Inspiration für Aggloprogramm und Ortsplanung

Blick über den Tellerrand: Was Zug von Lissabon lernen könnte

Man kann von den anderen – in diesem Fall Lissabon – durchaus noch was lernen.

Zug beschäftigt sich derzeit intensiv mit seiner Zukunft. Die Stadt steht mitten in einer allesumfassenden Ortplanungsrevision und der Kanton versucht mittels eines neuen Aggloprogrammes des zunehmenden Verkehrs Herr zu werden. Als unerwartete Quelle der Inspiration könnte die portugiesische Hauptstadt dienen.

Auf den ersten Blick haben Zug und Lissabon nicht viel gemeinsam. Aber auf den zweiten ... Na ja, auch auf den zweiten Blick nicht. Etwas haben die beiden Orte aber dennoch gemein: Zug will sich in punkto Verkehrs- und Raumplanung in den nächsten Jahren massiv verändern, Lissabon ist bereits mittendrin in diesem Prozess.

Die Stadt Zug will ihre Ortsplanung revidieren, dazu lief im Sommer eine öffentliche Mitwirkung (zentralplus berichtete). Auf kantonaler Ebene läuft noch bis am 28. September 2020 ein Mitwirkungsverfahren zum neuen Agglomerationsprogramm (zentralplus berichtete).

Wie diese Planungspapiere am Ende aussehen, lässt sich heute noch nicht abschliessend sagen, was aber möglich ist – wenn der politische Wille da ist –, zeigt ein Blick über den Tellerrand.

Grün, grüner, Lissabon

Lissabon wurde kürzlich zur «Umwelthauptstadt Europas 2020» erkoren. Die EU-Kommission anerkennt damit die Bemühungen der Stadt, klimafreundlicher zu werden. Schön für Lissabon, aber was hat das mit Zug zu tun? Tatsache ist, dass Lissabon sich dasselbe Ziel gesetzt hat wie Zug und die gesamte Schweiz: Klimaneutralität bis 2050.

Wer heute Ortsplanungen und Verkehrsprogramme anreisst, muss dieses Ziel stets im Visier haben. Lissabon hat genau das in den letzten Jahren einer Vehemenz umgesetzt, die man sich zumindest näher anschauen sollte. Im Folgenden einige Beispiele und deren Bezug zur Situation in Zug.

100'000 neue Bäume

Soll noch grüner werden: Dieses Jahr sollen 100'000 neue Bäume in und um das Zentrum Lissabons gesetzt werden. (Bild: Adobe Stock)

Klar, in Lissabon ist es heisser als in Zug. Im August beträgt die Durchschnittstemperatur 28 Grad, in Zug 24 Grad. In beiden Städten spürt man jedoch die Folgen der Klimaveränderung – auch in Zug wird es immer heisser.

Um künftigen Hitzewellen entgegenzuwirken, hat Lissabon in den vergangenen Jahren fast 300 Hektaren an neuen Grünflächen geschaffen. In diesem Jahr sollen auf dem Stadtgebiet 100'000 (!) Bäume gepflanzt werden. Sie sollen den Temperaturen entgegenwirken und als natürliche CO2-Speicher fungieren.

Wo man in der Stadt Zug 100'000 Bäume hinpflanzen sollte, kann wohl kaum jemand beantworten. Tatsache ist aber, dass der Wunsch nach mehr Grünflächen im Rahmen der Ortsplanung durchaus ein Faktor ist.

«Mit der Ortsplanungsrevision legt die Stadt Zug einen starken Fokus auf die Lebens- und Aufenthaltsqualitäten», hiess es dazu Mitte März in einer Mitteilung. Auch in Luzern manifestiert sich dieser Wunsch nach mehr Grünflächen – vor diesem Hintergrund entstehen derzeit eine ganze Reihe von temporären Popup-Parks (zentralplus berichtete).

200 Kilometer an Velospuren

Lissabon baut sein Velonetz massiv aus, Zug nur zögerlich. (Symbolbild: Adobe Stock) (Bild: Adobe Stock)

Vor wenigen Jahren gab es in Lissabon praktisch keine Velostreifen. Nun steckt man mitten in einem ambitionierten Programm, um das zu korrigieren: Innerhalb der Stadt und Peripherie soll ein 200 Kilometer langes Streckennetz aus Velospuren entstehen. Die ersten 90 Kilometer davon wurden bereits realisiert.

In Zug sorgte das löchersiebhafte Velostreckennetz in jüngerer Vergangenheit mehrmals für politische Diskussionen (zentralplus berichtete). Eine Testfahrt von zentralplus entlang der «schrecklichsten Veloroute Zugs», zeigte auf, dass tatsächlich noch einiges an Luft nach oben besteht.

Den (gemieteten) Drahtesel endlich mal umarmen

Die Liebe zum Velo ist in Zug noch nicht so innig wie bei diesem Herren. (Bild: Adobe Stock)

Zurück nach Lissabon, wo man sich nicht weniger als 600 mietbare E-Bikes angeschafft hat – schliesslich sollen auf den ganzen Velospuren die Drahtesel auch rollen. Auch in Zug sieht man das Potenzial von E-Bikes, insbesondere beim Pendeln (zentralplus berichtete).

Mit mietbaren Velos und E-Bikes hat man sich in der Stadt bisher aber immer etwas schwergetan. Gemäss der Velolobby geht dies auch auf das Fehlen von geeigneter und zentraler Infrastruktur zurück. Als Antwort darauf hegt der VCS etwa Pläne für eine Velostation beim Bahnhof, die auch Platz für Mietvelos (wenn auch nicht gleich 600 Stück davon) vorsieht (zentralplus berichtete).

Saubere(re) Sache

So sieht der einzige Zuger Elektrobus aus, wenn er über die Strassen düst. (Bild: zvg/zvb)

Zug gehört bekanntlich zu den Kantonen mit dem höchsten Motorisierungsgrad. Mit anderen Worten: Zuger lieben ihr Auto. Dennoch scheint mittlerweile – fast allen – bewusst, dass sich auch hier was ändern muss. Die Zugerland Verkehrsbetriebe wollen mit gutem Beispiel vorangehen: Bis 2035 soll die gesamte Busflotte elektrisch unterwegs sein (zentralplus berichtete).

Ähnliches geschieht auch in Lissabon, wo ein Teil der ÖV-Busse mittlerweile umweltfreundlicher mit Gas betrieben werden. Zudem hat man die Monatsabopreise für den ÖV gesenkt, um diesen attraktiver zu machen. Umgerüstet wurde übrigens auch der städtische Fuhrpark: Rund 90 Prozent aller Fahrzeuge sind Elektroautos.

Die «Gefahr», dass die EU-Kommission Zug in näherer Zukunft mit dem Titel Umwelthauptstadt Europas versieht, ist klein. Ein Blick darauf, was die bisherigen Preisträger – der Titel wird seit 2010 jährlich vergeben – umgesetzt haben, lohnt sich aber allemal.

Der für Energie und Grünflächen zuständige Stadtrat, José Sá Fernandes, erläutert einige der Projekte, die Lissabon den Titel eingebracht haben:

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 21.08.2020, 12:40 Uhr

    Hat der konservative Zuger Regierungsrat jetzt die skandalöse Bestellung der ZVB für 30 neue Dieselbusse (Zentralplus berichtete darüber im Januar) gestoppt? Umweltfreundliche Busse sind bereits jetzt in vielen europäischen Städten erfolgreich im Einsatz. Warum nicht im wohlhabenden Kanton Zug? Das Umrüstungsziel 2035 der ZVB ist angesichts der Klimakatastrophe viel zu spät und alles andere als ein «gutes Beispiel».

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