Positionierung der lokalen Medien zum Gripen

Pro-Statements überwiegen

Pro oder contra? Den Medien kommt im Meinungsbildungsprozess zu politischen Themen eine entscheidende Rolle zu. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Zentralschweizer Medien beziehen im Vorfeld zu den eidgenössischen Wahlen in der Frage der Kampfjet-Beschaffung Stellung. Besonders die «Neue Luzerner Zeitung» scheint sich im redaktionellen Teil, aber auch in den Leserbriefspalten auf die Seite der Befürworter gestellt zu haben. Es entsteht der Eindruck der Einseitigkeit. Täuscht er? Wir haben bei den regionalen Medien gezählt – und nachgefragt.

Grundsätzlich sind die Meinungen zu den bevorstehenden Abstimmungen am kommenden Wochenende gemacht. Nach dem letzten SRG-Abstimmungsbarometer zu urteilen, ist der Meinungsbildungsprozess bei 95 Prozent der befragten Wählerinnen und Wähler abgeschlossen.

Am meisten mediales Echo hat in den vergangenen Wochen der Abstimmungskampf um den Gripen erzeugt. Da waren die von zentral+ lancierte Debatte zu Bundesrat Maurers «Witz» über den «Gebrauchsgegenstand Frau», das Chalet ohne Dach, welches an jeder Gripen-Veranstaltung als Metapher für eine Schweiz ohne Kampfflugzeuge herhalten musste, und da war die Affäre um das intensive Lobbying des Schwedischen-Botschafters.

Regionale Medien berichten nur eingeschränkt

In der Zentralschweiz wurden diese Gripen-Themen zu einem grossen Teil von der «Neuen Luzerner Zeitung» abgedeckt. Zwar thematisierten zentral+ und verschiedene lokale Radiostationen die mögliche Beschaffung der Kampfflugzeuge in redaktionellen Beiträgen, aber nur bei einem vorhandenen regionalen Bezug. Zum Beispiel die möglichen Auswirkungen einer Gripen-Stationierung auf dem Flugplatz Emmen für den Raum Luzern.

Die Haltung von zentral+

zentral+ vertritt zum Gripen wie auch zu anderen nationalen oder regionalen Abstimmungsthemen keine offizielle oder gar publizistisch vorgegebene Meinung. Vielmehr versuchen wir die redaktionsintern geführte Diskussion durch die eigene Sichtweise der jeweiligen Autoren sichtbar zu machen. Dies kann dazu führen, dass zu einem Thema unterschiedliche Sichtweisen oder mehrheitlich kritische Artikel erscheinen. Bei der Gripen-Beschaffung war letzteres der Fall.

Wichtiger als eine vorgegebene Meinung ist uns, dass zentral+ die Diskussion vor Ort aufnimmt und vertieft, also die Auswirkungen auf unsere Region verdeutlicht. Sollten wir die Diskussion vor Ort nicht führen können oder sollten sich die regionalen Aspekte von den nationalen nicht unterscheiden, verzichten wir auf eine Berichterstattung.

Redaktion zentral+

Ob Medien mit ihrer Berichterstattung die Argumente der Gegner oder jene der Befürworter hervorheben, ist dabei eine Frage ihrer publizistischen Leitlinien. Bei der Redaktion Zentralschweiz von SRF wird beispielsweise bewusst darauf geachtet, beide Positionen einer Abstimmungsvorlage in die Berichterstattung miteinzubeziehen. «In der Summe sollte unsere Berichterstattung zu einer Abstimmung immer ausgewogen sein», sagt Stefan Eiholzer, Leiter der Regionalredaktion Zentralschweiz.       

Artikel und Leserbriefe pro Grippen

Im Gegensatz dazu bezieht die «Neue Luzerner Zeitung» NLZ eine klare Position in ihrer Berichterstattung. Bei ihrer Fusion 1996 als Forumszeitung angetreten, positionierte sie sich im aktuellen Abstimmungskampf mit Schlagzeilen wie «Gripen-Befürworter holen auf», während andere Medien dieselbe Umfrage mit «Gripen will nicht abheben» betitelten.

Am 5. Mai veröffentlichte das Luzerner Medienhaus einen Leitartikel mit dem Titel «Im Zweifel für den Gripen». Darin werden durchaus differenziert aufgearbeitete pro und contra Argumente vorgebracht, die abschliessend in der pro Gripen Parole münden. «Wir setzen uns redaktionsintern mit dem Abstimmungsthema auseinander und entscheiden danach, was für eine Position wir beziehen», sagt Kari Kälin, Ressortleiter Schweiz bei der NLZ. Aber grundsätzlich orientiere sich die Themensetzung nicht an politischen Positionen, sondern daran, wie interessant und relevant Themen oder Aspekte davon seien, erklärt Kälin die interne Richtlinie.

Etwas anders beurteilt das Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo. Die Luzerner SP-Vertreterin hatte sich in einem NLZ-Artikel zum Gripen gegen die Beschaffung der Kampfflieger ausgesprochen. «Es fällt auf, dass in den Medien in den letzten Wochen sehr oft Vertreter der Luftwaffe Interviews geben können und die Pro-Statements überwiegen. Dies trifft auch auf die «Neue Luzerner Zeitung» zu», sagt Birrer-Heimo.

Wie die Macher so die Leser

Wie in den redaktionellen Beiträgen, manifestiert sich auch in den publizierten Leserbriefen der NLZ und ihrer Regionalausgaben ein pro Gripen Argumentarium. Besonders deutlich präsentiert sich das pro-contra-Verhältnis in der «Neuen Zuger Zeitung». Dort gingen im vergangenen Monat rund 55 Leserbriefe zur Gripen-Abstimmung ein, 38 davon befürworteten die Anschaffung der neuen Kampfflugzeuge, 17 Leserbriefe votierten dagegen. Publiziert würden alle Leserbriefe, unabhängig von der politischen Haltung des Verfassers, heisst es.

Abonnenten erhielten bei Platzknappheit allerdings Vorrang, wie die «Neue Zuger Zeitung» auf Anfrage von zentral+ erklärt. Und der Platz wird in den Leserbriefspalten vor Abstimmungen bekanntlich meistens eng. Dass es auch im Kampf um den Gripen nochmals eng werden könnte, zeigt sich nicht zuletzt in den Voten der Leserbriefe. «Die verschiedenen Nein-Komitees sind sehr aktiv, aber sie haben niemals die finanziellen Mittel wie die Befürworter. Deren Finanzkraft und Macht wirkt, auch auf die Medien», sagt Prisca Birrer-Heimo. 

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