Kantonsfinanzen systematisch schlecht gerechnet

Potz Milliarde: Zug «verrechnet» sich um 1’021’900’000 Franken

Viel Gewinn in Sparzeiten? Das finden nicht alle gerechtfertigt. Dies, obwohl es plausible Gründe für vorsichtige Budgets gibt.

(Bild: Adobe/ Montage wia)

Einmal mehr sind die Einnahmen des Kantons Zug viel besser ausgefallen als geplant. 150 Millionen Franken sind es diesmal. Kein Einzelfall: Zug rechnet sein Budget systematisch klein. Alleine in den letzten 14 Jahren verkalkulierte er sich so um über eine Milliarde Franken. Dies stösst auf Kritik.

Der Kanton Zug hat am Donnerstag eine Jahresrechnung präsentiert, die sich sehen lassen kann. Fast 150 Millionen Franken Gewinn hat der Kanton im letzten Jahr geschrieben. Ein Resultat, das so von Seiten der Regierung überhaupt nicht erwartet worden war. Budgetiert wurde mit 2 Millionen Franken Gewinn nämlich eine schwarze Null. Unweigerlich stellt sich da die Frage: Wie kann man sich derart verrechnen?

Die Antwort von Finanzdirektor Heinz Tännler folgte denn auch prompt (zentralplus berichtete). Einmaleffekte aus Firmen verbesserten die Steuerflüsse. Der Kanton musste weniger Geld an den nationalen Finanzausgleich entrichten. Es wurde weniger Geld investiert als geplant.

Sparen und gleichzeitig Riesengewinne? Das passt den Linken nicht

Allen Erklärungen zum Trotz: Die Zuger Linken sind wütend. Sie finden, es sei nicht legitim, riesige Gewinne zu schreiben, während im Kanton noch immer Sparmassnahmen umgesetzt werden. Wir erinnern uns: Vor nicht allzu langer Zeit warnte sogar Finanzdirektor Heinz Tännler, dass der darbende Kanton Zug an einer Steuererhöhung wohl nicht vorbeikommen werde (zentralplus berichtete). Als dann jedoch ein unerwarteter Steuersegen eintraf, änderte die Regierung ihre Haltung flugs.

Eine grosse Diskrepanz zwischen Budget und Rechnung ist im Kanton Zug jedoch nichts Aussergewöhnliches. In den Jahren 2005 bis 2008 zauberte die Finanzdirektion jeweils mindestens 100 Millionen Franken mehr aus der Erfolgsrechnung als geplant.

Schon 2005 waren «Einmaleffekte» en vogue

Die Gründe? Klingen vertraut. Von Einmaleffekten ist die Rede, unerwarteten Einnahmen juristischer Personen und geringeren Investitionen als angenommen. Im Jahr 2009 kippte die Sache, die Euphorie schwand, die Krise tauchte auf. Doch auch während dieser Zeit passierte es dem Kanton Zug, dass statt eines Verlustes von 40 Millionen ein Gewinn von über 80 Millionen Franken herausschaute.

 

So geschehen im Jahr 2011. Damals wurden «substanzielle Einmaleffekte» dafür verantwortlich gemacht. Danach ging’s in Richtung Minuswirtschaft. Jedenfalls bis der Kanton nun, mit der Rechnung 2018, mit einem Mordsplus aus den roten Zahlen emporstieg.

Insgesamt hat sich der Kanton Zug seine Budgets in den letzten 14 Jahren um über eine Milliarde negativer geschätzt als effektiv ausgefallen.

Lieber etwas pessimistischer

CVP-Ständerat Peter Hegglin, der zwischen 2003 und 2016 als Finanzdirektor des Kantons Zug amtete, sagt zur Problematik dieser Diskrepanzen: «Gemeinden und Kantone versuchten und versuchen immer wieder mit wissenschaftlichen Modellen, die Prognosegenauigkeit zu verbessern. Bis jetzt mit wenig Erfolg.» Aus diesem Grund habe die öffentliche Hand die Tendenz, Einträge eher vorsichtig einzuschätzen.

Diese Aussage passt zur Tendenz der letzten Jahre. Es wurde eher zu pessimistisch budgetiert. Nur zweimal in den letzten 14 Jahren hat der Kanton zu positiv budgetiert.

Peter Hegglin erklärt weiter: «Es ist schwierig einzuschätzen, ob 2018 zu vorsichtig budgetiert wurde, da ich die Beurteilungsgrundlagen nicht habe.» Er fährt fort: «Allerdings dürfte sich der sehr positive Abschluss schon im Verlaufe des vergangenen Jahres abgezeichnet haben.»

Es könne allerdings gut sein, dass man den Zahlen noch nicht getraut habe und diese deshalb nicht ins Budget 2019 einbezogen habe, so der Ex-Finanzdirektor weiter.

Prognosen: Je kleiner der Kanton, umso schwieriger

Marius Brülhart, Finanzexperte an der Universität Lausanne, bestätigt Hegglins Aussage: «Finanzminister kündigen lieber positive Überraschungen an als negative. Und leitenden Beamten mit Budgetkompetenzen fällt es leichter, am Ende des Jahres Budgetreste übrig zu lassen als Nachtragskredite beantragen zu müssen.» Er gibt weiter zu bedenken, dass es umso schwieriger sei, Prognosen zu machen, je kleiner ein Kanton ist. Dies, weil einzelne unsichere Projekte schwerer wiegen würden als bei grossen Kantonen.

«Angesichts der systematisch zu pessimistischen Voranschlägen scheint eine gewisse Skepsis nicht unbegründet.»

Marius Brülhart, Finanzexperte

Obwohl stets ein sparsamer Umgang mit Steuergeldern geboten sei, kann Brülhart die Haltung der Kritiker nachvollziehen. «Angesichts der systematisch zu pessimistischen Voranschlägen scheint eine gewisse Skepsis nicht unbegründet», so der Experte. Ausserdem erweise sich der Kanton Zug ja nach wie vor als Magnet für mobile Firmengewinne. «Ein Phänomen, das sich weiterhin halten dürfte, egal wie die Abstimmung zur Steuerreform kommenden Mai ausgeht», sagt Brülhart.

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