Telefonflut und Briefkampagne wegen Parkplätzen

Strippenzieher hetzt gegen Zuger Stadträte

Ein Jurist tritt einen Shitstorm gegen sie los, weil sie sich für den Rechtsstaat einsetzen: Der Zuger SVP-Stadtrat André Wicki (links), CSP-Stadträtin Vroni Wicki und Stapi Karl Kobelt (FDP).

(Bild: zvg)

Mit einer überraschenden Ankündigung zur möglichen Aufhebung von 42 Parkplätzen auf und um den unteren Postplatz sorgt der Zuger Stadtrat für Erstaunen. Grund ist ein Schreiben des Anwalts und früheren CVP-Politikers Leo Granziol, der dazu aufruft, einzelne Mitglieder des Stadtrats mit Mails zu bombardieren und mit Anrufen zu belästigen.

Eine geheimnisvolle Meldung ging am Dienstag auf Zuger Redaktionen ein: Zur Aufhebung von Parkplätzen auf dem unteren Postplatz sei noch kein Entscheid gefallen, teilte die Stadt Zug mit. «Der Stadtrat hat vielmehr einstimmig beschlossen, der kantonalen Baudirektion einen Kompromissvorschlag zum Erhalt von Parkplätzen auf dem unteren Postplatz und in der Altstadt zu machen.» (zentralplus berichtete)

Doch warum in aller Welt teilt die Stadt Zug mit, was nicht ist? Ist es den Magistraten langweilig?

Oder wollen sie den zweiten Teil der Meldung kaschieren? Die besagt, dass die Stadtregierung per Ende April die 42 Parkplätze auf dem unteren Postplatz und in der Altstadt aufheben muss, weil dann die Frist für die Umsetzung des rechtlich verbindlichen Bebauungsplan Postplatz abläuft.

Wutschreiben zum Verteilen in der Altstadt

Weit gefehlt: Der Hintergrund ist eine Aktion des 72-jährigen Anwalts Leo Granziol, eines einst ziemlich einflussreichen CVP-Politikers und Mitglied im Initiativkomitee «Für Gewerbe und Läden in der Altstadt». Er verschickte ein elektronisches Wutschreiben, das «zentralplus» vorliegt. Es sollte in der Altstadt verteilt werden, um drei Zuger Stadträten «telefonisch oder brieflich» den «Unmut mitzuteilen».

Im Fadenkreuz hat Granziol Stadtpräsident Karl Kobelt (FDP) und die Stadträtin Vroni Straub (CSP), sowie Stadtrat André Wicki (SVP). Diese seien schuld daran, dass der Stadtrat vor kurzem beschlossen habe, «den mit der Annahme der Altstadtinitiative manifestierten Volkswillen zu missachten» und den alten Bebauungsplan aus dem Jahre 2007 durchzusetzen, obwohl sich die Zuger Bevölkerung für die Beibehaltung von 42 Parkplätzen ausgesprochen habe. Dies habe er aus sicherer Quelle erfahren, schreibt der Christdemokrat.

Kein Problem mit Raschle

Kein Problem hat Granziol mit seinem Parteifreund, CVP-Stadtrat Urs Raschle, der immer schon gegen die Aufhebung der Parkplätze gewesen sei, wie er behauptet, und nun vom Stadtrat dazu beauftragt worden sei, die 42 Parkplätze zu bezeichnen, die aufgehoben werden sollten.

Milde lässt der Strippenzieher auch gegenüber Stadträtin Eliane Birchmeier (FDP) walten, die für einen Kompromiss sei und noch immer daran arbeite. Birchmeier soll ebenso wie Raschle also nicht telefonisch belästigt werden.

Keine Gnade kennt er indes mit Karl Kobelt (FDP) und André Wicki (SVP). «Es ist unglaublich, was die beiden angeblich bürgerlichen und wirtschaftsfreundlichen Stadträte den Altstadtgeschäften und deren Besucher wie auch allen Zugern, die der Initiative zugestimmt haben, zumuten», poltert Granziol. Sie seien arrogant und wollten den Postplatz «leerfegen».

Intrigen im Zuger Stadtrat?

In diesem Licht liest sich die stadträtliche Mitteilung ganz anders. Sie stellt nämlich in Abrede, dass es im Zuger Stadrat Probleme mit dem Kollegialitätsprinzip gibt. Unklar bleibt ausserdem, warum einzelne Mitglieder des Gremiums von Granziol in unvorteilhaftem Licht dargestellt werden.

Stapi Karl Kobelt sagt gegenüber «zentralplus», er könne zur Motivation des Schreibens «keine Stellungnahme» abgeben. Richtig aber sei – und darauf beharrt er –, «dass der Zuger Stadtrat sich einstimmig für einen Kompromissvorschlag ausgesprochen hat».

Kanton sperrt sich, nicht die Stadt

Bemerkenswert ist ausserdem, dass die Zuger Stadtregierung erneut das grundlegende Problem in Erinnerung muss, selbst für den erprobten Doktor der Rechte Leo Granziol.

Nämlich den Umstand, dass die kantonale Baudirektion findet, eine Korrektur des Bebauungsplans im Sinn der angenommen Volksinitiative verstosse gegen das kantonale Bau- und Planungsgesetz (zentralplus berichtete).

«Der Stadtrat tritt dafür ein, dem Demokratieprinzip Nachachtung zu verschaffen. Gleichzeitig fühlt er sich der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet», heisst es im Communiqué.

Was er auch tut, allen Recht machen kann es der Zuger Stadtrat nicht.

 

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