Luzern: Opposition gegen Regulierung

Professionelle Airbnb-Anbieter formieren sich zum Widerstand

Im ehemaligen Hotel Schiff können Touristen Apartements mieten – auch auf Airbnb. (Bild: jal)

Die Stadt Luzern will verhindern, dass Wohnungen dauerhaft über Airbnb & Co. an Touristen vermietet werden. Die betreffenden Anbieter wehren sich gegen diese Pläne. Sie liebäugeln damit, sich in einem Verband zusammen zu schliessen.

Eiszeit statt Entspannung: Die professionellen Airbnb-Vermieter in Luzern haben sich die Sommerferien wohl gemütlicher vorgestellt. Seit geraumer Zeit stehen sie in der Kritik. Zuerst machte die SP Druck, dann doppelte der Stadtrat nach.

Dass Luzerner während der Ferien ihre Wohnung untervermieten, dagegen hat der Stadtrat nichts. Er fasst jedoch eine Regulierung der kommerziellen Angebote ins Auge. Eine gewerbsmässige dauerhafte Umnutzung einer Erstwohnung zu einer touristisch vermieteten Zweitwohnung soll aber nicht mehr uneingeschränkt möglich sein (zentralplus berichtete).

Wie es andere Städte regeln

Andere Städte und Länder zeigen, wie das aussehen könnte: München, Mallorca und Ibiza haben die dauerhafte Vermietung von Wohnungen zu touristischen Zwecken verboten. Paris verlangt von Anbietern auf Airbnb eine Registration und beschränkt die jährliche Vermietungsdauer auf 120 Tage. Genf hat eine Obergrenze von 90 Tagen, Amsterdam gar eine von nur 60 Tagen.

«Wir sind Welten davon entfernt, Familien Wohnraum wegzunehmen.»

Patrick Berisha, Keyforge

Eine solche Limite lehnen viele professionelle Anbieter in Luzern ab. Denn das kommt faktisch einem Verbot ihres Geschäftsmodells gleich. «Eine Begrenzung auf 90 Tage ist für uns als gewerblicher Appartement-Anbieter existenziell nicht durchführbar», sagt Patrik Berisha von Keyforge, der 40 Wohnungen anbietet und nun die 30 Jobs seiner Firma gefährdet sieht. Die Firma gehört laut der Stadt neben EasyLiving, Apartments Hofquartier und Apartments Hitrental zu den vier grössten Anbietern in Luzern.

Äpfel und Birnen

Die Stadt erwähnt als einen der vier grössten professionellen Anbieter auf Airbnb die Appartements Hofquartier in Luzern. Beim Unternehmen stösst das auf Verwunderung. «Wir mieten keine Wohnungen, die auf dem regulären Wohnungsmarkt angeboten werden», sagt Mitarbeiterin Valentina Fontana. Das Geschäftsmodell sehe anders aus: Claudia Moser, die ehemalige «Rebstock»-Wirtin, sei Eigentümerin der Liegenschaft und betreibe die 26 Wohnungen seit über 15 Jahren als Appartement-Hotel. Man sei also kein «Zweitwohnungsvermieter». Zudem habe ihr Betrieb zwar ein Profil auf Airbnb. «Wir haben aber gemerkt, dass diese Plattform für uns nicht funktioniert.» Die Vermietung laufe nicht mehr über diese Sharing-Plattform.

Für das Unternehmen ist zentral, wie die Stadt eine Grenze zwischen Zweitwohnungsanbietern und Hotels ziehen würde. Eine Einschränkung der Vermietdauer von 90 Tagen im Jahr würde laut Fontana bedeuten, dass Appartements Hofquartier den Betrieb nicht aufrechterhalten könnte und die Mitarbeiterinnen ihren Arbeitsplatz verlören. «Es ist dennoch nachvollziehbar, dass sich der Stadtrat mit dem Thema beschäftigt.» Appartements Hofquartier sehe vorerst keine Notwendigkeit, deswegen aktiv zu werden.

Auch Dominic Hess fände eine solche Einschränkung unfair. «Wir haben aus dieser Vermietung ein Geschäft gemacht, das stimmt», sagt der Geschäftsführer von Hitrental, die in Luzern über 80 möblierte Wohnungen anbietet. «Doch wenn aus Wohnungen ein Hotel oder ein Bürohaus gemacht wird, schreit auch niemand auf.»

Dass Ferienwohnungen auf Sharing-Plattformen gerade jetzt zu reden geben, hat laut der Stadt damit zu tun, dass die Zahl der kommerziellen Angebote in den letzten Jahren stark gestiegen ist. Die meisten stammten von einer Handvoll spezialisierter Firmen, die teilweise ganze Gebäude zu Ferienwohnungen umfunktioniert hätten. «Es zeigt sich somit zwischenzeitlich, dass es Massnahmen zum Schutz des Wohnraums braucht», schreibt der Stadtrat in einem Bericht, der bald ins Parlament kommt. Welche Regulierung in Frage kommt, ist noch unklar (zentralplus berichtete).

Leerwohnungsziffer als Gegenargument

Gestiegen ist nicht nur die Zahl der Airbnb-Wohnungen im Portfolio von Firmen, sondern auch der Leerwohnungsbestand in Luzern. So argumentieren die beiden Unternehmer Hess und Berisha. 2019 standen in der Stadt Luzern 597 Wohnungen und damit 1,3 Prozent des Bestandes leer – 2018 lag der Wert bei 1,02 Prozent. «Die weiter steigende Leerwohnungsziffer entkräftet die Dramatik der Initianten», sagt Patrik Berisha. «Wir sind Welten davon entfernt, Familien Wohnraum wegzunehmen.»

Laut Dominic Hess findet man bei Hitrental oft auch Objekte, die auf dem Wohnungsmarkt gar nicht attraktiv sind oder zuvor verlotterten oder als Bordell dienten. Das Unternehmen vermietet unter anderem auch Wohnungen in den Allmend-Hochhäusern, im ehemaligen Hotel Schiff an der Reuss oder im Tribschenquartier.

«Uns ist auch klar: Die Stadt lebt davon, dass Einheimische hier wohnen und nicht nur Touristen.»

Dominic Hess, Hitrental

Sprich: Es handle sich oft um Wohnungen, die ohnehin leerstünden. Die SP argumentiert indes, dass auch überrissene Mietvorstellungen daran schuld seien. Wohnungsvermieter wären gezwungen, ihre Mietpreise zu senken, wenn die Appartements-Anbieter nicht die Wohnungen übernehmen würden. Patrik Berisha verweist jedoch darauf, dass angesichts der Tiefzins-Strategie derzeit viele Investoren und Pensionskassen in Immobilien investieren.

«Würden alle Wohnungen in Luzern, die über Plattformen vermietet werden, auf den Markt kommen, würde sich die Leerwohnungsziffer momentan auf 2 Prozent bewegen. Dass deswegen die Mietzinse fallen würden, ist eine Illusion.» Er vermutet hinter der Ankündigung der SP mehr eine Wahlkampfaktion von David Roth, der am 20. Oktober in den Ständerat will.

Dominic Hess führt Hitrental gemeinsam mit seiner Schwester Stephanie:

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Die von der SP im August berechneten Gewinnmargen von monatlich mehreren tausend Franken pro Wohnung bezeichnet Dominic Hess als «jenseits von gut und böse». Auch der Vorwurf, damit gingen Steuererträge in Millionenhöhe verloren, weist er zurück. «Wir zahlen Steuern, Kurtaxen und Abgaben wie alle anderen Unternehmen auch.» Hitrental beschäftige allein in Luzern 23 Mitarbeiter, sagt er und deutet damit an, dass auch Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden.

Einer Lösung nicht abgeneigt – aber anders

Trotz der Gegenwehr: Dominic Hess von Hitrental steht einer Regulierung aber nicht grundsätzlich im Wege. «Uns ist auch klar: Die Stadt lebt davon, dass Einheimische hier wohnen und nicht nur Touristen.»

Er könnte sich vorstellen, dass für jedes Quartier ein zulässiges Maximum von gewerblich genutzten Zweitwohnungen definiert würde. Die Stadt wäre in diesem Modell Bewilligungsbehörde und würde die Ausstellung neuer Bewilligungen stoppen, wenn der Wert erreicht wäre. Wie hoch er angesetzt werden sollte, sei ein politischer Entscheid.

Patrik Berisha wehrt sich gegen die Kritik am Airbnb-Geschäft. (Bild: zvg)

Patrik Berisha von Keyforge lehnt eine Regelung – im Gegensatz zu einem Verbot – auch nicht grundsätzlich ab, wie er bereits vor einem Jahr gegenüber zentralplus sagte. Er glaube aber, dass sich «der Markt ohne staatliche Eingriffe selbst reguliert». Die Konkurrenzsituation drücke auf den Preis und ab einem gewissen Niveau liessen sich die Kosten nicht mehr decken. 

Verband steht in den Startlöchern

Wie geht es weiter? Die professionellen Vermieter zeigen sich gesprächsbereit und haben teilweise auch schon den Kontakt zur SP gesucht. «Ich bin überzeugt, gemeinsam finden wir eine gute Lösung», sagt Dominic Hess.

Zudem rüsten sie sich für die anstehende Debatte. «Wir planen die Gründung eines Verbandes, der die Anliegen sämtlicher Beteiligter entgegennimmt und als Drehscheibe zur Lösung beiträgt», sagt Patrik Berisha. Die Gründung soll bereits in den nächsten Tagen erfolgen.

Laut Dominic Hess ist zudem eine Aktion geplant, um auf die Anliegen der Vermieter aufmerksam zu machen. Details will er noch nicht verraten.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Roman1
    Roman1, 09.10.2019, 17:35 Uhr

    Man könnte mal kucken, wieviele Wähler*innen der SP, alleine in 4+Zimmer-Wohnungen/-Häuser wohnen…… Oder gleich Hotels verbieten, gäbe tollen neuen Wohnraum. Und fürs Klima ist es sicher super, wenn in Luzern Airbnb verboten wird und die Touristen dann von der Aglo in die Stadt fahren.. Weitsicht ist besser als Nachsicht liebe Luzernen und Tatendrang könnte auch für das Lösen von wirklichen Problemen eingesetzt werden – aber natürlich weiss ich auch, dass das Baby, dass am lautensten Schreit, zuerst den Shoppen bekommt.. also Roth macht das von der Seite her betrachtet, schon richtig..

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  • Profilfoto von Margrit Grünwald
    Margrit Grünwald, 29.08.2019, 17:18 Uhr

    Ist ja nicht ganz ernst zu nehmen, diese Argumentation von Airbnb Anbietern. Verständlich, wer sich ein lukratives Geschäft aufgebaut hat, verteidigt dies bis aufs Blut.
    Interessant wäre wirklich mal genau zu sehen, wo sind welche Wohnungen ( auf Plan eingezeichnet), in der Stadt, die so dem Wohnungsmarkt entzogen werden. Wie hoch ist die errechnete Rendite.
    Zudem, die Stadt ist aufgrund der Förderung von bezahlbarem Wohnraum durch Genossenschaften auf gutem Weg. Das zeigen die aktuellen Zahlen. So kommt sie dem Auftrag der Volksabstimmung, die 16% verlangt, schrittweise entgegen.

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  • Profilfoto von Joseph de Mol
    Joseph de Mol, 29.08.2019, 07:50 Uhr

    Die Stadt wird sich mit ihrem Ansinnen ohnehin nicht durchsetzen. Überall dort, wo es in der Stadt Luzern um Tourismus und damit Big Business geht, ist die Stadtexekutive handzahm und zahnlos. Das ist nicht unbedingt eine Kritik. Die Interdependenzen liegen offen auf dem Tisch. Und mit welcher gesetzlichen Grundlage will die Stadt hier das Problem eindämmen resp. die Entwicklung unterbinden? Wenn die Stadt Luzern etwas zur Entschärfung des Gesamtproblematik beitragen will, dann soll sie sich verstärkt dem Auftrag des Volkes (Mehr genossenschafltichen Wohnraum in der Stadt Luzern) zuwenden und dort aus den Vollen schöpfen und bezahlbaren Wohnraum initiieren. Mit dem Tourismus wollen hier eben alle Geld verdienen. Und da ist es durchaus legitim, dass dies nicht nur Bucherer, Gübelin, Casagrande, Schweizerhof usw. sind. Es gilt schliesslich die Gewerbefreiheit.

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