Nach dem Thöni-Urteil zum Öffentlichkeitsgesetz

Publikation der Gemeindebeschlüsse: So macht man es in Zug besser

Gemeindepräsident Georges Helfenstein (links im Bild) hängt nicht nur neue Flaggen im Dorf auf: Die Chamer sind auch stets über die Beschlüsse der Exekutive informiert.

(Bild: zvg)

Das Bundesgericht hat in einem Urteil dem Steinhauser «Piraten» Stefan Thöni in Sachen Öffentlichkeitsprinzip recht gegeben. Vielen Zuger Gemeinden gefällt dies gar nicht, weil sie einen zu hohen Aufwand befürchten. Doch es gibt eine Gemeinde, die arbeitet jetzt schon vorbildlich. Relativ.

Es sieht unspektakulär aus. Und man bekommt es alle drei Monate sogar frei Haus geliefert: Das Gemeinde-Info von Cham. In dieser Informationsbroschüre teilt die 15’000-Einwohnergemeinde im Ennetsee ihren Bürgern nicht nur aktuelle Termine mit. An vorderster Stelle steht jeweils die Rubrik «Aus dem Gemeinderat», in der sämtliche Beschlüsse der letzten zwölf Wochen aufgelistet sind.

«Wir haben uns eben ein Kommunikationsreglement gegeben, welches uns vorschreibt, nach aussen transparent und offen zu informieren», erklärt Chams Gemeindepräsident Georges Helfenstein. Schon seit Jahren gibt es dieses Gemeinde-Info in Cham. Mittlerweile steht es auch online – allerdings nicht aktuell, sondern eben in E-Paperform – zur Verfügung. Dies könnte also noch verbessert werden.

Wird dieser Informations-Service der Gemeinde denn geschätzt von den Chamern? «Es gibt praktisch keine Reaktionen darauf», versichert Helfenstein. Die Leute würden die Gemeinderatsbeschlüsse lesen und in der Regel zur Kenntnis nehmen. Dass diese jedoch zumindest teilweise gelesen werden, zeigen gelegentliche Rückfragen aus der Bevölkerung – rund zehn pro Jahr. Immerhin.

250 bis 300 Beschlüsse in Cham pro Jahr

Zum Aufwand, ein solches Gemeindeinformationsblatt zu erstellen, erklärt der Chamer Gemeindepräsident: Es gebe knapp 30 Gemeinderatssitzungen pro Jahr, die in dieser Publikation berücksichtigt würden. Macht unterm Strich konkret rund 250 bis 300 Beschlüsse der Exekutive pro Jahr. Das sei gerade noch machbar.

So sieht das Gemeindeinfo Chams aus, in dem die Einwohnergemeinde gleich am Anfang – zeitverzögert – sämtliche Beschlüsse der Exekutive der letzten drei Monate auflistet.

So sieht das Gemeindeinfo Chams aus, in dem die Einwohnergemeinde gleich am Anfang – zeitverzögert – sämtliche Beschlüsse der Exekutive der letzten drei Monate auflistet.

«Was Stefan Thöni von den Gemeinden verlangt, indem er die Herausgabe von um Jahre zurückliegenden Protokollen fordert, halte ich für übertrieben», bezieht der Chamer CVP-Politiker klar Stellung. Wenn es sich um ältere Geschäfte handle, solle man halt konkrete Fragen stellen. Diese würde die Gemeinde dann beantworten.

Bundesgericht: «Fällt gesamthaft unters Öffentlichkeitsprinzip»

Zur Erinnerung: Der Gemeinderat von Steinhausen hatte das Gesuch von Stefan Thöni, des örtlichen Präsidenten der Piraten, um Einsicht in die Gemeinderatsprotokolle seiner Wohngemeinde seit 2014 abgelehnt. Später sagte auch der Zuger Regierungsrat Nein. Auch das Zuger Verwaltungsgericht winkte in seinem Urteil vom März ab.

Das Bundesgericht hat die Sache nun anders beurteilt. Es fand, das Gesuch von Thöni sei genau genug formuliert gewesen, da der Gemeinderat die 38 betroffenen Protokolle bereits gefunden hatte. Die Gemeinde hatte Thöni beschieden, sein Begehren sei «nicht hinreichend genau bezeichnet». Er solle angeben, welches Dokument oder Geschäft er genau einsehen wolle.

Das tat Thöni aber nicht, worauf die Gemeinde sein Gesuch ablehnte. Das Bundesgericht stellt nun klar, dass prinzipiell auch Dokumente, die verschiedene Geschäfte umfassen, gesamthaft unter das Öffentlichkeitsprinzip fallen. «Dieses Bundesgerichtsurteil ist ein grosser Sieg für das Öffentlichkeitsprinzip», freut sich Thöni (zentralplus berichtete).

«Wenn jemand zu uns mit konkreten Fragen kommt, sind wir völlig offen.»

Andreas Hotz, Gemeindepräsident in Baar

Aber wenn Cham diesen Informationsservice seinen Einwohnern bietet, warum können oder wollen das andere Gemeinden nicht auch? Andreas Hotz, Gemeindepräsident von Baar, beispielsweise, winkt ab.

«Wir veröffentlichen wöchentlich unter der Rubrik Aktuell im ‹Zuger Bieter›, dem Wochenblatt, das in alle Haushalte gelangt, sämtliche Beschlüsse des Gemeinderats», rechtfertigt sich der Baarer Gemeindechef. Darunter zu finden seien auch Baugesuche, Arbeitsvergaben, Persönliches.

Doch warum publiziert die Gemeinde ihre Gemeinderatsbeschlüsse nicht direkt auf ihrer Homepage, das wäre doch das Naheliegendste? «Es gibt sicherlich noch Verbesserungspotenzial», räumt Hotz ein. Das Wichtigste sei aber doch: «Wenn jemand zu uns mit konkreten Fragen kommt, sind wir völlig offen.»

Und wie sieht es in der Stadt Zug aus? Unter der Rubrik Neuigkeiten findet der interessierte Stadtzuger vieles aus dem Stadtrat und dem Grossen Gemeinderat. Man erfährt auf der Homepage auch vieles über Ziele und Strategien des Stadtrats. Die Stadtratsbeschlüsse en detail sind allerdings nicht aufgeführt. Ein Defizit.

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