Stadtrat reagiert auf wütende Bürger

Postplatz: Zuger Stadtrat will Aufwertung trotz bestehender Parkplätze

Karl Kobelt und Eliane Birchmeier orientierten am Freitag die Medien.

(Bild: ewy)

Die Bevölkerung der Stadt Zug ist verunsichert wegen der Aufhebung der Parkplätze auf dem unteren Postplatz. Um in dieser Angelegenheit zu klären und um den aktuellen Stand der Entwicklung sowie die weiteren Schritte aufzuzeigen, hat der Stadtrat kurzfristig zu einer Medienorientierung am Freitagnachmittag eingeladen.

Am Dienstag wurde es ungemütlich für den Zuger Stadtrat. Ein Wutschreiben des CVP-Politikers Leo Granziol machte die Runde (zentralplus berichtete). Die Vorwürfe: Der Stadtrat missachte den Volkswillen, indem sie die 42 Parkplätze am unteren Postplatz aufheben würden. Dies, nachdem sich die Bevölkerung für deren Erhalt ausgesprochen hatte. Eine Info, die Granziol «aus sicherer Quelle» habe.

Weil der Stadtrat offenbar in Bedrängnis geriet, lud er am Freitag spontan zu einer Medienkonferenz, an der Karl Kobelt (FDP) und Eliane Birchmeier (FDP) orientierten. Und darüber informierten, wie es überhaupt zur aktuellen, vertrackten Situation kommen konnte.

Die heutige Parkplatzsituation geht auf die Jahre 2005 und 2006 zurück. Damals hatte die Stadt Zug in einem breiten Mitwirkungsverfahren eine Strategie der räumlichen Entwicklung erarbeitet. Diese sei auch für den Bebauungsplan Post massgebend, wie der Stadtrat beteuerte. Die Aufhebung der oberirdischen Parkplätze sei in diesem Mitwirkungsverfahren engagiert diskutiert worden.

Vor zehn Jahren sagte das Volk noch Ja zum Bebauungsplan

«Die Aufhebung fand eine breite Zustimmung, weil im neuen Parkhaus Post 100 öffentliche Parkplätze – netto also 40 zusätzliche Parkplätze – geschaffen werden. Der Grosse Gemeinderat stimmte dieser Planung mit 32 zu 5 Stimmen ebenfalls zu», so der Stadtrat.

Gegen diesen Beschluss wurde das Referendum ergriffen, weshalb eine Urnenabstimmung stattfand. Am 1. Juni 2008 sagten 65 Prozent der abstimmenden Zuger an der Urne Ja zum Bebauungsplan, der Zonenplanänderung, dem Baukredit zur Umgestaltung des oberen Postplatzes sowie dem Kauf von 100 Parkplätzen. «Dieser Bebauungsplan hat heute Gültigkeit», so der Stadtrat.

Doch begann es in der Bevölkerung einige Jahre später wieder zu rumoren. Am 21. Februar 2018 wurde die Volksinitiative «Ja zu Gewerbe und Läden in der Altstadt!» mit 1090 gültigen Unterschriften eingereicht. Die Initiative wurde 10. Juni 2018 mit 4’821 zu 3’480 Stimmen angenommen. Der Stadtrat wurde somit beauftragt, den Bebauungsplan Post so abzuändern, dass die gemäss Bebauungsplan aufzuhebenden oberirdischen Parkplätze im Bereich der Altstadt – ausser auf dem oberen Postplatz – erhalten bleiben.

Der Volkswille kann nicht umgesetzt werden

Nach dem Abstimmungsresultat vom 10. Juni 2018 hat der Stadtrat umgehend gehandelt mit dem Ziel, den neuen Volksauftrag umzusetzen. Bereits am 3. Juli 2018 – also rund vier Wochen nach dem Volksentscheid –  reichte das städtische Baudepartement der Baudirektion des Kantons Zug die Bebauungsplanänderung zur Vorprüfung ein.

Dies mit dem Ziel, eine Änderung des gültigen Bebauungsplanes in Umsetzung der Volksinitiative «Ja zu Gewerbe und Läden in der Altstadt!» zu erreichen.

«Der Kanton hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.»

Eliane Birchmeier, Stadträtin

Die Kantonale Baudirektion erteilte dem geplanten Vorgehen der Stadt Zug mit negativem Vorbescheid vom 19. Oktober 2018 eine Absage. «Da hat uns der Kanton bei der Umsetzung der Initiative einen Strich durch die Rechnung gemacht», sagte Stadträtin Eliane Birchmeier im Rahmen der Medienkonferenz.

In ihrem Vorprüfungsbericht führte die Baudirektion zur Frage der Genehmigungsfähigkeit unter anderem Folgendes aus: Aufgrund der Ausführungen im nach wie vor aktuellen Planungsbericht vom 26. Juni 2007 werde klar, dass es nicht zulässig sei, einerseits mit dem Bebauungsplan von der Regelbauweise massiv abzuweichen (u.a. plus drei Stockwerke sowie Unterschreitung des Grenzabstandes) und anderseits nachträglich die dafür erforderlichen wesentlichen Vorteile nach § 32 PBG wegbrechen zu wollen.

Ein Bruch mit dem Gesetz

Gleiches gelte in Bezug auf die öffentlichen Parkplätze im Parkhaus. Die 100 neuen öffentlichen Parkplätze im neuen Parkhaus seien zwingend mit der Aufhebung von 60 oberirdischen Parkplätzen verbunden.

Ein nachträgliches Wegbrechen der wesentlichen Vorteile des Bebauungsplans sowie gleichzeitig der Voraussetzung für 100 neue öffentliche Parkplätze im neuen Parkhaus wäre eine offensichtliche Umgehung von § 32 PBG. Die geplante Änderung des Bebauungsplans sei daher nicht genehmigungsfähig.

Stadtrat beschloss, auf eigene Faust zu handeln

«Gestützt auf den negativen Vorbescheid stellte sich der Stadtrat auf den Standpunkt, dass es keinen Sinn macht, die geplante Bebauungsplanänderung dem Grossen Gemeinderat der Stadt Zug zu unterbreiten. Der Ausgang eines solchen Vorverfahrens wäre höchst ungewiss gewesen», so die Zuger Exekutive.

Vielmehr sei der Stadtrat damals der Ansicht gewesen, dass die Volksinitiative für undurchführbar angesehen werden müsse. Aus diesem Grund sah er in der nachträgliche Ungültigerklärung infolge Undurchführbarkeit einen Ausweg aus der Pattsituation. «Dies wurde gegenüber der Öffentlichkeit auch so kommuniziert», so der Stadtrat.

Ein neuer Versuch beim Kanton

Der Stadtrat zog diesen Entscheid in neuer Besetzung im Januar in Wiedererwägung. Der Stadtrat sei dabei zum Schluss gekommen, dass mit einem neuen Antrag an den Kanton nochmals ein Versuch gestartet werden sollte.

Gestützt auf diesen Entscheid werde derzeit ein neuer Vorschlag zur Änderung des aktuell gültigen Bebauungsplanes ausgearbeitet», sagt der Stadtrat.  Dieser «Kompromissvorschlag» versuche, die dannzumaligen Bedenken des Kantons aufzunehmen. Vorgesehen sei,dddd eine Aufwertung des unteren Postplatzes unter Beibehaltung von Parkplätzen zu erreichen.

Der untere Postplatz heute. Nach der Eröffnung des Parkhauses soll er autofrei werden. Oder doch nicht?

Der untere Postplatz heute. Nach der Eröffnung des Parkhauses soll er autofrei werden. Oder doch nicht?

(Bild: mbe.)

Auch der neue Vorschlag zur Bebauungsplanänderung müsse jedoch dem Kanton zur Vorprüfung unterbreitet werden. Die Bebauungsplanänderung sei schliesslich durch den Grossen Gemeinderat der Stadt Zug vorzunehmen. Über das Mitwirkungsverfahren nach der 1. Lesung des revidierten Bebauungsplans Post könne eine breite Diskussion stattfinden.

Parkplätze müssen gemäss Bebauungsplan bis Ende April weg

Auch mit dem neuerlichen Versuch wolle der Stadtrat der grösstmöglichen Umsetzung der Initiative Nachachtung verschaffen. Unabhängig davon bestehe ein rechtsgültiger Bebauungsplan, welchen es nach dem Rechtstaatsprinzip umzusetzen gelte.

Solange eine Änderung des bestehenden Bebauungsplanes nicht erfolgt sei, müsse dieser gemäss Stadtrat eingehalten werden. Der aktuell gültige Bebauungsplan sehe die Aufhebung der Parkplätze innert Jahresfrist nach Eröffnung des Parkhauses vor. Der Stadtrat werde deshalb die Parkplätze auf dem unteren Postplatz im April aufheben.

Vorerst bleibt alles beim Alten

Auch gegen diesen Entscheid des Stadtrates würden selbstverständlich sämtliche Rechtsmittel zur Verfügung stehen, denen aufschiebende Wirkung zukommt. Damit würden die Parkplätze vorerst erhalten. Birchmeier betont dies: «Die Befürworter der Initiative werden Einsprache erheben, damit wird die Aufhebung bis zum Entscheid des Gerichts aufgeschoben.»

«Auf unsere Weise können wir dem Willen des Volkes am besten gerecht werden.»

Karl Kobelt, Stadtpräsident Zug

«Der Stadtrat hätte auch sagen können, dass er die Parkplätze nicht aufheben werde», sagt Kobelt. «Das hätte jedoch zwei negative Folgen gehabt.» Erstens wäre das seitens des Stadtrates Rechtsverweigerung gewesen und hätte eine Klage nach sich gezogen, so der Stadtpräsident.

«Fast wichtiger ist aber, dass wir auf unsere Weise dem Willen des Volkes am besten gerecht werden können», meinte er weiter. Denn so würden die Parkplätze bestehen bleiben. Während der Aufschiebung der Aufhebung der Parkplätze will die Stadt mit dem Kanton den neuen Bebauungsplan aushandeln. Im Optimalfall soll dieser stehen, bevor das Gericht über den definitiven Wegfall der Parkplätze entscheidet.

Den Kiosk mit dem Bushäuschen vereinen

Der obere Teil des unteren Postplatzes soll im Stile des oberen Postplatzes überarbeitet werden. «Wir wollen auch den Kiosk, der fast auseinanderfällt, zum Bushäuschen zügeln, und ihn in dieses integrieren», erklärte Birchmeier. Ausserdem soll es dort Sitzgelegenheiten geben.

Der untere Teil soll indessen weiterhin mindestens zwölf Parkplätze beherbergen. Elf Parkplätze, die wegfallen, sollen im Perimeter von 300 Metern ersetzt werden. «Dass dies mit allen elf funktioniert, will ich aber noch nicht versprechen», so Birchmeier.

«Das ist eine komplexe und schwierige Geschichte, aber wir werden es schaffen», so Kobelt. Der Stadtpräsident ist davon überzeugt, das hat man gemerkt.

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