Die Preisspirale dreht weiter

Preiserhöhungen bei Kaffee und Schweizer Bier

Die Preise für inländisches Lager aus dem Heineken-Konzern sind gestiegen. (Bild: ©Emanuel Ammon/AURA)

Die Getränkepreise steigen. Bei den schweizerischen Lagerbieren hat der Heineken-Konzern per 1. Oktober  aufgeschlagen, Eichhof ist teurer geworden für die Gastronomen. Ob diese 2014 ebenfalls aufschlagen, wird sich weisen. Kaffee wird langfristig zum Luxusprodukt, da die Rohstoffpreise aufgrund der grossen Nachfrage steigen, sagen Kaffeespezialisten. Schlechte Aussichten also fürs Portemonnaie der Konsumenten.

Jeweils im Dezember wird in einem festgelegten Ritual von den Medien darüber spekuliert, ob der «Café crème» teurer werden könnte im folgenden Jahr. Der Grund: Kurz vor Weihnachten hält der Schweizer Cafetier-Verband immer seine Jahresmedienkonferenz ab und stellt die Preis-Umfrage bei seinen Mitgliedern vor. Je nach Ergebnissen fühlen sich die Cafébesitzer bestärkt, unser Portemonnaie zu schonen oder aber die Preise zu erhöhen. Doch diesmal gab es kein klares Signal.

80 Prozent unverändert

350 Cafés und Café-Bistros in der Deutschschweiz wurden 2012 befragt. Danach stieg der Preis für ein Café creme 2013 nur geringfügig um zwei Rappen auf einen Durchschnittspreis von 4.13 Franken. Gesamtschweizerisch blieb der Preis in 80 Prozent der Betriebe unverändert, denn die Branche weiss, dass ihr irgendwann die Gäste ausbleiben, wenn sie zu stark an den Preisen herumschraubt. Die Cafés, die dennoch erhöhten, gingen um durchschnittlich 10 bis 20 Rappen hinauf.

«Aus Sicht des Verbands CafetierSuisse widerspiegelt die seit Jahren äusserst grosse Zurückhaltung bei den Preisanpassungen die schwierige gesamtwirtschaftliche Situation und die Lage des Gastgewerbes im Speziellen», sagte die Präsidentin des Cafetier-Verbandes Johanna Bartholdi. Der Verband empfiehlt für 2014 keine generelle Preiserhöhung, das sei Sache jedes einzelnen Cafetiers.

In den Städten Luzern und Zug wird sich wahrscheinlich nicht viel verändern, wie eine kleine Umfrage von zentral+ ergab, denn die Preise sind im Zentrum teilweise bereits sehr hoch (siehe Kasten). «In Luzern ist man schon hart an der Schmerzgrenze von fünf Franken, vor allem bei den Betrieben an der Reuss», sagt ein Gastronome, «diese magische Grenze zu überschreiten, traut sich glaube ich niemand.»

Kaffeepreise steigen wegen hoher Nachfrage

Es sieht aber nicht so aus, als ob die Preise eines Tages wieder purzeln könnten. Kaffee, so Branchenkenner, könnte sich in den nächsten Jahrzehnten sogar stärker in Richtung eines Luxusprodukts entwickeln, ähnlich wie Wein. Dies, weil der Kaffeekonsum weltweit weiter stark zunehmen wird und die Kaffeeproduktion, beeinflusst durch Klimawandel und Überlastung der Anbauflächen, in den kommenden Jahrzehnten stetig zurück gehen wird. Dadurch steigen die Preise für Rohkaffee. Die Gastrobetriebe werden die Preiserhöhungen irgendwann an die Kunden weitergeben müssen.

Heineken erhöht Preise

Doch auch beim Bier sind die Aussichten nicht rosig. Fakt ist, dass der Heineken-Konzern in Luzern per 1. Oktober seine Preise bei seinen einheimischen Fassbiermarken überdurchschnittlich erhöht hat. Eichhof hat im Vergleich zu den anderen Marken Calanda und Ittinger mit 5,5 Prozent am meisten aufgeschlagen. Ein Liter Eichhof Braugold kostet neu 3,48 Franken (bis 30. September noch 3.30 Franken).

Das trifft vor allem Restaurants und Pubs, welche Bier offen anbieten. Beim kantonalen Wirteverband Gastro-Luzern ist man wenig erfreut. «Früher haben die Grossbrauereien zirka alle zwei Jahre aufgeschlagen, jetzt schlägt jedes halbe Jahr entweder Heineken oder Carlsberg auf», sagt Kantonalpräsident Ruedi Stöckli. Er rechnet damit, dass Feldschlösschen als wichtigster Brand von Carlsberg in der Schweiz, im Frühling 2014 nachziehen könnte.
Seit Jahren erhöhen die beiden grössten Bieranbieter praktisch im Gleichschritt ihre Preise, laut «Blick» allein seit 2007 um jeweils über 20 Prozent. Konsumentenschutzorganisationen spekulieren über Preisabsprachen zwischen den Grossen, was diese aber empört zurückweisen.

Den Gastwirten bleibe nichts anders übrig, als nachzuziehen und den Bierpreis ebenfalls zu erhöhen. «Oder aber man zahlt die Differenz selber und das ist nicht richtig», sagt Stöckli, der selber das Landgasthaus Strauss in Meierskappel betreibt. Er weist auf die gestiegenen Personalkosten durch die im L-GAV des Gastgewerbes vereinbarte Erhöhung der Mindestlöhne und den 13. Monatslohn hin.

Basler wehren sich gegen Preisdiktate

In Basel wollen die Wirte das Spiel der zwei mächtigen Bierkonzerne, die gemäss Schätzungen auf einen Marktanteil von 65 Prozent im Schweizer Biermarkt kommen, nicht mehr mitmachen. Sie proben seit Ende 2012 den Aufstand. Seither importiert der Wirteverband Basel-Stadt selber ausländisches Bier, an den offiziellen Verkaufskanälen der Bierkonzerne vorbei. Das ist billiger und im Dreiländereck nicht so schwierig.

In Luzern kann man sich für solche «Guerillataktiken» nicht erwärmen.  «Wir sind zu weit weg von der Grenze», sagt Ruedi Stöckli. Der Luzerner Verbandsvorstand entschied ausserdem, dass der Getränkeimport nicht zu den Kernaufgaben eines Arbeitgeberverbands gehöre. Er selbst bevorzuge ohnehin schweizerische Biermarken, fügt Stöckli hinzu. Positiv findet er aber den durch die  Basler ausgelösten Preisdruck.

Die Preise sind tatsächlich ins Rutschen geraten: Heineken hat die Preise für seine ausländischen Biere auf 1. Oktober 2012 teilweise massiv gesenkt. Günstiger sind speziell Erdinger Weissbier, Desperados, Heineken, Miller und Clausthaler. Heineken Lagerbier hingegen, wo kein Druck durch Parallelimporte droht, ist immer noch teurer als schweizerische Lagerbiere des Konzerns.

Restaurants «zu kleine Abnehmer»

Ganz untätig geblieben sind die Luzerner Wirte aufgrund des Basler «Bierkampfs» nicht. Sie zogen aber einen Meinungsaustausch zu den Bier- und Getränkepreisen und kritische Fragen an die Grosskonzerne einem Kampf vor. Doch nur Heineken schickte tatsächlich jemand, Feldschlösschen sagte ab und antwortete schriftlich. Ein Dorn im Auge waren Patrick Grinschgl, Präsident des Stadtluzerner Zweigs von Gastro-Luzern, die frappanten Preisunterschiede zwischen Detailhandelspreisen und Gastropreisen. Die beiden Getränkeriesen begründeten dies mit dem höheren Personal-Aufwand, dem kostenlosen Zubehör für Gastrobetriebe wie Aussenleuchten, Werbematerial, Gläser etc. Ausserdem seien die Bestellmengen der Restaurants viel kleiner.

Gemäss Patrick Grinschgl resultierten aus dem Gespräch aber auch neue Ideen: «Wir können seither das Bier auch selber in der Brauerei abholen, was günstiger ist.»

Anders als sein Kollege Stöckli ist Patrick Grinschgl auch nicht auf Schweizer Bier fixiert: «Prodega hat seit kurzem auch ein schmackhaftes Billigbier im Angebot. Ein Liter Maximilian-Bräu kostet 3.30 Franken. Man muss es halt einfach selber abholen.» Restaurants müssen ohnehin neben dem einheimischen Lagerbier Alternativen anbieten. Denn laut Ruedi Stöckli schwören regelmässige Biertrinker auf ihre traditionelle Marke und halten an dieser fest.

Stöckli findet die Preisentwicklung nach oben schade und hält fest: «Bier lässt sich immer noch gut verkaufen.» Beim Wein bekunde die Gastronomie mehr Mühe, abgesehen von festlichen Anlässen konsumierten Kunden weniger Wein. Und wenn, sei Offenausschank erwünscht.

Neuer Heineken-CEO griff Wirte an

Wer die Preistreiber sind, die uns Konsumenten letztlich das Vergnügen verteuern, ist im übrigen nicht ganz klar. Im August 2012 sorgte Roger Basler, damals gerade frisch angetreten als neuer Heineken-Chef, für einen Eklat, als er in der «Neuen Luzerner Zeitung» den Schwarzen Peter für die Preiserhöhungen den Wirten zuschob. Der Offenbierpreis sei von den Bierbrauern 2007 bis 2012 um 59 Rappen erhöht worden, sagte der Heineken-CEO damals. Die Gastronomie nehme aber im selben Zeitraum 2,57 Franken pro Stange mehr ein. – Mit der neuerlichen Preiserhöhung sind es bereits 77 Rappen Preisaufschlag. Roger Basler hat Heineken und die Getränkebranche im September 2013 verlassen.

Inzwischen ist es ruhiger geworden. Der Heineken-Konzern zieht es vor, sich zu Preisen gar nicht mehr zu äussern. «Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir als 100prozentige Tochtergesellschaft der börsenkotierten Heineken International keine Angaben zu Zahlen und Volumen machen dürfen», teilt Heineken-Mediensprecherin Daniela Kleeb schriftlich mit.

Die Personalrotation bei Heineken ist den Wirten aufgefallen. «Die Philosophie, das darf ich glaube ich schon sagen, hat stark gewechselt seit der Übernahme von Eichhof durch Heineken. Es ist weniger familiär, und das wirkt sich negativ aufs Personal aus», sagt Wirtepräsident Stöckli. «Zugpferde wie der langjährige Verkaufsdirektor René Koller haben das Unternehmen leider verlassen.»

Kleinere Brauereien haben Aufwind

Vom schwierigen Verhältnis der Wirte mit dem Grosskonzern profitieren die mittleren und kleinen Brauereien. Allen voran Luzerner Bier. «Ein Drittel unserer Produktion liefern wir in die Gastronomie», sagt David Schurtenberger, Geschäftsführer der Brauerei Luzern AG. Die Preise sind seit Beginn nicht erhöht worden. Am meisten verlangt von den Kunden wird mit grossem Abstand «Luzerner Bier – das Original», gefolgt von «Luzerner Bier – Weizen». «Unsere drei Saisonbiere fallen absatzmässig kaum ins Gewicht», sagt Schurtenberger.

An Popularität gewonnen hat auch Bier aus Baar und Einsiedeln, gar einen Beliebtheitssprung in der Innerschweiz hat Appenzeller Bier gemacht. Ein Grund für den Erfolg der Ostschweizer ist unter anderem, dass die Brauerei Locher von Appenzell in die ganze Schweiz liefert. Zahlen zum Absatz gibt der Familienbetrieb keine bekannt.

Goliath lobt die Bier-Davide

Heineken hat laut eigener Aussage kein Problem mit der neuen Konkurrenz. «Wir begrüssen kleine Brauereien, sie helfen unter anderem, die Bierkultur aufrecht zu erhalten», teilt Daniela Leeb von Heineken Switzerland mit.

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