Forderung nach Aufhebung der 1000er-Grenze

Regierung und Klub einer Meinung: «EVZ trug den Wunsch an die Politik heran»

Die Traumvorstellung des EVZ: volle Ränge im Eisstadion.

Die Zuger Regierung will Grossveranstaltungen wieder zulassen. Das entspricht genau dem Ansinnen des EVZ. Zufall? Transparency Schweiz äussert grundsätzliche Gedanken zum Thema Transparenz und Lobbying.

Als einer der ganz wenigen Kantone fordert die Zuger Regierung vom Bundesrat, dass ab September Grossveranstaltungen mit über 1’000 Personen wieder erlaubt sein sollen (zentralplus berichtete). Das ist erstaunlich – immerhin hat die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren beschlossen, dass das erwähnte Verbot bis Ende Jahr verlängert werden soll (zentralplus berichtete).

In einer Medienmitteilung schrieb die Zuger Regierung am Montag: «Die Durchführung von Grossveranstaltungen unter Einhaltung griffiger Schutzkonzepte ist epidemiologisch möglich, gesellschaftlich richtig und wirtschaftlich – insbesondere im Sport- und Kulturbereich – wichtig.» Gegenüber Radio SRF sagte Landammann Stephan Schleiss: «Wir gehen davon aus, dass wir noch länger mit dem Coronavirus konfrontiert sein werden.»

Regierung und EVZ: Fast gleicher Wortlaut

Interessanterweise tönte es seitens des EVZ – ebenfalls am Montag – praktisch identisch: EVZ-Chef Patrick Lengwiler sagte im Interview mit der «Zuger Zeitung»: «Wir müssen noch lange mit dem Virus leben und lernen, mit ihm umzugehen.»

Auch die zentrale Forderung, die der EVZ-Chef im besagten Interview anführte, entspricht faktisch jener der Zuger Regierung: Die 1000-Personen-Obergrenze müsse fallen, es sollten wieder mehr als 5'000 Personen ins Stadion dürfen. Zusätzlich kritisierte der EVZ-Obere gleich mal noch die aktuelle Politik des Bundes, indem er davon sprach, dass die «Panikmacherei», wie sie «heute in der Schweiz betrieben» werde, «fehl am Platz» sei (zentralplus berichtete).

Gab es eine Absprache?

Die Durchführung von Grossveranstaltungen sei – unter Einhaltung griffiger Schutzkonzepte – epidemiologisch möglich, gesellschaftlich richtig und wirtschaftlich wichtig, schreibt der Zuger Gesundheitsdirektor Martin Pfister auf Anfrage. Das entspricht einer Bestätigung der bereits erwähnten Darstellung der Zuger Regierung.

Stellt sich die Frage: Gab es da Absprachen zwischen der Regierung und dem EVZ? War es letztlich der EVZ, der die Zuger Regierung motivierte, beim Bundesrat die Aufhebung der 1’000er-Grenze zu verlangen?

Die Zuger Behörden stünden seit Beginn der Pandemie mit hunderten von Einwohnerinnen, aber auch mit den verschiedensten betroffen Vereinen, Organisationen und Firmen in Kontakt, so auch mit dem EVZ, erklärt Gesundheitsdirektor Martin Pfister. «Der EVZ drückte auch seinen Wunsch aus, dass der Bundesrat nicht an der 1’000er-Grenze festhalten möge.»

Die Mitteilung des EVZ an den Kanton

Marisa Boog, Mediensprecherin des EVZ, erklärt auf Anfrage: «Indirekt wurde der Wunsch natürlich via Medienberichte und EVZ-Newsbericht an die Politik herangetragen. Eine konkrete Sitzung/Vernehmlassung dazu fand aber nicht statt.»

Später ergänzt dies die EVZ-Mediensprecherin so: «Wir haben dem Kanton mitgeteilt, dass wir mit 1’000 Zuschauern nicht überleben können.»

Transparenz und chancengleicher Zugang müssen garantiert sein

Das Beispiel berührt auch Grundsätzliches. Wer vermag in einer Demokratie seine Interessen wie durchzusetzen? Immerhin gibt es auch viele Kleinstunternehmerinnen, die von Corona ebenfalls betroffen sind, sich aber in der Regel kaum sehr prominent äussern können. Für diese ist es meist ganz zentral, dass ein zweiter Lockdown wenn immer möglich verhindert werden kann. Und es gibt auch jene breiten Bevölkerungskreise, für welche ganz grundsätzlich die gesundheitlichen Aspekte im Zentrum stehen.

Vor diesem Hintergrund erklärt Alex Biscaro, stellvertretender Direktor von Transparency Schweiz, auf Anfrage: «Es ist durchaus legitim, dass sich Unternehmen und andere Interessenvertreter in die Politik einbringen, vor allem wenn sie direkt betroffen sind.» Für unsere Demokratie und das Vertrauen in die Politik sei es aber zentral, dass dieses Lobbying stets rechtmässig und in voller Transparenz erfolge und dass ein chancengleicher Zugang garantiert sei.

«Interessengruppen lobbyieren massiv»

Für die Bürgerinnen müsse jederzeit hinreichend transparent und nachvollziehbar sein, wer mit welchen Interessen auf die Entscheidungen der Politik Einfluss nimmt. «Wir haben in der Schweiz grossen Nachholbedarf: Gerade die zahlreichen Corona-bedingten Entscheidungen der letzten Monate zeigen, wie massiv Interessengruppen lobbyieren, und dies viel zu oft hinter den Kulissen – sei es beim Bund oder in den Kantonen.»

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