Viele misteten aus

Brockis und Secondhands in Zug erleben während Corona einen Aufschwung

Auch im Brockenhaus Zug wird seit Corona mehr Ware abgegeben. (Archivbild: zvg)

Während Corona verbringt wohl jeder mehr Zeit in den eigenen vier Wänden. So bleibt auch Zeit, den Kleiderschrank respektive die ganze Wohnung ordentlich auszumisten. Das spüren nicht zuletzt auch Secondhandläden und das Brocki in Zug.

«Ich könnte ein ganzes Kaufhaus füllen mit der Ware, die momentan abgegeben wird», meint Anke Hauert, die seit 2014 im Secondhandgeschäft tätig ist und ihren Laden «exclusive finds» an der Sinserstrasse in Cham führt.

Ihrer Meinung nach hätten die Menschen die ruhigen Zeiten genutzt, um die Kleiderschränke zu inspizieren und auszusortieren, was nicht mehr zu ihnen passt.

Allerdings geben derzeit mehr Kundinnen Kleider, Mäntel und Co. ab als solche einzukaufen. «Da sind meine Kundinnen noch etwas verhaltener momentan.» Hauert vermutet, dass die jetzigen Zukunftsängste und mögliche Jobverluste dazu geführt haben, dass die Kundinnen weniger kauffreudig sind und eher auf ihr Geld achten. «Andere modeliebende Frauen kommen zu mir und shoppen, als ob es Corona nicht gäbe.»

Weil sich Abgeben und Kaufen in etwa die Waage halten müssen, leitet Anke Hauert immer mal wieder einen Warenstopp ein. «Oder weil es nun während Corona keine Feste und keine Bälle gibt, nehme ich weniger Ballkleider an, dafür umso lieber hochwertige und alltagstaugliche Freizeitkleidung oder Kleidung zum Wandern.»

Brockenhaus Zug: Bei den Möbeln boomt's

Auch im Brockenhaus Zug wird seit Corona mehr Ware abgegeben. «Sicherlich 10 bis 15 Prozent mehr als vor Corona», sagt die Geschäftsleiterin Christine Langhans. Insbesondere bei den Möbeln erlebt das Brocki einen Boom. Das Mitarbeitenden machen Möbelbesichtigungen, oftmals erhalten sie auch ganz kurzfristige Anfragen, sodass sie mit den Besichtigungen gar nicht mehr nachkommen. Das Interesse, Möbel abgeben und abholen zu lassen, sei «wahnsinnig», so Langhans.

«Wir spüren seit Corona, dass die Menschen bewusster als vorher mit ihren ‹alten› Dingen umgehen und sie nicht einfach wegwerfen.»

Christine Langhans, Brockenhaus Zug

Viele haben wohl während Corona, während des Lockdowns und des Homeoffice auch mehr Zeit investiert, ihr Zuhause neu einzurichten. Heutzutage landet beim Ausmisten nicht alles im Abfall – ein Trend, der sich seit Corona laut Langhans verstärkt hat: «Wir spüren seither, dass die Menschen bewusster als vorher mit ihren ‹alten› Dingen umgehen und sie nicht einfach wegwerfen», sagt Langhans. So hätten auch einige zur Zeit des Lockdowns, als das Brocki keine Ware angenommen hat, die Dinge zu Hause in der Garage gehortet, um sie später bei der Wiedereröffnung abzugeben.

Im Brockenhaus Zug werden seit Corona bis zu 15 Prozent mehr Ware abgegeben. (Archivbild: zvg)

Auch die Besucherinnen kommen in Scharen. «Mir scheint es, dass der Bedarf nach Brocki-Waren gestiegen ist – auch wenn das schwierig abzuschätzen ist», sagt Langhans. Schliesslich dürfen aufgrund des Schutzkonzepts nur noch halb so viele Besucher wie in normalen Zeiten das Brocki besuchen. Zuvor waren es an einem Nachmittag bis zu 500 Kunden, jetzt während Corona nur rund 200.

Na, Lust bekommen, deinen Kleiderschrank auszumisten? Hier gibt's Tipps einer Aufräumexpertin:

Corona hat den Trend zur Nachhaltigkeit verstärkt

Ganz so weit, vom Gedanken der Wegwerfgesellschaft wegzukommen, sind wir dann aber doch noch nicht. «Ich stelle aber fest, dass sich unsere Kundschaft verändert», sagt Christine Langhans. Der Gang ins Brocki ist längst nicht mehr nur eine soziale Frage. «Besonders auch immer mehr junge Menschen, die den Nachhaltigkeitsgedanken unterstützen, kommen ins Brocki. Bei den älteren Generationen ist es eher die Freude am Einzelstück, der Kontakt zu den Mitarbeiterinnen und der soziale Aspekt des Brockis.»

«Vor einigen Jahren haben noch viele die Nase gerümpft, wenn sie an Secondhand dachten. In den letzten zwei Jahren hat sich das massiv verändert.»

Anke Hauert, Secondhand «exclusive finds» in Cham

Auch Anke Hauert vom Secondhand «exclusive finds» beobachtet, dass immer mehr neue Gesichter ihren Laden aufsuchen. «Vor einigen Jahren haben noch viele die Nase gerümpft, wenn sie an Secondhand dachten. In den letzten zwei Jahren hat sich das massiv verändert. Jetzt ist die Hemmschwelle viel tiefer, zu sagen, dass das neuste Kleidungsstück Secondhand ist.»

Auch schon hätten Passantinnen ihren Laden betreten, die beim Betrachten des Schaufensters davon ausgingen, dass es sich hier um eine Boutique handle. Oder Frauen, die regelmässig ihre Kleidung bei Hauert abgeben: Früher hätten einige schnell das Weite gesucht, um nicht in einem Secondhand gesehen zu werden. Heute stöbern auch diese Damen im Geschäft. Denn sie wissen: Auch unter Secondhand finden sich wahre Schätze.

… wie eine Art Weckruf

Das wissen auch die Kundinnen im «Inkognito» in der Zuger Altstadt. Auch hier sind die Kleidungsstücke wie im «exclusive finds» in der Regel nicht älter als zweijährig.

«Inkognito» gibt es seit bald 30 Jahren. 1994 von Diana Schläpfer gegründet, kommen auch heute noch dieselben Kundinnen zu ihr. Seit sie nach dem Lockdown wieder geöffnet habe, seien die Menschen «extrem ins Geschäft gestürmt».

«Vermutlich, weil der Laden einerseits lange zu war, andererseits wohl auch, weil der Nachhaltigkeitsgedanke während Corona ziemlich propagiert wurde», sagt Schläpfer. Vielleicht sei für einige die Krise eine Art Weckruf gewesen. Denn auch bezüglich Kleiderschrank gilt: Es geht auch nachhaltiger.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Ueli
    Ueli, 11.05.2021, 10:18 Uhr

    Second Hand Kleider sind nicht meine Sache. Aber bei Antiquitäten-Möbel habe ich schon des öfteren Schätze gefunden.

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