Trotz hohen Pensen wird Berufsparlament abgelehnt

Diese Zuger Parlamentarier haben am meisten Mandate

Die Zuger Parlamentarier haben viel zu tun.

(Bild: zvg/Montage)

Die Zuger National- und Ständeräte arbeiten im Durchschnitt etwa 60 Prozent für das Parlament, daneben haben sie alle etliche weitere Beschäftigungen. Die Zahl der Mandate ist bei einem Zuger Ständerat besonders gross.

In seiner Late-Night-Show betonte der Zuger Comedian Michael Elsener den Umstand, dass viele Schweizer Parlamentarier neben ihrem politischen Amt auch sehr viele Mandate in der Privatwirtschaft haben. Oft müssten sie, um diese alle seriös zu erfüllen, weit über hundert Stellenprozent arbeiten.

Doch wie sieht es bei den Zuger Parlamentariern aus? Alle Stände- und Nationalräte müssen bei Amtsantritt eine Liste ihrer «Interessenbindungen» abgeben. Diese ist jedes Jahr zu erneuern und wird vom Parlament in einem Register veröffentlicht. Ausserdem gibt sie einen groben Überblick über die nichtpolitischen Mandate der Zuger Parlamentarier.

Eder führt die Liste an

Mit Abstand am längsten fällt diese Liste bei Ständerat Joachim Eder (FDP) aus. Dazu ist allerdings zu bemerken, dass das Register nicht bei allen Politikern gleich vollständig ist. Ausserdem sind bei Eder sehr viele Vereine wie die Dampferfreunde Vierwaldstättersee und Stiftungen wie Zukunft Doku-Zug aufgeführt. Diese bringen wohl etwas weniger Arbeit mit sich als beispielsweise ein Verwaltungsratsmandat.

Bei letzteren ist Gerhard Pfister (CVP) absoluter Spitzenreiter. Mit neun Verwaltungsratsmandaten, von denen er in sechs sogar das Präsidium besetzt, macht ihm von den Zuger Parlamentariern keiner so schnell etwas vor.

Aeschi ganz alleine

In seiner Show weist Elsener darauf hin, dass Headhunter Guido Schilling sagt, ein Verwaltungsratsmandat beanspruche etwa zehn Stellenprozent, wenn es seriös ausgeführt werde. Das wären dann bei Pfister bereits 90 Prozent. Und es scheint nicht so, als ob er sein Nationalrats-Stelle nur als 10-Prozent-Stelle ausüben würde, zumal er bei der CVP auch noch als Parteipräsident die Fäden zusammen hält.

Bei Peter Hegglin (CVP) und Bruno Pezzatti (FDP) sehen die Listen etwa gleich lang aus. So ist Hegglin beispielsweise im Imkerverein Aegerital, während Pezzatti ein Freund des Morgartenschiessens ist. Nur Thomas Aeschi (SVP) steht mit seiner vergleichsweise kurzen Liste etwas alleine da.

70 Prozent im Parlament

Eder schätzt seine Arbeit im Parlament auf ein 70-Prozent-Pensum. Daneben werde er am meisten von seiner Tätigkeit im Ausschuss des Schweizerischen Hauseigentümerverbandes und im Sounding Board (Beirat) der FMH gefordert. Letzteres ist die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte.

Neben seinem Job als Ständerat wendet der FDP-Mann laut eigenen Schätzungen rund 40 Stellenprozent für seine zivilen Mandate auf. «Wobei ich sehr viel ehrenamtlich tätig bin», sagt Eder.

«Ich stoppe die Zeit jeweils nicht, wenn ich für einen Verein tätig bin.»

Joachim Eder, Zuger Ständerat (FDP)

Der Unterägerer ist in zwölf Stiftungen tätig. «Der Aufwand für diese Stiftungen ist neben der Tätigkeit als Ständerat problemlos zu bewältigen», sagt Eder. «Vor allem, weil ich die notwendigen Termine selber bestimmen kann», fügt er an.

Ausserdem ist er in 14 Vereinen, mit Ausnahme seines Sitzes im Beirat von Comparis seien dies aber alles ehrenamtliche Tätigkeiten. «Ich stoppe die Zeit jeweils nicht, wenn ich für einen Verein oder ein Patronatskomitee tätig bin», meint Eder. All seine nicht-politischen Mandate würden aber über das Jahr etwa zwei Tage pro Woche einnehmen.

Bereits die nächsten Anfragen

Als Ständerat habe er grundsätzlich mehr Zeit als während seiner Tätigkeit im Zuger Regierungsrat. «Allerdings bin ich immer noch abhängig vom Terminkalender», fügt er an.

Langweilig wird es ihm wohl auch in Zukunft nicht, denn auch wenn mit seiner Amtsabgabe im Ständerat nächsten Herbst einige zivile Mandate hinfällig werden, hat er immer noch genügend andere und bereits jetzt «Anfragen für interessante Beschäftigungen nach meiner Zeit als Ständerat».

Eigenes Geschäft, Anstellung und Parlamentsarbeit

Thomas Aeschi gibt an, etwa 50 Stellenprozent für den Nationalrat aufzuwenden.  Ausserdem arbeitet er bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC und hat ein eigenes Geschäft im Finanzdienstleistungssektor namens Aeschi and Company GmbH.

«Während der Session arbeite ich etwas weniger neben dem Parlament, sonst habe ich etwas mehr Zeit für meine anderen Tätigkeiten», sagt der SVP-Nationalrat.

Der Emsige

Der Arbeitsaufwand sei folglich sehr unterschiedlich und er könne diesen schlecht in Stellenprozent ausdrücken. Aeschi wirkt stets emsig in seiner politischen Arbeit, in der Privatwirtschaft wird das wohl kaum viel anders sein.

Gegenüber der «Luzerner Zeitung» sagte er im November 2015, er werde von der PwC für 35 Prozent bezahlt. Das kann sich natürlich verändert haben, schafft aber eine Vorstellung – Eine Vorstellung davon, dass er total wohl kaum unter 100 Prozent arbeitet.

Etwas mehr Freizeit für Pezzatti

Bruno Pezzatti schätzt seine Arbeit als Nationalrat auf etwa 55 bis 60 Stellenprozent. Er ist in zwei Komissionen, in der für soziale Sicherheit und Gesundheit und in der Finanzkommission. Daneben hat er ein Vorstandsmandat beim Schweizer Obstverband. Weiter werden seine Interessen neben seiner Familie und Freunden von der Mitgliedschaft in verschiedensten Vereinen und weiteren Organisationen gebunden.

«Ich schätze meine Arbeitszeit im Milizparlament mit allen anderen Mandaten zusammen auf 80 bis 90 Stellenprozent», sagt der FDPler. «Als ich beim Schweizer Obstverband noch in der operativen Leitung war, waren es weit über 100 Prozent, heute habe ich etwas mehr Freizeit», hängt Pezzatti an.

Mehr als 100 Prozent, schon immer

Peter Hegglin beziffert seinen Arbeitsaufwand als Ständerat mit etwa 60 Prozent. Während den Sessionen sei der Aufwand grösser, in der Zwischenzeit finden die Kommissionssitzungen statt und er habe auch Zeit für andere Aufgaben, sagt er. Neben der Parlamentsarbeit sitzt Hegglin noch als Präsident im Verwaltungsrat der «RVK Rück AG», dafür wende er etwa 15 Stellenprozent auf.

Ausserdem hat er mehrere kleinere Mandate, bei denen er aber wie bei der RVK nicht operativ tätig ist, und die oft nur einige Sitzungen pro Jahr mit sich bringen. «Insgesamt komme ich wohl gegen 120  Stellenprozent, aber das habe ich eigentlich nie anders gekannt», erklärt der Ständerat. Er habe immer über 100 Prozent gearbeitet, Kinder und Familie seien deswegen aber nie zu kurz gekommen.

«Berufspolitiker laufen Gefahr, die echten Herausforderungen nur vom Hörensagen zu kennen.»

Joachim Eder, Zuger Ständerat (FDP)

Es ist also klar: Die meisten Parlamentarier arbeiten überdurchschnittlich viel, was in einem Berufsparlament wohl anders wäre. Trotzdem, «wir müssen unbedingt den Milizcharakter behalten», findet Joachim Eder.

«Berufspolitiker, die nur noch in der Politik tätig sind und kein Bein mehr im aktiven Berufsleben haben, laufen Gefahr, die echten Herausforderungen der Praxis nur vom Hörensagen her zu kennen», meint er weiter. Allerdings werde es immer schwieriger, neben einem Mandat als Ständerat noch beruflich tätig sein zu können.

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