Projekt «Herbstzeitlose» gewinnt beim Prix Climat

Bauernpaar aus Root rettet Mutterkühe vor dem Schlachthaus

Marlen und Stephan Koch auf ihrem Hof in Obermettlen über Root. (Bild: Roman Droux)

Marlen und Stephan Koch haben ihre Bürojobs an den Nagel gehängt. Heute schenken sie auf dem Bauernhof Obermettlen bei Root alten Mutterkühen ein zweites Leben. Die «Herbstzeitlosen», wie sie ihre Mutterkühe nennen, haben nun den Publikumspreis des Prix Climat gewonnen.

Hoch oberhalb von Root, auf einem schmuck gelegenen Bauernhof, bekommen alte Mutterkühe ein zweites Leben. Das Ehepaar Marlen und Stephan Koch rettet sie vor dem Schlachthof (zentralplus berichtete). Dafür werden sie nun mit dem Publikumspreis des Prix Climat ausgezeichnet.

Als sich zentralplus per Telefon bei den beiden Landwirten meldet, wissen sie noch gar nichts von ihrem Glück. «Wir haben gewonnen?», fragt Stephan Koch-Mathis. «Ja», antworten wir. Wie schön, wenn ein Journalist in diesen Zeiten auch mal eine gute Nachricht überbringen kann.

Koch scheint ehrlich überrascht am Telefon. Dabei hätte er es eigentlich bereits wissen müssen: Das Herbstzeitlosen-Kuh-Orakel auf dem Bauernhof hatte den Gewinn vorhergesagt. Wie zielstrebig Orakel Venus dabei vorgegangen ist, haben die beiden in einem Video auf Facebook gezeigt:

Keine Frage, Venus wusste, was sie tut. Aufgenommen haben hat das Paar das Video, kurz nachdem die Online-Wahl für den Publikumspreis beendet war, erzählt Marlen Koch-Mathis zentralplus. «Die Idee zum Video mit dem Orakel ist uns gekommen, als wir uns bei den vielen Leuten, die für uns abgestimmt haben, mit etwas Kleinem bedanken wollten», sagt sie.

Es sind sympathische kleine Auftritte wie dieser, welche die ehemalige Agraringenieurin und den Wirtschaftsinformatiker über die letzten Jahre in ihrer Community so beliebt gemacht haben. Angefangen hat alles, als die beiden vor ein paar Jahren den Bauernhof von Stephans Eltern übernahmen. Sie führten den Betrieb am Anfang neben der Arbeit im Büro. «Da haben wir gemerkt, wie schön die Arbeit mit der Erde ist, wie gut das tut», erzählt Marlen.

Für die junge Frau war es eine Rückkehr. Auf einem Bergbauernhof aufgewachsen, versuchte sie sich zuerst in der kaufmännischen Welt, bevor sie nach einem Agrarstudium an der ETH schliesslich zurück zum Leben auf dem Hof fand.

Auf dem Bauernhof Obermettlen leben die Herbstzeitlosen, solange es ihnen gut geht

Langsam reduzierten die beiden ihre Arbeitspensen und nutzten die Zeit, um den Hof weiterzuentwickeln. Schliesslich ermunterte Stephan Marlen im Jahr 2016 dazu, sich selbstständig zu machen, um sich voll dem Hof widmen zu können.

«Und seit Anfang 2020 hat sich nun auch Stephan ganz dem Hof verschrieben», erzählt Marlen. Im Zentrum des Hoflebens stehen die fünf Mutterkühe und ihre aktuell zehn Kälber. «Jede Kuh hat jetzt zwei Kälber», freut sich Marlen. Selbstverständlich ist das nicht.

Das Besondere an Marlens und Stephans Bauernhof ist, dass ihre Kühe über acht Jahre alt sind. Auf einem konventionell arbeitenden Hof wären sie bereits geschlachtet worden. Weil die Leistung vieler Kühe ab einem Alter von etwa acht Jahren abnimmt, wie Marlen erzählt. Wenn die Tiere weniger Kälber gebären, werde das Geschäft schnell unrentabel.

Für Marlen – auf dem Hof dutzt man sich – ist das ein Unding. «Schliesslich kann eine Mutterkuh 25 Jahre alt werden», sagt sie. Deshalb hat sie mit Stephan fünf ältere Kühe von anderen Höfen übernommen und sie auf ihren Bauernhof aufgenommen. «Und dann mussten wir einfach hoffen, dass sie sich bei uns erholen», sagt Marlen.

Viele «Herbstzeitlose», wie sie die Tiere nennt, hätten auf grossen Bauernhöfen in unteren Hierarchiestufen gestanden. «Das macht das Leben in einer grossen Herde anstrengend». Eine übernommene Mutterkuh hatte sogar eine schwere Fehlgeburt hinter sich. Ob sie je wieder gebären wird, war sehr unsicher. Wegen einem eingeklemmten Nerv zog sie ein Bein nach.

«Doch alle haben sich vollständig erholt», erzählt Marlen. Die verletzte Zasira entwickelte sich sogar zur Leitkuh. Ihr Nervenleiden hat sich gelöst, sie läuft wieder fit und munter über die Weide.

Marlen und Stephan verzichten auf ihrem Hof auf Kraftfutter, setzen Antibiotika nur im Notfall ein, lassen den Kühen ihre Hörner, setzen keine Pflanzenschutzmittel ein... die Liste ist lang. Offenbar sehr zum Wohlgefallen der Kühe und ihrer Kälber. Die Jungtiere werden auf dem Hof zwei Jahre alt, bevor sie geschlachtet werden. «Normal sind vier bis 14 Monate, je nach Verfahren», erzählt Marlen. Wobei diejenigen, die 14 Monate alt werden, ihre letzten Monate oft in Mastbetrieben verbringen würden.

«Das Kennenlernen eines Kalbs bewegt mega.»

Marlen Koch, Bauernhof Obermettlen

Umstände, die der Bauernhof Obermettlen nicht kennt. Möglich machen das Paten. Jedes Kalb hat acht davon, die zwei Jahre lang je einen Franken pro Tag beisteuern. «Paten können das Kalb bei uns auf dem Hof kennenlernen», sagt Marlen. Das schätzten diese sehr. «Wenn das Tier eine Identität hat, schätzen und geniessen die Leute das Essen viel mehr. Das Kennenlernen bewegt mega».

Rindfleisch, Schnaps und Blütensalz

Neben dem Geschäft mit Rindfleisch unterhalten die beiden auf ihrem Bauernhof Hochstammbäume, für die ebenfalls Patenschaften erworben werden können. Im Laden gibt es Schnäpse, Wein und Blütensalz.

Und wie feiern die beiden nun ihren Sieg beim Prix Climat? «Zuerst freuen wir uns unglaublich, denn alle nominierten Betriebe hatten super Konzepte. Viele von uns tun sich allerdings etwas schwer mit der Kommunikation, mit dem nach aussen Tragen ihrer Botschaft und ihrer Angebote», meint Marlen. Deshalb sei sie der Plattform, die der Prix Climat bietet, sehr dankbar. «Dank ihr bekommen solche Projekte eine Aufmerksamkeit, die sie sonst nie erreichen würden.»

Um den Erfolg beim Prix Climat gemeinsam zu feiern, haben die beiden spontan alle Paten und Sponsoren auf den Hof eingeladen, um im einfachen Rahmen anzustossen. Aber am meisten freut die beiden, dass sie hre Vorstellungen für einen eigenen Hofbetrieb umsetzen können: «Wir haben es geschafft, uns eine einfache, bescheidene Existenz aufzubauen.»

Verwendete Quellen
  • Telefongespräche mit Stephan und Marlen Koch-Mathis
  • Pressemitteilung Prix Climat
  • Website Bauernhof Obermettlen
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Roli Boog
    Roli Boog, 12.03.2022, 07:18 Uhr

    Hallo zusammen. Ich glaube hier wurde etwas verwechselt. Zwischen dem Gewinnen des «Prix Climat» und dem «Publikumspreis» ist schon ein kleiner Unterschied. Vielleicht war Steph so erstaunt über die frohe Kunde über den Gewinn des Preises weil es nicht stimmt.

    Den Prix Climat gewonnen hat SlowGrow.

    https://www.kleinbauern.ch/prixclimat2022/#:~:text=Die%20Klima%2DAllianz%20hat%20heute,(ZH)%20zum%20Sieger%20gew%C3%A4hlt.

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