Annette Luther beerbt Matthias Michel

Roche-Chefin wird die Zuger Regierung in der Kantonalbank vertreten

Kommt gut an: Die Pharma-Managerin Annette Luther aus Risch.

(Bild: zvg)

Staatsgarantie hin oder her: Der Zuger Regierungsrat will nicht mehr selber Einsitz im Bankrat der eigenen Kantonalbank nehmen und entsendet stattdessen die Chefin der grössten Arbeitgeberin im Kanton  – Roche Diagnostics. Dies, obwohl sie keine Verbindung zum Bankwesen hat.

Annette Luther (49) wartete immer mit Bestnoten auf. Beim Abschluss ihres Pharmaziestudiums erhielt die Freiburgerin einen Preis für ausgezeichnete Resultate. Ihre Doktorarbeit in biomedizinischen Wissenschaften wurde mit summa cum laude – allerhöchstem Lob – bewertet.

Dann stieg sie beim Pharmakonzern Roche in die Kommunikation ein und wurde 2014 Geschäftsführerin der Sparte Diagnostics. Sie übernahm 2018 auch das Verwaltungsratspräsidium.

Bedenken wegen Ämterkumulation und Corporate Governance hat der Basler Konzern keine. Die Roche Diagnostics International AG ist eine Tochtergesellschaft des Konzerns. Doppelmandate seien in dieser Konstellation innerhalb des Konzerns keine Seltenheit, heisst es auf Anfrage.

Die ideale Kandidatin

Längst muss Annette Luther nicht mehr selber kommunizieren – das erledigen Angestellte für sie. Dennoch ist die Mutter von zwei Kindern, die in einem Mittelklassequartier in Risch wohnt, immer mal wieder in der Öffentlichkeit präsent – bei Vorträgen oder im Rahmen ihres regionalen Engagements, zum Beispiel bei der Zuger Wirtschaftskammer. Nun soll sie auch noch den Kanton Zug als Mehrheitsaktionär im Bankrat der Zuger Kantonalbank vertreten.

«Wir wollten bei gleicher Qualifikation tendenziell weibliche Kandidaturen bevorzugen.»

Heinz Tännler, Finanzdirektor (SVP)

Das Bankgesetz erlaubt es dem Kanton, vier Vertreter in den Verwaltungsrat zu entsenden. Einer davon, alt Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel (FDP) wird aber im Mai bei der nächsten Generalversammlung zurücktreten.

Für ihn hat der Regierungsrat  einen Nachfolger gesucht und ihn in Gestalt von Annette Luther gefunden. Sie erfülle die Anforderungen «in idealer Weise». So pries der Regierungsrat seine Kandidatin an, als er sie vergangene Woche vom Kantonsparlament bestätigen lassen musste.

Herrin auf Schloss Buonas

Die Bestätigung erfolgte problemlos – 65 Kantonsparlamentarier waren dafür und nur zehn dagegen. Doch was sind für die anonymen Gegenstimmen, welche keinem politischen Lager zuzuordnen sind, bei dieser Wahl? Die Frage stellt sich, zumal Annette Luther bei den Zuger Kantonsräten schon punkten konnte.

Als im vergangenen September nämlich das Zuger Kantonsparlament sein Schulreisli in die Heimatgemeinde des Ratspräsidenten unternahm, landete es im Schloss Buonas. Dieses gehört Roche und ist normalerweise für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Für die Politiker aber gabs Extraführungen und Annette Luther hielt als Hausherrin auch eine Rede.

Roche beschäftigt 2600 Leute

Luther ist Chefin von 2600 Angestellten im Kanton Zug. Neben ihrer pharmazeutischen Ausbildung hat sie Managementschulungen absolviert. Aber zum Bankwesen hat sie keine Verbindung, wie auch ihre Sprecherin bestätigt.

Die futuristischen Gebäude von Roche Diagnostics im zugerischen Rotkreuz. Ende Juni gingen nach Angaben der Firma hier 2431 Mitarbeiter aus 50 Ländern ein und aus.

Die futurisitischen Gebäude von Roche Diagnostics in Rotkreuz sind der Arbeitsort der neuen Bankrätin.

(Bild: PD)

Warum also soll sie die Zuger Regierung im Bankrat der Zuger Kantonalbank vertreten? Dies hatte sich zum Beispiel auch der SP-Abgeordnete Alois Gössi aus Baar gefragt, der selber aus dem Bankfach kommt, und auch in Zukunft lieber eine regierungsrätliche Vertretung im Verwaltungsrat der Zuger KB gesehen hätte.

Finma begrüsst den Schritt

Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP) erklärte im Kantonsrat: Man habe aus Gründen der guten Unternehmensführung beschlossen, dass die Regierungsräte sich nicht mehr selber in staatsnahen Betrieben engagieren wollten, sagte er unter anderem. Dieser Schritt werde auch von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) begrüsst.

In anderen Kantonen wie Zürich oder Basel mag die Staatsbank eine öffentlich-rechtliche Anstalt sein. In Zug dagegen ist es eine öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft, die zu beinahe 50 Prozent in privaten Händen ist – das macht die Situation der Zuger KB speziell. An der Staatsgarantie und der Kontrollmehrheit des Kantons wird aber auch im neuen Gesetz zur Zuger Kantonalbank nicht gerüttelt.

Systematische Suche

Doch zurück zu Annette Luther. Von ihrem Auftreten in Buonas waren viele Kantonsräte sehr angetan. Doch dies hatte offenbar keinen Einfluss auf ihre Berufung zur Bankrätin. Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP) sagte auf Anfrage, er habe erst zu Jahresbeginn erfahren, dass Matthias Michel sein Mandat zurückgeben wolle.

Der Regierungsrat habe dann in enger Zusammenarbeit mit dem Bankrat das Nachfolgeproblem angepackt. «Wir haben eine Matrix mit Fähigkeiten erstellt, die im Bankrat der Zuger Kantonalbank vertreten sein müssen», so Heinz Tännler. «Wobei das Banking natürlich eine hohe Priorität hat.»

Dieses ist derzeit mehrfach vertreten, ebenso das IT-Wissen und die Juristerei. Auch das Know-how aus dem Immobilienbereich ist wichtig – schliesslich lebt die Zuger Kantonalbank vom Zinsdifferenzgeschäft und das läuft zu einem grossen Teil über die Baufinanzierung.

Unternehmerin gesucht

«Wir suchten vor allem eine Person mit unternehmerischer Ausrichtung», sagt Tännler. Ausserdem sollte sie regional gut vernetzt sein und eine Ahnung von Zuger Befindlichkeiten haben. Das erfülle Annette Luther. Sie ist neben ihrem Engagement für Roche Diagnostics und jenem als Vizerpäsidentin der Zuger Wirtschaftskammer auch Verwaltungsrätin der Roche Forums Buonas AG, Vizepräsidentin des Technologieforums Zug und Stiftungsrätin der Stiftung der Hochschule Luzern.

Laut Tännler ist man bei der Suche nach einem neuen Bankrat schrittweise vorgegangen. Nach der Definition der Anforderungen wurde eine Longlist von 15 möglichen Kandidaten erstellt.

Am Schluss standen nur noch Frauen zur Auswahl

Daraus haben der Zuger KB-Bankrat und der Regierungsrat dann eine engere Auswahl getroffen – zur Diskussion hätten am Schluss nur noch drei Frauen gestanden. «Wir wollten bei gleicher Qualifikation tendenziell weibliche Kandidaturen bevorzugen», sagt Heinz Tännler.

So kam denn die Roche-Diagnostics-Chefin zum Handkuss und wurde angefragt, ob sie an einem Mandat im Bankrat der Zuger Kantonalbank interessiert sei. «Der zeitliche Aufwand für das Mandat ist in Kombination mit der Tätigkeit für Roche für Frau Luther gut tragbar», sagt Roche-Sprecherin Karin Freyenmuth. Es sei das einzige Mandat, dass sie zusätzlich zu ihren Aufgaben als Standortleiterin von Roche Diagnostics wahrnehme.  

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