Luzerner Politik will Klarheit bei Prämienrabatten

Prämienverbilligung: eine «Katastrophe», die sich nicht wiederholen soll

Regierungspräsident Guido Graf diesen Montag im Kantonsratssaal.

(Bild: Twitteraccount G. Graf)

Hat die Luzerner Regierung das Fuder überladen, als sie dieses Jahr bereits ausbezahlte Prämienverbilligungen zurückforderte? Sicher ist: Sie gibt damit einer Initiative der SP Rückendeckung, die mehr Sicherheit bei den Krankenkassenverbilligungen fordert. Ein Anliegen, das in weiten Kreisen auf Unterstützung stösst.

Der Aufschrei in Luzern war gross, als der Regierungsrat beschloss, bereits ausbezahlte Beiträge an die Krankenkassenprämien wieder zurückzufordern. Die Sparmassnahme trifft rund 6’000 Haushalte im Kanton (zentralplus berichtete). Die SP Kanton Luzern will als Reaktion die Prämienverbilligung auf Gesetzesstufe regeln (zentralplus berichtete). Dafür lancieren sie am Dienstagabend im Rahmen der Delegiertenversammlung die Initiative «Sichere Prämienverbilligung – Abbau verhindern». «Für viele Familien mit mittleren und kleineren Einkommen ist diese Politik nicht mehr bezahlbar», begründen die Sozialdemokraten das Vorgehen.

Ihre Initiative fordert, dass die Prämienverbilligung auch im Falle eines erneuten budgetlosen Zustandes ausbezahlt wird. Ausserdem sollen alle Haushalte mit einem jährlichen Einkommen unter 75’000 Franken Anspruch auf einen Prämienrabatt haben. Diese Grenze wurde aus Spargründen vom Regierungsrat auf 54’000 Franken gesenkt, dadurch verloren zahlreiche Haushalte einen Anspruch auf eine Vergünstigung. Heute kann die Regierung in Eigenregie Anpassungen bei den Prämienverbilligungen vornehmen, neu müsste sie dafür den Weg durch das Parlament gehen.

«Es ist ein Thema, das viele in der SP-Wählerschaft ärgert.»

Olivier Dolder, Politologe

Für den Wahlkampf hilfreich

Weiter sieht die Initiative vor, dass die Beitragshöhe des Kantons an die Prämienverbilligung 49 Millionen Franken nicht unterschreitet. Das entspricht dem Betrag aus dem Jahr 2016. Ausserdem fordert die Initiative für Familien mit Kindern oder Jugendlichen einen Pauschalbeitrag von mindestens 9’000 Franken an die Prämienrechnung. Bisher war lediglich festgeschrieben, dass die Prämie von Jugendlichen und Kindern um 50 Prozent verbilligt wird. Ein weiteres Kernelement der Initiative sieht vor, dass die Regierung neu jährlich die Berechnung der Prämienverbilligung festlegen muss und nicht wie heute «nach Massgabe der verfügbaren Mittel».

GLP-Präsident Roland Fischer, CVP-Präsident Christian Ineichen und Politologe Olivier Dolder.

GLP-Präsident Roland Fischer, CVP-Präsident Christian Ineichen und Politologe Olivier Dolder.

(Bild: zvg)

Doch hat die SP-Initiative Chancen, angenommen zu werden? Aus heutiger Sicht und ohne öffentliche Debatte sei das schwer zu sagen, sagt Politologe Olivier Dolder. Grundsätzlich sei der Moment günstig: «Es ist ein Thema, das viele in der SP-Wählerschaft ärgert.» Damit verschaffe sich die Partei Unterstützung im linken Lager. Die Initiative sei natürlich auch im Hinblick auf die kantonalen Wahlen im Frühling 2019 für die Partei von Nutzen, so Dolder.

CVP wünscht sich Flexibilität

Das Zünglein an der Waage spielen bekanntlich die Mitteparteien und dort ist eine positive Grundstimmung spürbar. «Ich begrüsse das Vorgehen der SP grundsätzlich», sagt CVP-Präsident Christian Ineichen. Seine Partei verlangte im Kantonsrat in einem dringlichen Vorstoss, dass es nicht mehr zu einer erzwungenen Rückzahlung von Prämienverbilligungen kommen kann.

Bei der konkreten Realisierung stellen sich für den Marbacher aber noch Fragen. Ineichen bezweifelt, ob es klug ist, die Beträge gesetzlich zu fixieren: «Dadurch verliert der Kanton die Möglichkeit, flexibel die Grenzen für die Prämienverbilligung nach unten oder oben zu korrigieren. Das kann auch heissen, dass man die Grenzen bei Bedarf nicht einfach erhöhen kann.» David Roth ergänzte gegenüber zentralplus, dass in der Initiative die Maximalgrenze von 75’000 Franken für den Bezug einer Prämienverbilligung nach oben offen sei.

«Dass die Regierung einen Teil der bereits ausbezahlten Prämienvergünstigungen zurückforderte, war eine Katastrophe und darf sich nicht wiederholen.»

Roland Fischer, Präsident GLP Kanton Luzern

Als Alternative zur SP-Initiative schwebt Ineichen vor, die Vergünstigung an die Prämiensteigerung zu koppeln. Die kantonalen Beiträge würden so automatisch der Kostenentwicklung der Krankenkassenprämien angeglichen. Ein allfälliger Gegenvorschlag zum Vorschlag der Sozialdemokraten sei vorstellbar, sagt Ineichen.

Der CVP-Präsident kritisiert das Vorgehen der Regierung bei der Prämienverbilligung scharf. Dieser forderte von zahlreichen Haushalten bereits ausbezahlte Prämienbeiträge zurück: «Es ist blanker Hohn und naiv zugleich, dass der Regierungsrat glaubt, einmal ausbezahlte Beiträge an die Krankenkassenrechnung einfach wieder zurückfordern zu können. Damit verkauft man die Leute für dumm.»

Prämienverbilligung auf nationaler Ebene lösen?

Weitere Sparmassnahmen bei der Prämienverbilligung «lehnt die CVP kategorisch ab». Ineichen sieht ausserdem massives Sparpotenzial im Gesundheitsbereich, seine Partei plant deshalb auf nationaler Ebene eine Initiative, welche das Kostenwachstum im Gesundheitswesen stoppen soll. Die Initiative befindet sich derzeit in der parteiinternen Vorprüfung: «Die Schweiz gibt jährlich 30 Milliarden Franken für die Gesundheit aus. 6 Milliarden davon könnten ohne Leistungseinbussen eingespart werden.»

«Die Prämienverbilligung gesetzlich festzulegen, halte ich grundsätzlich für eine gute Idee», findet GLP-Präsident Roland Fischer. Denn es sei durchaus möglich, dass der budgetlose Zustand in Zukunft wieder eintritt. «Die Stossrichtung der Initiative ist zu begrüssen.» Eine konkrete Unterstützung des Begehrens hänge aber vom Entscheid des Parteivorstandes ab.

Zuerst sei zu klären, wie sich die einzelnen Punkte des neuen Gesetzestextes auswirken. Wie Ineichen kritisiert auch Fischer die Sparmassnahme der Luzerner Regierung scharf: «Dass die Regierung einen Teil der bereits ausbezahlten Prämienvergünstigungen zurückforderte, war eine Katastrophe und darf sich nicht wiederholen.» Er erinnert daran, dass der Kanton verpflichtet ist, die Prämienverbilligung an Personen mit niedrigen Einkommen auszubezahlen. «Wenn die Kantone das in Zukunft nicht mehr gewährleisten können, müsste man auf nationaler Ebene stärker regulierend eingreifen», regt Fischer an.

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