Zuger Händler spielt Hauptrolle bei Grauimporten

Warum Coca-Cola im Otto’s aus Bosnien kommt

Bei Radikal-Liquidationen gibt es bosnische Cola zu kaufen.

(Bild: sib)

Coca-Cola in der Schweiz heisst nicht automatisch Coca-Cola aus der Schweiz. Einige Schweizer Detailhändler lassen sich ihre Süssgetränke für wenig Geld via Parallelimport aus Osteuropa liefern. So tut dies auch ein Luzerner Discounter. Ein Zuger Grauimporteur erklärt, wie das verschwiegene Geschäft funktioniert.

Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, weshalb auf Ihrem Otto’s-Coci das deutsche Etikett, was drin ist, nur darübergeklebt ist? Besonders, weil darunter die Inhaltsangaben auf bosnisch stehen.

Das ist umso kurioser, weil die Schweiz eigentlich das Land ist, wo Milch und Coca-Cola fliessen. Der amerikanische Getränkeriese produziert seit 1936 in der Schweiz, genauer in Dietlikon und Vals. Laut eigenen Angaben werden mehr als 80 Prozent der von Coca‑Cola in der Schweiz verkauften Getränke hierzulande produziert.

Importeur mit Sitz in Zug

Offenbar gehört zumindest ein Teil der Otto’s-Colas nicht dazu. Selbiges gilt für die Otto’s-Tochter Radikal-Liquidationen. Glaubt man dem deutschen Etikett, kommen die Flaschen aus Bosnien-Herzegowina, der Importeur ist eine Firma mit Sitz in Zug.

«Für uns ist das Geschäft wegen des Volumens attraktiv.»

Geschäftsführer des Zuger Importeurs

Ein Blick auf die minimalistische Website des Importeurs zeigt: Es handelt sich hier offensichtlich um einen Zwischenhändler oder sogenannten Grauimporteur, welcher Getränke jeglicher Art vornehmlich aus Osteuropa importiert: Süssgetränke, Red Bull, Wodka, Whisky, Jägermeister oder Kaffee.

Ein Franken pro Red Bull

Die Preise sind teilweise sehr niedrig. Zum Vergleich: Bei Coop kostet ein 24er-Pack Red Bull 40.80 Franken. Beim Zuger Importeur 25.20 Franken. Weiteres Beispiel: In der Migros kostet ein Sechser-Pack 0,5 Liter Coca-Cola 7.80 Franken. Beim Importeur muss man für doppelt so viele Flaschen nur 50 Rappen mehr bezahlen.

Als Zwischenhändler, bestehend aus zwei Personen, richtet sich sein Angebot nicht an Private, sondern an grosse Einzelhändler. Der Geschäftsführer der Firma, der anonym bleiben möchte, verrät: «Wir liefern vor allem nach Belgien und Frankreich.» In Frankreich beliefere man einen der drei grössten Einzelhändler. «Wir rechnen meist LKW-weise bei unseren Lieferungen. Pro Lastwagen sind es rund 24 Tonnen.»

«Klar, der Parallelmarkt schadet den Firmen.»

Geschäftsführer des Zuger Importeurs

Es sind nicht alle Produkte gleich günstig, wenn man den Flaschenpreis berechnet. Eine Flasche Jack Daniel’s kostet umgerechnet 25 Franken. Bei Coop sind es nur fünf Franken mehr. So erklärt der Zwischenhändler denn auch: «Für uns ist das Geschäft wegen des Volumens attraktiv. Pro Flasche Coca-Cola haben wir netto 3 bis 5 Prozent Marge.»

Studenten bekleben Flaschen

Der Firmensitz des Importeurs mag offiziell in Zug sein – doch ein Lager findet man dort keines. Auch einen Namen auf dem Briefkasten sucht man vergebens. Die Firma ist über eine Treuhand-Gesellschaft eingetragen.

Die Cola-Paletten werden direkt aus Bosnien-Herzegowina und Serbien importiert, vieles läuft über zollfreie Zonen. Die Red-Bull-Dosen stammen aus Serbien und der Türkei, obwohl sie hauptsächlich in der Schweiz und Österreich produziert werden.

Die gesamte Logistik und das operative Geschäft werden von Serbien aus gesteuert, da auch von dort exportiert wird. Ebenfalls werden die deutschen Etiketten in Serbien draufgeklebt. «Dies ist ein beliebter Studentenjob», erklärt der Geschäftsführer. 

Coca-Cola ist nicht gleich Coca-Cola

Ein Coca-Cola aus der Schweiz schmecke nicht identisch wie die, die in Bosnien-Herzegowina produziert wurde. Doch: «Die Qualität unserer Getränke ist sehr gut. In Blinddegustationen schneiden die Produkte jeweils stark ab», so der Geschäftsführer.

Hat er kein schlechtes Gewissen gegenüber Firmen wie Coca-Cola Schweiz? Denn immerhin schaden solche Parallelimporte hiesigen Produzenten. «Klar, der Parallelmarkt schadet den Firmen.»

«Es macht aus ökologischer Sicht wenig Sinn, Produkte quer durch Europa zu transportieren.»

Martin Kathriner, Mediensprecher Coca-Cola Schweiz

Doch er findet es falsch, dass die Produkte hierzulande so viel teurer sind, so der Geschäftsführer. «Zudem folgt im April die nächste Preiserhöhung, wenn Coca-Cola in der Schweiz die Flaschengrösse 0,5 auf 0,45 Liter respektive von einem auf 0,75 Liter reduziert – zu gleichen Preisen.» Der Markt mit Parallelimporten werde rege benutzt – auch von anderen grossen Schweizer Detailhändlern.

Die Sache mit der Ökologie

Bei Coca-Cola Schweiz nimmt man solches Geschäftsgebahren offenbar eher gelassen hin. Mediensprecher Martin Kathriner sagt: «Jedem Händler steht es frei, bei wem er Coca-Cola-Produkte bezieht. Die Konsumentenpreise werden nicht von uns, sondern von den Händlern festgelegt, beispielsweise Detail- und Getränkehändler oder Gastronomen.»

Trotzdem sagt Kathriner: «Es macht aus ökologischer Sicht wenig Sinn, Produkte quer durch Europa zu transportieren, wenn sie bei uns in Dietlikon bezogen werden könnten.»

Auch Denner hat es schon getan

Es ist nicht das erste Mal, dass Schweizer Detailhändler Coca-Cola-Getränke aus dem Ausland importieren. In der Vergangenheit haben dies auch schon Denner und Landi getan.

Die eidgenössische Wettbewerbskommission Weko hatte auf Ansinnen von Denner auch schon einmal eine Voruntersuchung gegen Coca-Cola eingeleitet. Es sollte geprüft werden, ob Coca-Cola Schweiz mit anderen Ländergesellschaften Absprachen getroffen hatte. Dies zur Verhinderung von Parallelimporten. Der Konflikt wurde schliesslich beigelegt und die Untersuchung eingestellt.

Auch Red Bull Schweiz ist von Parallelimporten betroffen. Beim Konzern des österreichischen Milliardärs Dietrich Mateschitz will man sich grundsätzlich nicht zu Geschäftsbeziehungen äussern.

Der Zwischenhändler hingegen verrät: «Bezüglich Kanälen hat Red Bull ein sehr genaues Auge darauf.» Man sei mit den Herstellern wegen der Preispolitik in Kontakt und werde von ihnen genau kontrolliert, so der Importeur weiter.

Rechtlich erlaubt?

Sind solche Parallelimporte überhaupt legal? Grundsätzlich ja, wie Livia Willi bestätigt. Sie ist Mediensprecherin beim Staatssekretariat für Wirtschaft Seco. «Die Waren müssen selbstverständlich an der Grenze ordentlich angemeldet und gegebenenfalls verzollt werden», ergänzt sie.

Auf Seiten des Seco kann man Parallelimporten durchaus Positives abgewinnen. Vor dem Hintergrund der Hochpreisinsel Schweiz kämen ihnen beziehungsweise dem Abbau von Handelshemmnissen eine grosse Bedeutung zu.

Druck auf andere Anbieter

Einerseits könnten gewisse Vorprodukte dadurch günstiger bezogen werden, was die Produktions- und Beschaffungskosten senke. «Auf der anderen Seite kann der Wettbewerb im Inland intensiviert und damit Druck auf die Preise anderer Anbieter ausgeübt werden», so Willi weiter.

«Parallelimporte tragen dazu bei, die teilweise hohen Preise in der Schweiz unter Druck zu setzen.»

Livia Willi, Mediensprecherin Seco

Als Beispiel dafür ist wiederum der Fall Denner zu nennen. Der Detailhändler hatte Anfang 2014 dank dem Parallelimport von Coca-Cola aus Tschechien einen Preisrückgang in der Schweiz ausgelöst. Der Preis der Zwei-Liter-Flasche sank bei Denner schrittweise.

Detailhändler reagierten

In der Folge senkten auch andere Schweizer Detailhändler ihre Preise. Seit der Einigung mit Coca-Cola stehen wieder Zwei-Liter-Flaschen des Schweizer Coca-Cola-Abfüllbetriebs in den Regalen.

«Schliesslich dürfte das Angebot günstigerer Produkte auch das Preisbewusstsein der Konsumenten erhöhen. Insofern tragen Parallelimporte und Importerleichterungen dazu bei, die teilweise hohen Preise in der Schweiz unter Druck zu setzen», sagt Willi.

Im Falle von Cola scheint dies nur bedingt zu gelingen. Für die 0,5-Liter-Flasche bezahlt man im Radikal 1.35 Franken. Im Coop und in der Migros genauso – für in der Schweiz produziertes Coca-Cola.

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