstocks zu begeben.
Einschränkungen gibt es auch beim Flugplatz Emmen. Denn die Rüeggisingerstrasse wird während des Staatsgipfels gesperrt (zentralplus berichtete). Warum die Sperrung genau erfolgt, ist unklar, denn: «Die Polizei gibt keine Angaben, wo die Delegationen und Teilnehmenden der Friedenskonferenz übernachten werden und wie die Anreise auf den Bürgenstock erfolgt», schreibt die Stadt.
Armee baut auf den Plänen des WEF 2021 auf
Rund um den Berg unterstützt die Schweizer Armee die Nidwaldner und Zentralschweizer Polizeikorps mit 4000 Einsatzkräften. Die Verkehrsbetriebe Luzern (VBL) beteiligen sich am Transport der beteiligten Korps im Raum Luzern, wie ein Sprecher auf Anfrage schreibt. 80 Prozent der Sicherheitskosten, die Nidwalden anfallen, zahlt zudem der Bund.
Für den Bürgenstock-Gipfel kann die Armee auf Pläne zum Schutz des World Economic Forum 2021 zurückgreifen, das wegen der Coronapandemie abgesagt wurde, wie ein Kommandant am Montag mitteilt (zentralplus berichtete). Allerdings habe sich die weltpolitische Lage in der Zwischenzeit verändert, was Anpassungen nötig mache.
100 Fahrzeuge, Zaun, Stahldrahtwalzen, Abrollstrasse
Die Armee wird während und vor dem Gipfel Aufgaben im Bereich Schutz wichtiger und kritischer Infrastruktur übernehmen sowie Lufttransporte, Luftaufklärung, Einsätze aus der Luft, Überwachung und Interventionen auf den Seen. Für ihre Einsätze hat die Armee einen Helikopterplatz in Obbürgen aufgebaut, auf dem fünf Helikopter landen können.
Der Luftraum wird in einem Radius von 46,3 Kilometer gesperrt. Flüge mit Hängegleitern, Gleitschirmen und Deltaseglern sowie Modellflugzeugen und Drohnen unterliegen speziellen Regelungen. Die betroffenen Gruppen hatten gegen ein rigoroses Flugverbot Stimmung gemacht – unter anderem zum Schutz der Rehe (zentralplus berichtete).
Weiterhin liefert die Armee 6,5 Kilometer Zaun, 8 Kilometer Stahldrahtwalzen und zwei Kilometer Abrollstrasse, wie der Bund in einer Mitteilung schreibt. Dazu 100 Fahrzeuge für die Polizei und Sonderfahrzeuge für den Transport geschützter Personen. Wer darin sitzen wird, ist unklar. Denn trotz vieler Informationen bleibt umso mehr geheim: aus Sicherheitsgründen.
- Website des EDA zum Bürgenstock-Gipfel
- Medienmitteilung des Bundesrats zum Bürgenstock-Gipfel
- Website des Kanton Nidwalden zur Ukraine-Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock