Widerstand trotz Millionensegen

Steuerreform des Bundes spaltet Luzerner Linke

Das liebe Geld sorgt einmal mehr für grosse Diskussionen.

(Bild: les)

Obwohl die Steuerreform des Bundes dem Kanton Luzern erhebliche Mehreinnahmen bescheren würde, besteht in Luzern nicht wenig Widerstand. So wird er begründet.

Von SP bis SVP ist man sich einig: Luzern ist dringend auf eine erfolgreiche Steuerreform des Bundes (Staf) angewiesen. 38 Millionen Franken soll die Reform jährlich direkt in die klammen Kantonskassen spülen. Dies wegen des höheren Anteils an direkten Bundessteuern. Und das ist nicht alles.

Auf internationalen Druck plant die Schweiz, die Steuerprivilegien für Holdings abzuschaffen. Dies und eine zusätzliche Entlastung der Kapitalsteuern dürfte dem Kanton rund 15 Millionen, den Gemeinden gegen 18 Millionen einbringen. Dies rechnet Finanzdirektor Marcel Schwerzmann vor (siehe Box). 

SP will Sparpolitik abfedern 

«Die Vorlage ist ein guter und notwendiger Kompromiss, den ich mit Überzeugung unterstütze», sagt etwa SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo. Sie begrüsst auch die zusätzliche AHV-Finanzierung. «Es wird eine entscheidende Weichenstellung zugunsten des wichtigsten Sozialwerks der Schweiz gemacht. Diese Zusatzfinanzierung stärkt die AHV, die zwei Milliarden sind dringend notwendig.»

«Mit der Abschaffung der Steuerprivilegien für Statusgesellschaften wird auch in Luzern mehr Steuergerechtigkeit geschaffen.» Sie verlangt, dass die Ersatzinstrumente restriktiv eingesetzt werden. «Ich erwarte hier klar, dass der Regierungsrat bei seinen Versprechen bleibt und die Entlastung bei der Patentbox auf das Minimum setzt sowie auf zusätzliche Forschungs- und Entwicklungsabzüge verzichtet», so die Nationalrätin aus Rothenburg. 

«Wir sind damit zwar noch nicht Musterknabe in Sachen Steuergerechtigkeit, aber wir machen einen wichtigen Verbesserungsschritt.»

Prisca Birrer-Heimo

Für Birrer-Heimo ist auch klar, was mit den zusätzlichen Einnahmen geschehen soll. «Die höheren Anteile an der direkten Bundessteuer sollen der Luzerner Bevölkerung in Form von besseren Leistungen zugute kommen und so wenigstens etwas die Sparpakete als Folge der unsäglichen Tiefsteuerpolitik abfedern.» Die SP kritisierte in der Vergangenheit die Steuerpolitik des Kantons Luzern stark. Jetzt sagt Birrer-Heimo zur Reform: «Wir sind damit zwar noch nicht Musterknabe in Sachen Steuergerechtigkeit, aber wir machen einen wichtigen Verbesserungsschritt.»

Grüne wehren sich aus Prinzip  

Kantonsrat Hans Stutz (Grüne) kann die Euphorie nicht nachvollziehen. Die Grünen wehren sich auch gegen die Luzerner Steuerstrategie und kritisieren die Sparmassnahmen der Vergangenheit. Die zusätzlichen Gelder aus Bern seien zwar willkommen, nur würden sie kein Problem lösen, weder den schädlichen internationalen und nationalen Steuerwettbewerb eindämmen, noch die Umverteilung rückgängig machen. «Für mich ist der Staf-Kuhhandel kein guter, sondern ein schlechter Kompromiss», sagt Stutz.

Es sei zwar korrekt, dass der Kanton Luzern mit seinen tiefen Firmensteuern nun keine weiteren Senkungen machen müsse, der Preis dafür sei aber zu hoch. «Der ganze Steuerwettbewerb zu Gunsten der Firmen, der Vermögenden und Einkommensstarken geht zu Lasten der gering und durchschnittlich Verdienenden.» Stutz erinnert etwa an das Bundesgerichtsurteil zur individuellen Prämienverbilligung, welches am Kanton Luzern kein gutes Haar liess. 

«Um die Ungerechtigkeiten im System zu beseitigen, braucht es eine grundsätzliche Neuausrichtung.»

Hans Stutz, Grüne

Er glaubt nicht daran, dass Luzern bei «neuen Steuerschlupflöchern» Zurückhaltung walten lasse. «Bereits fordern Wirtschaftsvertreter neue Privilegien», sagt Stutz. «Um die Ungerechtigkeiten im System zu beseitigen, brauche es eine grundsätzliche Neuausrichtung.» Stutz fordert etwa, dass bei Einkommensstarken die Progression ausgebaut werde und dass der Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen abgedämpft werde. 

Ähnlich sieht es Lorena Stocker, Präsidentin der Luzerner Juso: «Die Staf wird den Steuerdumpingwettbewerb – den zwischen den Kantonen und auch den Globalen – weiter vorantreiben. Diese Steuervorlage ist unsozial und kurzsichtig, deshalb ist es gerade aus linker Perspektive wichtig, sie abzulehnen», sagt sie. Sie spricht von «einem faulen Kompromiss». Einzig die Finanzspritze für die AHV würde Stocker befürworten.

Jungfreisinniger spricht von Erpressung 

Umgekehrt aber mit dem gleichen Ergebnis argumentieren die Jungfreisinnigen. Vize-Präsident Nicolas A. Rimoldi erklärt: «Die Verknüpfung von zwei sachpolitisch fremden Vorlagen ist unverantwortlich und schlicht ein Sündenfall.» Insbesondere den AHV-Teil beäugt Rimoldi kritisch, weil es sich um keine strukturelle Reform handle.

Lorena Stocker und Nicolas A. Rimoldi lehnen die Steuervorlage des Bundes ab.

Lorena Stocker und Nicolas A. Rimoldi lehnen die Steuervorlage des Bundes ab.

(Bild: Montage les)

Dass der Luzerner Kantonsrat seine finanzielle Zukunft bereits auf ein Ja am 19. Mai aufbaut, kann Rimoldi nicht verstehen. «Dieses Vorgehen setzt den Stimmbürger stark unter Druck. Man kann auch von Erpressung sprechen.» Von den Untergangsszenarien hält er nichts. «Die wichtigen Elemente der Steuervorlage wären rasch umgesetzt. Bei der AHV brauchen wir eine grundlegende Reform, welche die Altersvorsorge auch für uns Junge sichert.»

SVP-Nationalrat mit Kehrtwende 

So wie Rimoldi hatte auch SVP-Nationalrat Franz Grüter im Parlament argumentiert. Mittlerweile hat er aber ins Befürworterlager gewechselt. «Die Verknüpfung ist nicht gut, deshalb stimmte ich im Parlament aus Protest Nein», sagt er. «In einer Gesamtbeurteilung bin ich aber zum Schluss gekommen, dass die Vorlage für unser Land und den Kanton Luzern ein solches Gewicht hat, dass ich zustimmen werde.»

Damit ist Grüter auf die Linie der bürgerlichen Parteien in Luzern eingeschwenkt. SVP, FDP und CVP hatten in den vergangenen Debatten die Wichtigkeit der Vorlage immer wieder betont. Dazu stellvertretend CVP-Kantonsrat Franz Bucher in der letzten Kantonsratsdebatte: «Die Parteien, die die Staf nicht unterstützen, müssen sich nicht wundern, wenn der Kanton Luzern nach einer negativen Abstimmung drastische finanzielle Massnahmen ergreifen muss.»

Warum profitiert Luzern?

Während andere Kantone aus Sorge um Wegzüge die Firmensteuern senken werden, hat Luzern diesen Schritt bereits hinter sich. Luzern hat aktuell die schweizweit tiefsten Firmensteuern und wird auch in Zukunft einen der vordersten Ränge belegen. So lautet auch eine Kernforderung des Luzerner Finanzleitbilds. Dementsprechend muss das zusätzliche Geld aus der direkten Bundessteuer nicht eingesetzt werden, um die Verluste abzufedern. 

Weil zudem die Holdings künftig regulär besteuert werden, kann der Kanton sogar mit Mehreinnahmen rechnen. 

Die Kantone sind weiter frei, mit zusätzlichen Massnahmen wie Forschungsabzüge oder Patentboxen weiter an Attraktivität zu gewinnen. Finanzdirektor Marcel Schwerzmann hat bereits angekündigt, diese Instrumente nur sehr zurückhaltend einzusetzen. 

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