Gast wird im «Bellini» zurückgewiesen – wieso?

Handy aufladen: Nicht in allen Luzerner Beizen gern gesehen

Im Restaurant den Strom anzapfen – wo darf man das in Luzern? (Symbolbild: Adobe Stock)

Akku leer, das bedeutet für viele Stress. Wie im Zug wollen Gäste daher immer öfters auch im Restaurant ihr Gerät aufladen. Doch nicht überall stösst man damit auf offene Ohren, wie ein Fall im Luzerner «Bellini» zeigt. Es fragt sich: muss sich ein Restaurant eigentlich um alle Wünsche kümmern?

Das Smartphone ist inzwischen Gedächtnis und Schaltzentrale vieler Menschen. Umso wichtiger, dass ihm der Saft nicht ausgeht. Doch genau das passiert – und nicht immer ist eine Steckdose in der Nähe.

Rettung naht im Restaurant, wie kürzlich zur Mittagszeit im Restaurant Bellini Locanda Ticinese beim Vögeligärtli. Ein Gast wollte sein Smartphone aufladen und dafür im Luzerner Lokal den Strom anzapfen. Doch die Bedienung habe ihm gesagt, dies sei nicht erlaubt. Sie müsse zuerst bei ihrem Chef die Erlaubnis einholen, hiess es. Diese wird auch nach mehrfacher Rückfrage nicht erteilt, der Gast verliess das Lokal nach dem Essen mit leerem Akku.

Missverständnis im «Bellini»?

«Es ist nicht so, dass wir das unseren Gästen verbieten», sagt Arlette Scheidegger, Vizedirektorin des Hotels Continental Park, zu dem das «Bellini» gehört. «Im Normalfall ist es im ‹Bellini› grundsätzlich erlaubt, das Handy aufzuladen.» Sie kennt den geschilderten Vorfall nicht im Detail, vermutet aber, dass es sich um ein Missverständnis handelt. Oder dass eine andere Überlegung im Fokus stand, wie Scheidegger nach Rücksprache mit dem Chef de Service sagt: «Wenn der Gast nicht gleich in der Nähe einer Steckdose sitzt, ist auch die Frage der Sicherheit des Geräts nicht geklärt.» Der Gast verweist indessen darauf, dass sich die Steckdose unmittelbar hinter ihm befunden habe.

«Für viele Gäste ist es selbstverständlich, dass sie ihr Gerät im Lokal aufladen können.»

Gianni Schüpbach, Tavolago AG

Im Restaurant biete man keine speziellen Ladestationen an. Hotelgäste hingegen könnten ihr Gerät im «Continental Park» an der Réception laden lassen und erhalten bei Bedarf sogar eine Powerbank für unterwegs. Dies gelte auch für Restaurantgäste auf Anfrage. Arlette Scheidegger hält indes fest, dass das «Bellini» – anders als eine Lounge oder ein Workspace – nicht auf arbeitende Gäste ausgerichtet ist, sondern das Essen im Fokus steht. «In modernen Cafés ist es heutzutage allerdings schon fast selbstverständlich, dass man sein Handy oder seinen Laptop aufladen kann.»

Viele handhaben es pragmatisch

Dass die Konsumenten in der Tat anspruchsvoller geworden sind, beobachtet auch Gianni Schüpbach von der Tavolago AG. «Für viele Gäste ist es selbstverständlich, dass sie ihr Gerät im Lokal aufladen können. Manche erwarten inzwischen gar, dass wir mit den entsprechenden Ladegeräten ausgestattet sind.» Das sei in den Restaurants der Tavolago zurzeit nicht Standard. «Doch wir werden uns das überlegen», sagt Schüpbach, Mitglied der Geschäftsleitung.

In den Betrieben der Tavolago, den Restaurants Ampersand, Taube, Stern und Luz, ist das Aufladen des Smartphones für Gäste erlaubt und gratis. «Wir laden die Geräte in der Regel hinter dem Tresen auf, um der Gefahr eines Diebstahls ein wenig vorzubeugen.»

«Würde man auch beim Zahnarzt oder beim Coiffeur erwarten, dass man das Smartphone aufladen kann?»

Simone Müller-Staubli, Schatz AG

Auch bei der Remimag beobachtet man eine gestiegene Nachfrage der Gäste, ihre Akkus während des Essens oder Trinkens aufzufüllen. Die Ansprüche seien diesbezüglich aber nicht gestiegen, sagt Alexandra Bucher, Assistentin der Geschäftsleitung.

Deshalb heisst es auch für Gäste im Restaurant Anker und Co.: Aufladen erlaubt. «Damit können wir den Gast mit einer kleinen Geste glücklich machen», sagt Alexandra Bucher. «Jede Person, welche einen leeren Akku hat, ist froh, wenn dieser aufgeladen werden kann.» Eine spezielle Infrastruktur habe man nicht, die Smartphones würden einfach an einer freien Steckdose im Restaurant oder im Back-Office ans Netz angeschlossen.

Wieso nicht auch in der Bank?

Auch die Sinnvoll Gastro erlaubt ihren Gästen das Aufladen, ohne dafür etwas zu verlangen. Anders als Gianni Schüpbach nimmt Mitinhaber Philippe Giesser aber nicht wahr, dass die Gäste ihr Verhalten oder ihre Ansprüche verändert hätten.

Etwas differenzierter äussert sich Simone Müller-Staubli von der Schatz AG, die vom Seehotel Kastanienbaum über das «Rössli hü» in Root bis hin zum «Zur Werkstatt» für zahlreiche Betriebe tätig ist, darunter auch mehrere Hotels. «In einem Hotel, wo sich ein Team genau um solche Anliegen der Gäste kümmert, ist der Service einfacher anzubieten als im Restaurant, wo alles kurzlebiger ist», sagt die Luzernerin. Insofern ist es ihrer Meinung nach eine Dienstleistung, aber nicht selbstverständlich, dass ein Gast sein Gerät im Restaurant aufladen kann.

«Es ist ähnlich wie die Frage, ob ein Wirt Blumen auf den Tisch stellt oder Zeitungen hat.»

Patrick Grinschgl, Präsident Gastro Region Luzern

Wie bei vielem sei es auch hier letztlich eine Frage der Menge, so Müller-Staubli. «Wenn es sich um Einzelfälle handelt, ist das überhaupt kein Problem. Aber wir können nicht immer und jederzeit auf alle Bedürfnisse eingehen.» Sie veranschaulicht das mit einem Beispiel: «Wenn jemand sein Smartphone aufladen will, der nächste den Schoppen fürs Baby wärmen, der dritte etwas kühlstellen, der vierte das Rezept der Salatsauce und der fünfte eine Empfehlung für den späteren Schlummertrunk will, wird es aufwändig.»

Simone Müller-Staubli beobachtet, dass die Ansprüche an die Gastronomie oft höher ausfallen als in anderen Branchen. «Würde man auch beim Zahnarzt, auf der Bank oder beim Coiffeur erwarten, dass man das Smartphone aufladen kann?»

Gastroverband ortet keinen Handlungsbedarf

Dass der Gast ein Recht aufs Aufladen seines Geräts hat, würde auch Patrick Grinschgl nicht behaupten. «Aber wieso soll ich ihn unnötig wütend machen, wenn es sowieso Steckdosen im Lokal hat?», fragt der Präsident von Gastro Region Luzern rhetorisch. Empfehlungen erteile der Verband diesbezüglich keine. «Es ist ähnlich wie die Frage, ob ein Wirt Blumen auf den Tisch stellt oder Zeitungen hat: Es ist eine Dienstleistung, die man anbieten kann – ob man das tut, liegt in der unternehmerischen Freiheit des Einzelnen.» 

Die Nachfrage ist seiner Meinung nach ohnehin überschaubar. «Mir wäre in Luzern auch kein Restaurant bekannt, welches das Aufladen von Mobiltelefonen explizit verbieten würde», sagt Grinschgl. Insofern bestehe seitens des Verbandes kein Nachholbedarf in der Stadt. Das sei vielmehr in den Skigebieten ein Thema, wo die Akkus aufgrund der Kälte oft früh den Geist aufgeben.

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