Änderung Luzerner Polizeigesetz

Randale: Zur Kasse bitte!

Die Luzerner Polizei hat ab Ende November eine modernere Schutzbekleidung. (Symbolbild)

(Bild: bra, Symbolbild)

Die Polizeikosten sollen nach Gewalttaten bei Veranstaltungen vermehrt auf die Verursacher abgewälzt werden können. Aber wie teuer darf eine Veranstaltung sein, wenn es ausartet? Und wer zahlt dabei wie viel? Keine einfachen Fragen. Der geänderte Gesetzesentwurf liegt nun vor. 

Wer Krawall macht, soll zahlen: Der Luzerner Kantonsrat hatte sich diesem Grundsatz angenommen und spricht sich für eine vermehrte Abgeltung der Polizeikosten aus. Doch wie genau soll eine Überwälzung der Kosten auf Randalierer und Veranstalter funktionieren? Und in welchen Fällen soll wie viel gezahlt werden? Diese Fragen führten in der Vergangenheit zu hitzigen Diskussionen.

Nachdem sich linke Parteien, zusammen mit den «Demokratischen Juristen» und zwei Privatpersonen, gegen eine erste Verordnung gewehrt hatten, wurden im vorliegenden Gesetzesvorschlag Änderungen berücksichtigt. Unterstützt wurden die Forderungen durch einen Entscheid des Verwaltungsgerichtes (siehe Box). 

Veranstalter zahlt bis zu 30’000 Franken

Wichtiger Grundsatz im neuen Entwurf: Eine Übernahme der Polizeikosten wird nur dann geprüft, wenn es zu Gewalt gegen Personen oder Sachen gekommen ist. Zudem können die Veranstalter nur dann belangt werden, wenn sie selber Schuld daran tragen.

Veranstalter einer 1. Mai-Kundgebung müssten zum Beispiel «vorsätzlich» oder «grobfahrlässig» die Bewilligungsauflagen der Polizei nicht einhalten. Für Krawalle Dritter würden die Organisatoren nicht belangt, sofern sie die Auflagen der Polizei einhalten.   

Kommt es aber zu unschönen Szenen und hält sich der Veranstalter nicht an die Auflagen, muss er mit einer Kostenübernahme eines zusätzlichen Polizeieinsatzes von maximal 40 Prozent rechnen. Die gewaltausübenden Personen sollen in jedem Fall 60 Prozent berappen (siehe Rechenbeispiel). Wie verhält sich aber die Polizei bei vermummten Personen?

Reto Ruhstaller vom Rechtsdienst des Justiz und Sicherheitsdepartements: «Sie werden nach Möglichkeit von der Polizei gefilmt und anschliessend identifiziert. Ob sie aus der Masse herausgenommen werden, entscheiden die Einsatzkräfte im Sinne der Verhältnismässigkeit.» Kommt es schliesslich zu Ausschreitungen, könnte die Quittung für einen Veranstalter wie folgt aussehen. 

Eine mittlere Demonstration:   

Gesamtkosten des Einsatzes

150’000 Franken

davon Kosten des Einsatzes ab Gewaltausübung 

75’000 Franken

Kostenanteil des Veranstalters (40%)

30’000 Franken

Kostenanteil der gewaltausübenden Personen (60%)

45’000 Franken

Kostenanteil einer Person (gerundet)

4’000 Franken

(Quelle: Luzerner Polizei)

Meinungsfreiheit soll nicht eingeschränkt werden

Von Gegnern der ursprünglichen Verordnung wurde kritisiert, dass sich durch diese Kostenbeteiligungen Personen von der Ausübung der Grundrechte der Meinungs- und Informationsfreiheit sowie der Versammlungsfreiheit abschrecken lassen könnten. Diese Argumentation wurde im Ansatz auch vom Verwaltungsgericht unterstützt.

Die Höchstgrenzen bezüglich Kostenbeteiligungen sind neu gesetzt: Nach Ausschreitungen solle der Veranstalter maximal 30’000 Franken übernehmen müssen. Einzelne, gewaltausübende Personen müssten 4’000 Franken für zusätzliche polizeiliche Einsatzkosten berappen. 

Sind die 30’000 Franken hoch angesetzt? Der Vorschlag sei eine Gratwanderung zwischen Prävention und Berücksichtigung der Grundrechte, sagt Reto Ruhstaller. «Der Veranstalter hat es selbst in der Hand, ob er leichtfahrlässig oder grobfahrlässig gegen die Auflagen verstösst». Zudem sei ein Bundesgerichtsentscheid aus Genf hinzugezogen worden; dort sei eine Busse für Veranstalter bis 100’000 Franken gutgeheissen worden.

Die SP zeigte sich einverstanden mit den Änderungen und Konkretisierungen im neuen Gesetz. So auch die CVP, die FDP, die Grünliberalen, die IG Kultur und die Luzerner Polizei selber. Ablehnend zur Vorlage geäussert haben sich die Juso, die Demokratischen Juristen Luzern, der Luzerner Gewerkschaftsbund sowie teilweise die Grünen. Die Gegner finden, dass die Anforderungen des Verwaltungsgerichtes nicht erfüllt sind.

Was ist mit Fan-Märschen? 

Gericht musste korrigieren

Die ursprüngliche Verordnung hatte Mängel. Nun liegt ein überareiteter Gesetzesentwurf vor. Anlass für die Änderung gab ein Urteil des Verwaltungsgericht von 2013. Die Kritik: Die Regelung der Kostenüberwälzung auf Veranstalter und Randalierende beruhe zuminest bei Kundgebungen auf einer ungenügenden gesetzlichen Grundlage. Das Gericht hob mit seinem Urteil eine zentrale Bestimmung der Verordnung auf.

Das neue Gesetz umfasst nicht nur Demonstrationen, sondern kann auch bei Fanmärschen angewendet werden. Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass der Fussballclub Luzern (FCL) eine Vereinbarung mit dem Justiz- und Sicherheitsdepartement abgeschlossen hat. 

«Auch hier ist die Fahrlässigkeit betreffend Einhaltung der Bewilligungsauflagen massgebend», so der Rechtsexperte. «Falls es ausserhalb des Stadions zu Gewalt kommt, muss aber im Einzelfall der Veranstalter eruiert werden» Bei angemeldeten Fanmärschen sei das soweit kein Problem.
 
Schwieriger werde es bei wilden Ausschreitungen rund um, oder auf dem Weg zum Stadion. Auf jeden Fall werden Anteile an den Polizeikosten den Krawallmachern direkt in Rechnung gestellt, falls sie erwischt würden, so Ruhstaller. 

Kommerziell oder ideel?

Bei friedlichen Veranstaltungen kommt es auf deren Zweck an, ob Polizeikosten übernommen werden müssen, oder nicht. 200 Stunden an polizeilicher Grundversorgung sind unentgeltlich gewährleistet. «Aber alles, was darüber hinaus geht, wird je nach Anteil des ideellen Zwecks in Rechnung gestellt. Es wird beurteilt, wie kommerziell oder ideell eine Veranstaltung ist. Je kommerzieller eine Veranstaltung ist, desto höher ist die Kostenbeteiligung», sagt Reto Ruhstaller.

Ein Fussball-Länderspiel oder eine «Tour de Suisse» seien zum Beispiel rein kommerziell. Der FCL hat eine Vereinbarung mit dem Kanton über den Kostenersatz für Polizeieinsätze abgeschlossen. Ein Musikfestival wie das «Blueballs-Festival» wird ebenfalls mit einem – zumindest teilweisen – kommerziellem Anteil beurteilt.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von tschovanni
    tschovanni, 21.01.2015, 19:02 Uhr

    Gegen friedliche Demos ist nichts einzuwenden. Wenn aber Demoteilnehmer ausrasten und fremdes -auch der Oeffentlichkeit gehörendes- Eigentum beschädigen oder gar zerstören dann sollen die Täter gefasst, identifiziert und zur Kasse kommen. Es darf nicht toleriert werden, dass unter dem Vorwand der Demonstrations- und Meinungsäusserungsfreiheit Saubannerzüge mit Krawall und Sachbeschädigungen ohne Folgen für die Beteiligten oder der Organisatoren durchgeführt werden können.

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  • Profilfoto von mariostuebi
    mariostuebi, 20.01.2015, 08:52 Uhr

    Welche Behörde darf dies abschliessend bestimmen? Ich hoffe nicht ein paar Polizisten im stillen Kämmerlein.

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