Ihr neuster Streich: Kunst im Schnee

QueenKong: Das Künstlerduo, das mit der Vergänglichkeit spielt

Vero und Marco Schmid in ihrem Atelier. (Bild: wia)

Das Künstlerduo QueenKong aus Luzern hat diesen Winter neue Horizonte entdeckt, hat sich von der Vertikale weggelöst und zu nutzen begonnen, was uns Frau Holle diese Saison reichlich geschenkt hat. Das grossflächige Malen jedoch hat seine Tücken. Nicht zuletzt, dass diese Art Kunst äusserst vergänglich ist. Die Künstler finden das reizend.

Die Welt, eine einzige weisse Leinwand. Ohne Ränder, erst recht ohne Rahmen. Eine regelrechte Einladung zum bemalen. Eine, die das Luzerner Künstlerduo QueenKong dankend angenommen hat.

Veronika und Marco Schmid, die insbesondere als Street-Art-Künstler bekannt sind, haben sich im Januar in den Schnee begeben. Dort entstanden mehrere Werke, die insbesondere aus der Luft ihre ganze Wirkung entfalten.

Jetzt erst recht mit Herz, finden die beiden Luzerner Künstler von QueenKong.

Bilder eines schon längst geschmolzenen Werkes zeigen ein anatomisch geformtes Herz, Rot auf Weiss, ein Schriftzug bildet die Worte «Full Love». «Es entstand am 1. Januar dieses Jahres in Samedan und ist Ausdruck unserer Gefühlslage gegenüber der aktuellen Situation», sagt Vero Schmid. Zu viert – Tochter Marla Amber ist beim Interview dabei und lauscht dem Chaschperlitheater – sitzen wir auf der Terrasse vor QueenKongs neuem Atelier, sprechen über das letzte Jahr, über Hoffnungen und eine neu entdeckte Faszination für Schnee. «Im letzten Jahr haben wir die Krise noch nicht so richtig zu spüren bekommen. Das änderte sich jedoch vor einigen Monaten, nachdem wir Absage um Absage kassierten», sagt Marco Schmid.

«Uns scheint, als werde die Gesellschaft durch Corona je länger je mehr gespalten.»

Vero Schmid von QueenKong

Was wiederum zu Verunsicherung führt. «Insbesondere, da wir zusammenarbeiten und uns finanziell nicht gegenseitig auffangen können.» Neben der Kunst leben QueenKong als selbständige Grafiker, häufig für Restaurants oder Events, Bereiche, die aktuell fast gänzlich wegfallen. Was das Paar ausserdem beschäftigt: «Uns scheint, als werde die Gesellschaft durch Corona je länger je mehr gespalten.»

Tüfteln mit Rüebli, Randen und Kurkuma

Aus dieser Erkenntnis heraus entstanden verschiedene Schneeprojekte. Stundenlang stand das Künstlerduo in der Küche, tüftelte mit natürlicher Farbe, die sich gut auf Schnee auftragen lässt. «Wir haben gemerkt, dass sich etwa mit Randen, Kurkuma oder auch Rüebli sehr gut Farbe herstellen lässt. Diese tragen wir mit einem Sprühgerät auf, die Bauern sonst für das Versprühen von Insektiziden brauchen», sagt die 42-Jährige.

«Spannend ist bei dieser Art von Arbeit, dass es sein kann, dass sie nur während Stunden existiert. Das heisst, das Werk muss innert eines Tages fertig sein, es bleibt keine Zeit, um Fehler anzupassen. Schneit es in der darauffolgenden Nacht, ist alles weg», so Marco Schmid. Er findet: «Das ist enorm reizvoll.» Seine Partnerin ergänzt: «Bei den Schneebildern ging es auch darum, uns aufs Positive zu konzentrieren, um dem vielen aktuell Negativen etwas entgegenzuwirken.»

Eine neue Herausforderung für das Paar. Denn: Anders als bei den Wandbildern können die Künstler nicht einfach mal kurz Distanz nehmen, um zu sehen, ob die Proportionen stimmig sind. «Wir haben deshalb eine Art Rastersystem mit Schnüren erarbeitet, das wir über das Gemälde spannen.» Erst der Flug einer Drohne zeigt, ob das Werk die geplante Wirkung erzielt.

Kunstwerk geschmolzen? Macht nichts

Dass alle Schneewerke schon längst verflossen sind, stimmt die beiden keineswegs traurig. «Das Thema Vergänglichkeit zieht sich seit Anfang an durch unser Schaffen», sagt Vero Schmid. Tatsächlich wurde nach der «Himmelriich-Dame» letzten Dezember auch die Kehrichtverbrennungsanlage Ibach, an dem während Jahren ein riesiges Bild QueenKongs prangte, abgerissen (zentralplus berichtete).

«Viele Leute waren richtig traurig darüber, dass das Wandbild im Himmelriich verschwand.»

Marco Schmid von QueenKong

«Vermutlich hilft der Umstand, dass wir von Anfang an wissen, dass unsere Kunst zeitlich begrenzt ist», so der 40-Jährige. Obschon das Paar immer wieder zu spüren bekommt, welche starken Emotionen Street Art auslösen kann. «Die ABL hat beim Abbruch der Überbauung Himmelriich bewusst umgeplant, damit das Wandbild erst ganz zum Schluss weichen musste. Ein Teil davon wurde gar von der Baugenossenschaft aufbewahrt. Viele Leute waren richtig traurig darüber, dass das Wandbild verschwand», ergänzt er.

Vero Schmid in ihrem neuen Atelier. (Bild: wia)

Sie können's auch auf kleiner Fläche

Dass QueenKong nicht nur gut darin ist, gigantische Hausfassaden zu verzaubern, sondern auch mit kleineren Flächen gut klarkommen, haben sie unlängst mit einer Leinwand-Serie bewiesen. Zwei der Gemälde, auf denen eingestrickte Objekte gezeigt werden, stehen im Container-Atelier, das das Künstlerduo letzten Sommer zu mieten begann. Corona habe damit nichts zu tun, betonen sie. «Wir merken, dass wir immer mehr auch kleinere Arbeiten machen. Unser Grafikatelier, das wir bisher für solche Dinge nutzten, reichte jedoch nicht mehr aus.»

Urbaner geht kaum: Marco Schmid im Container-Atelier mit Blick auf die Gleislandschaft. (Bild: wia)

Dieses Jahr ist in verschiedenerlei Hinsicht ein spezielles für das Ehepaar. «Seit sechs Jahren sind wir selbständig, haben uns immer selber über Wasser gehalten. Nun haben wir zum ersten Mal bei der Albert-Köchlin-Stiftung um einen Werkbeitrag gebeten», sagt Marco Schmid. Mit Erfolg, wie er verrät. «Das freut uns sehr. Nicht nur, da wir uns dank des Geldes während den kommenden Monaten voll auf die Kunst fokussieren können. Sondern auch, weil wir die Unterstützung als Zeichen der Wertschätzung unseres Schaffens auffassen.»

Auf die Frage, von welchem Projekt die beiden träumen, reagieren sie verhalten. «Es wäre mega schön, wenn wir in der Stadt Luzern wieder etwas bemalen dürften. Vielleicht sogar etwas Permanentes», sagt Vero Schmid schliesslich.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von QK Lover
    QK Lover, 01.04.2021, 19:32 Uhr

    Liebes Queenkong-Paar……. Ich wünsche Euch Geduld und Durchhaltewillen während Corona und für die Zeit danach viele prominente, tolle und bleibende Wände zum verschönern. Täglich bin ich am Ibach-Bild vorbei gefahren und täglich hat mich die sensationelle Detailtreue fasziniert. Ich liebe eure Werke und bewundere eure Fähigkeit zutiefst! Herzliche Grüsse

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