Der nächste Luzerner Zauberlehrling

Das Trainer-Duell zwischen Häberli und Seoane

Thomas Häberli hat gut lachen: Der Start in seinen ersten Job als Cheftrainer ist ihm mit dem FCL bislang geglückt.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Der eine machte sich bei den Young Boys zur Kultfigur und trainiert nun den FC Luzern. Der andere spielte im FCL, trainierte ihn für ein halbes Jahr, ehe er dem Ruf von Meister YB folgte. Am Mittwoch treffen die Luzerner Thomas Häberli (44) und Gerardo Seoane (40) im Cup-Viertelfinal aufeinander. Was die beiden sonst noch verbindet – und voneinander unterscheidet.

Ist der FC Luzern, aus der Not heraus, zu einem Sprungbrett für Trainerneulinge geworden? Thomas Häberli, zum ersten Mal Cheftrainer überhaupt, hat mit einem Remis gegen den FC Zürich und einem Sieg über den Tabellenletzten GC die Abstiegssorgen aus der Gedankenwelt der Luzerner verscheucht. Ein nahezu optimaler Start für einen (noch) unerfahrenen Chef, der ein zum vornherein zum Scheitern verurteiltes Projekt zwischen FCL-Sportchef Remo Meyer und dem reputierten Trainer René Weiler in den Hintergrund treten lassen soll (zentralplus berichtete).

Häberli wandelt auf den Spuren von Gerardo Seoane, dem Urvater aller Zauberlehrlinge auf dem FCL-Trainerstuhl. Der Einstieg des Rothenburgers vor einem Jahr ins Trainerbusiness war ein beeindruckender und sein Aufstieg ein fulminanter. Gut ein halbes Jahr, nachdem Seoane die U21 des FCL in der Anonymität der 1. Liga gecoacht hatte, dirigierte er Meister YB in der Champions League.

Häberli redet FCL-Spieler besser, als sie es jemals sein werden

Jetzt also der nächste Versuch im FCL nach dem Prinzip Hoffnung. Mit Häberli. Im Gegensatz zu Seoane, der 2017/18 die ganze Winterpause Zeit dafür hatte, den FCL nach den verlorenen Jahren mit Markus Babbel taktisch zu ordnen, lagen zwischen der Verpflichtung des Ballwiler Bauernbuben und dessen erstem Ernstkampf bloss drei Tage. Häberli ging es «süüferli» an, er stellte personell nicht alles auf den Kopf. Sein grösster Vorteil im Umgang mit der Mannschaft lag wohl darin, nicht René Weiler zu sein. Dieser hatte sich mit seiner fordernden und direkten Art mächtige Gegner im Verein geschaffen.

Häberli hat die Spieler seit seinem Jobantritt vor nicht einmal zwei Wochen starkgeredet. Wahrscheinlich so gut, wie sie es niemals auf dem Platz zeigen können. Darum hat er jüngst sogar ein Goalieproblem beim FCL in Abrede gestellt. Obwohl Häberli mit David Zibung und Mirko Salvi eines der schlechtesten Torhüterduos der Super League hat. Aber er weiss genau, dass die grösste Baustelle im FCL frühestens im nächsten Sommer zugeschüttet werden kann. Und bis dahin muss er auf Gedeih und Verderb das Beste aus seinen aktuellen Goalies herauskitzeln.

Als sei Seoane schon lange im Geschäft

Nichts spricht dagegen, dass Häberli eine ähnliche Karriere als Trainer haben kann wie Seoane. Die beiden Luzerner werden sich am Mittwoch (18 Uhr) an der Seitenlinie der Swissporarena nicht zum ersten Mal in ihrem Leben treffen. «Wir kennen uns gut, auch wenn wir nie zusammen gespielt haben», bekennt Häberli und ergänzt lächelnd: «Wir waren früher schon mal gemeinsam an der Fasnacht.»

Der Rock ’n› Roller Seoane und der Musterprofi Häberli – zumindest in ihrem Wesen unterscheiden sie sich deutlich.

Seoane, der Weltgewandte, der sein Glück bei Deportivo La Coruna in Spanien suchte und nie fand. Seine Karriere endete 2010 in Luzern mit einem Eklat, als ihn der damalige FCL-Trainer Rolf Fringer von einem Tag auf den anderen aus dem Team warf.

YB-Trainer Gerardo Seoane kassierte im Oktober die erste Niederlage in der laufenden Meisterschaft gegen den FC Luzern.

YB-Trainer Gerardo Seoane kassierte im Oktober die erste Niederlage in der laufenden Meisterschaft gegen den FC Luzern.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Es spricht für Seoane, dass er am Tiefpunkt seines fussballerischen Schaffens sich selbstkritisch hinterfragte und die richtigen Lehren zog. Dass er an sich arbeitete, dass er sich mit Mentalcoach Ruedi Zahner Unterstützung in der Kommunikation und Führung holte. Seoane tritt heutzutage so in die Öffentlichkeit, als sei er seit Jahr und Tag ein Vertreter der Firstclass im internationalen Trainerbusiness. Stets gut gekleidet, stets mit treffenden Worten in der Analyse. Seine souveränen Auftritte machen Eindruck.

Häberli will keine Seoane-Kopie sein

Häberli ist anders. Seine Fussballerkarriere endete 2009 im Applaus. Für seine Tore und seine neunjährige Treue zu YB. Er ist in Bern eine Kultfigur. Zu seinen Ehren nannte sich «Züri West» bei einem Auftritt im Stade de Suisse «The Häberlis».

«Ich schaue nicht gross ab, ich pflege meinen Stil, und den ziehe ich durch.»

Thomas Häberli, Cheftrainer des FC Luzern

Auch Häberli hat sich akribisch auf seine Trainerkarriere vorbereitet. Vor seinem ersten Job als Cheftrainer beim FC Luzern hat er seinen Rucksack mit vielseitigen Erfahrungen als Assistent bei YB und Basel, aber auch als Verantwortlicher im Nachwuchs gefüllt. Häberli sagt: «Ich war ein Teil von Basel in der Champions League, aber ich habe auch die Entlassungen von Christian Gross, Vladimir Petkovic oder Raphael Wicky miterlebt.» Ihm ist es deshalb wichtig, festzuhalten, dass sein Weg ein anderer sei als der von Seoane. Dieser kannte bloss den FCL-Nachwuchs.

Es macht geradezu den Anschein, als ob Häberli alles daran setzt, in Luzern nicht den Ruf einer Seoane-Kopie zu erlangen. Er wisse nicht, wie Seoane arbeitet, sagt Häberli und betont: «Ich schaue nicht gross ab, ich pflege meinen eigenen Stil, und den ziehe ich durch.»

Ein Punkteschnitt wie Seoane

Aber was ist sein Stil? Häberli ist ein überlegter, fast schon scheuer Kommunikator. Das scheint seinem Naturell als bodenständiger Schaffer zu entsprechen. Im Umgang mit seiner Mannschaft folgt er dem Prinzip, dass man nur mit Freude an der Arbeit Fortschritte erzielen könne. Viel mehr hat er noch nicht preisgegeben.

Mit vier Punkten aus zwei Spielen hat Häberli einen beachtlichen Start mit dem FCL hingelegt. Zwei Punkte pro Spiel sind übrigens genau der Durchschnitt, mit dem Seoane den FCL vor einem Jahr in 17 Rückrundenspielen von einem Abstiegskandidaten zu einem Europa-League-Teilnehmer gemacht hat. «Ich schätze Gerry sehr und gönne ihm sein erstes Jahr als Trainer», sagt Häberli.

Er scheint das Potenzial zu besitzen, der nächste Luzerner Zauberlehrling zu werden. Selbst wenn der Viertelfinal gegen YB zur Endstation im Cup werden sollte. Verfestigt sich der bislang positive Eindruck von Häberli, wird es umso wichtiger für FCL-Sportchef Remo Meyer sein, den zum Saisonende auslaufenden Vertrag mit Häberli rechtzeitig zu verlängern.

Schliesslich wachsen Zauberlehrlinge nicht wie Bäume an den Hängen des Pilatus.

 

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