Für zweiten Wahlgang liesse sich viel einsparen

Experte: «Das Luzerner System mit diesen vielen Listen ist absurd»

Bereits im ersten Wahlgang wurden etliche Wahlvorschläge für den Regierungsrat eingereicht.

(Bild: les)

Korintha Bärtsch wird auf sieben Wahllisten als einzige Kandidatin für den Luzerner Regierungsrat vorgeschlagen. Das ist absurd und kostet unnötig viel, findet ein Experte. Denn jeder Stimmberechtigte wird einen Block mit 15 Listen zum Herausreissen erhalten.

Jetzt ist’s auch formell bestätigt: Um die beiden verbleibenden Sitze in der Luzerner Regierung buhlen Korintha Bärtsch (Grüne), Marcel Schwerzmann (parteilos) und Paul Winiker (SVP). Insgesamt 15 Wahlvorschläge wurden eingereicht. Damit wird auch im zweiten Wahlgang wieder jeder Stimmberechtigte einen Block mit 15 Listen zum Herausreissen erhalten. Alleine auf sieben davon steht einzig der Name von Korintha Bärtsch. Das Duo Winiker/Schwerzmann ist auf vier Listen vertreten, das Duo Winiker/Bärtsch auf drei. 

«Das System mit diesen vielen Listen ist absurd und riecht nach Amtsschimmel», sagt Politologe Mark Balsiger. «Es ist ja nicht so, dass diese Wahlvorschläge nur eingereicht werden. Insgesamt müssen nun 15 verschiedene Wahllisten gedruckt und verschickt werden. Allein in diesem Wahlgang könnten etwa 40’000 Franken gespart werden», stört er sich auf Anfrage von zentralplus. Er plädiert für eine Abschaffung. «Man kann von den Leuten erwarten, dass sie auf eine leere Liste ein paar Vor- und Nachnamen schreiben können», so Balsiger. In den meisten Kantonen würde das so gehandhabt.

Hinter jedem Wahlvorschlag stehen 30 Leute

«Es kommt dazu, dass bei einigen Wahlvorschlägen niemand weiss, wer dahintersteht», kritisiert er die mangelnde Transparenz. Und er ortet auch ein staatspolitisches Problem. «Diese Listen untergraben das System der Personenwahl. Wer in ein Exekutivamt gewählt wird, sollte sich geradezu mit einer gewissen Distanz zu Parteien und Verbänden auszeichnen.» Der Berner Berater geht mit dem Luzerner System hart ins Gericht: «Es strapaziert die Geduld der Wählerinnen und Wähler.»

Politologe Mark Balsiger findet das System «absurd».

Politologe Mark Balsiger findet das System «absurd».

(Bild: zvg)

Eine Anfrage von zentralplus beim Amt für Gemeinden bringt bezüglich Transparenz etwas Licht ins Dunkel. So seien die Wahlvorschläge öffentlich vor Ort einsehbar. Hinter jeder Liste stehen 30 Personen mit ihrem Namen. Doch es wird auch gleich klar, dass das System gar nicht so viel Nutzen aufweist, wie man annehmen könnte. Welche Liste wie oft verwendet wird, wird vom Kanton am Wahltag nämlich nicht einmal ausgewertet. 

Änderung scheiterte nur knapp

In der letzten Legislatur wollten Grüne, SP und Grünliberale das System verändern und nur noch Blankolisten verschicken. Die Regierung fand die Idee grundsätzlich gut. In der Begründung hiess es etwa: «Die Verunsicherung der Stimmberechtigten aufgrund der vielen Wahllisten widerspiegelt sich auch bei den ungültigen Stimmabgaben.» Oder: «Mit der Einführung einer einzelnen Wahlliste auf Kantonsebene könnten Druckkosten von bis zu 40’000 Franken pro Wahlgang eingespart werden.» Statt Blankolisten präferierte die Luzerner Regierung aber ein System, wo die Wähler die einzelnen Kandidaten ankreuzen könnten. 

Im Kantonsrat fand das Anliegen aber keine Mehrheit und scheiterte mit 49 zu 55 Stimmen knapp. FDP und CVP votierten gegen die Änderung. Insbesondere wollte man die Möglichkeit für Interessengruppen wahren, eine Wahlempfehlung zur Orientierung der Stimmberechtigten abgeben zu können. 

Doch genau hier liegt ein grosses Problem des Systems. Während die Junge CVP mit ihrer Wahlempfehlung (Bärtsch/Winiker) klar identifizierbar ist, hat man beim Vorschlag «Klar bürgerlich» keine Vorahnung, wer das sein könnte. Und die Mühe, vor Ort die dreissig Namen zu betrachten, macht sich wohl kaum jemand. Geschweige denn, noch Recherchen anzustellen, welchen Hintergrund diese Personen haben. 

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