Zuger wollen Luzerner Airbnb-Markt aufmischen

Wie eine neue Firma den Luzerner Wohnungsmarkt anheizt

Ein Apartment auf Airbnb vermieten, ohne einen Finger zu krümmen? Das Start-up Airhosted macht's möglich.

(Bild: jwy)

Zwei Zuger Unternehmer machen sich für ihr Geschäft den Airbnb-Boom zunutze: Sie vermarkten mit ihrem Dienst Airhosted Wohnungen im Netz und kümmern sich um alles. So springt das x-fache einer normalen Miete heraus. Doch der Widerstand in Luzern wächst.

Der Airbnb-Boom ruft findige Unternehmer auf den Plan. Dass einige mit permanent vermieteten Liegenschaften gutes Geld machen, ist bekannt. Zwei Zuger gehen einen Schritt weiter: Das vor gut einem Jahr gegründete Start-up Airhosted bietet quasi ein Airbnb-Rundum-sorglos-Paket und übernimmt – von der Kommunikation mit den Gästen bis zur Reinigung der Bettwäsche – sämtliche Dienstleistungen.

«Sie geben uns den Schlüssel, wir kümmern uns um den Rest», sagt Simon Ruckstuhl, einer der Gründer.

Das geht so: Ich kann auf der Website meine Wohnung erfassen und bekomme postwendend einen Vorschlag, wie viel ich dafür verlangen kann. Die Gründer versprechen: «Als Wohnungsinhaber kannst du mit Airbnb bis zu den doppelten Mieteinnahmen erwirtschaften.»

Check-in, Reparaturen und Putzarbeiten, Airhosted kümmert sich um alles: «Du selbst hast keinen Aufwand und musst nicht vor Ort sein. Lehne dich zurück und freue dich über das Extra-Einkommen.»

Je nach Umfang der Leistungen kassiert Airhosted zwischen 17 und 30 Prozent der Einnahmen. Beim Premiumangebot gibt’s sogar eine Gastgeberversicherung obendrauf, die Schäden bis 5000 Franken deckt. «Wenn Sie aus den Ferien zurückkommen, haben Sie die Wohnung gereinigt zurück», sagt Ruckstuhl.

500 Franken pro Nacht

Für eine feine Wohnung in der Neustadt kann man auf diese Weise schnell zwischen 300 und 500 Franken pro Nacht verlangen, an einer privilegierteren Lage noch mehr. Damit landet man schnell beim Vierfachen des Mietpreises.

Das Airbnb-Angebot in Luzern wächst rasant und hat sich in den letzten zwei Jahren verdoppelt. Kommerzielle Anbieter machen ein gutes Geschäft mit Vermietungsplattformen, indem Sie Apartments für mehrere hundert Franken pro Nacht anbieten (zentralplus berichtete).

Der Widerstand wächst

Der Widerstand gegen Homesharing-Plattformen wie Airbnb und Booking nimmt zu. Nicht nur vonseiten der traditionellen Hotellerie, auch Politiker machen Druck. Die Befürchtung: Die Plattformen heizen den Wohnungsmarkt an und treiben die Mieten in die Höhe. Cyrill Studer, Geschäftsleiter des Luzerner Mieterverbandes und SP-Politiker, glaubt, dass die Entwicklung in Luzern massiv unterschätzt wird.

In der Luzerner Altstadt, aber auch in der Neustadt, gibt’s einige Beispiele von frisch renovierten Liegenschaften, die gar nie mehr auf den normalen Mietmarkt kommen. Die möblierten Apartments werden so dem Markt entzogen, die Hausbesitzer generieren ein x-faches der Einnahmen.

«Wir bieten ein Modell gegen den Wohnungsleerstand.»

Lukas Wartmann, Airhosted

Vergangenen Donnerstag hat sich auch das Luzerner Stadtparlament mit dem Thema befasst und einen Vorstoss der SP überwiesen, der es auf die kommerziellen Anbieter bei Airbnb & Co. abgesehen hat (zentralplus berichtete).

Der Stadtrat hat das Problem erkannt, sieht aber (noch) keinen Handlungsbedarf. Darum hat die SP gleichentags mit einer Motion nachgedoppelt, sie fordert möglichst schnell gesetzliche Mittel, um professionelle Anbieter einzuschränken.

Luzern im Visier

Das hindert Airhosted nicht daran, ihr Geschäft voranzutreiben. Bisher waren die Gründer Simon Ruckstuhl (29) und Lukas Wartmann (31) vor allem im Raum Zug und Zürich aktiv, doch sie haben auch Luzern im Visier. «Wir sind am Luzerner Markt interessiert und sehen Potential. Wir sind in Verhandlungen, um an geeignete Objekte zu kommen», sagt Wartmann.

Anfangs standen vor allem Gelegenheitsvermieter im Fokus, die ihre Wohnung während ihrer Ferien untervermieten. Nun tritt Airhosted auch selber als professioneller Anbieter auf. Dafür gehen die beiden Unternehmer aktiv auf Verwaltungen und Hauseigentümer zu.

Dass sie so den Wohnungsmarkt anheizen, bestreiten sie – im Gegenteil: «Wir bieten ein Modell gegen den Wohnungsleerstand», sagt Lukas Wartmann. «Wir haben festgestellt, dass Wohnungen oft über lange Zeit leer stehen und gar nicht mehr auf den Markt kommen», ergänzt Ruckstuhl.

In der Tat: Im Vergleich mit anderen Schweizer Städten ist die Leerwohnungsziffer in der Stadt Luzern mit 1,02 Prozent relativ hoch. In Zürich beträgt sie 0,2 Prozent, in Zug 0,25.

Die Gründer von Airhosted: Simon Ruckstuhl (links) und Lukas Wartmann.

Die Gründer von Airhosted: Simon Ruckstuhl (links) und Lukas Wartmann.

(Bild: zvg)

Mittel gegen Hausbesetzungen?

Den beiden ist auch nicht entgangen, dass in Luzern immer wieder Villen oder Gebäude besetzt wurden. Mit Airhosted wollen sie eine Zwischenlösung bis zu einer Sanierung oder einem Abriss anbieten. «So können wir Besetzungen verhindern und die Liegenschaft im ganzen Lebenszyklus optimal nutzen», ist Ruckstuhl überzeugt. Denn: «Leerstehende Gebäude haben für niemanden einen Mehrwert.»

«Wir entziehen keine Wohnungen dauerhaft dem Markt.»

Simon Ruckstuhl, Airhosted

Wohnungen können auch aus anderen Gründen leer stehen – etwa weil kleine Altstadtwohnungen heutigen Ansprüchen nicht mehr genügen. «Für Touristen oder Geschäftsreisende sind diese aber ideal», sagt Ruckstuhl.

Oder der Eigentümer strebe eine gewisse Rendite an und das Objekt sei für Durchschnittsmieter schlicht zu teuer. «Wir können Wohnungen als Zwischenlösung dem Markt zurückführen, wenn sie keinen Abnehmer finden», sagt Wartmann. Ruckstuhl ergänzt: «Wir sehen uns als Symbiose, die den Mietmarkt ergänzt, wir entziehen keine Wohnungen dauerhaft dem Markt.»

Gegen Preiswucher

Bei der Untermiete verlangt Airhosted eine Erlaubnis vom Hausbesitzer. «Wir wollen keine rechtlichen Schwierigkeiten und dulden keine Schwarzvermietungen», verspricht Wartmann. Auch Preiswucher wollen sie unterbinden.

Der Markt habe Airbnb akzeptiert, faire Regeln seien notwendig, Transparenz ebenso – aber die geforderten Einschränkungen oder gar Verbote lehnen sie klar ab: «Das führt nur zu mehr Schwarzangeboten», ist Wartmann überzeugt. Airhosted habe eine transparente Buchführung und zahle Steuern. Neue Gesetze brächten nur einen hohen bürokratischen Aufwand, und letztlich seien Kontrollen schwierig.

Sie sehen die Bestrebungen der Politik nüchtern – denn: «Wenn es mehr Regulierung und Bürokratie gibt, macht das unseren Dienst noch attraktiver», ist Ruckstuhl überzeugt. Letztlich müsse der Markt entscheiden, wer sich durchsetze, so Ruckstuhl. «Touristen fordern heute solche Homesharing-Angebote.»

Keine Horrorgeschichten

Mit dem Geschäft sind die beiden zufrieden, auch wenn der Schweizer Markt zäh sei: «Schweizer sind anfangs verschlossen gegenüber neuen Ideen, das braucht seine Zeit», sagt Ruckstuhl. Doch die Nachfrage steige. Die beiden betreiben das Start-up vollberuflich und sie schätzen, dass von ihren Dienstleistungen rund 10 Voll- und Teilzeitstellen abhängen. Airhosted hat in gut einem Jahr rund 2500 Gäste betreut.

Und was ist mit den Horrorgeschichten über Airbnb, die man immer wieder liest? Von zerstörten Wohnungen und Diebstahl? «Es gibt diese Fälle, aber sie werden medial ausgeschlachtet», sagt Rucksthuhl. «Wir selber hatten noch keinen solchen Fall.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Cyrill Studer Korevaar
    Cyrill Studer Korevaar, 07.02.2019, 09:14 Uhr

    Die beiden Jungunternehmer Simon Ruckstuhl und Lukas Wartmann heizen mit ihrer Dienstleistung Airhosted die Goldgrube professionelles Airbnb zusätzlich an. Sie brüsten sich damit, dass mit ihrer Unterstützung bis zum vierfachen eines sonst üblichen Mietzinses erwirtschaftet werden kann.

    Jedoch – Wohnraum ist nicht Kaviar. Wer Fischeier für ein Vermögen anbietet und dabei noch Käufer findet, soll das machen. Wohnraum müssen sich aber alle leisten können, sonst geht es schnell an das Lebendige. Nicht aus Spass hält die Bundesverfassung fest: «Art. 109: Der Bund erlässt Vorschriften gegen Missbräuche im Mietwesen, namentlich gegen missbräuchliche Mietzinse …»

    Professionelles Airbnb ist ein Novum. Es zweckentfremdet Wohnraum und schlängelt sich am Mietrecht vorbei – entsprechend fehlen heute Lenkungsinstrumente und Missbrauchsklauseln. Derzeit ermöglicht professionelles Airbnb noch exorbitante Gewinne für Private auf Kosten der Gesamtbevölkerung: Mit jeder Umnutzung geht dauerhaft Wohnraum für die ansässige Bevölkerung verloren. Diese nimmt ab, der Druck auf den verbleibenden Wohnraum treibt die Mieten insgesamt in die Höhe, die Quartier-Identität leidet und die Anzahl der Steuerpflichtigen sinkt.

    Vor allem Top-Feriendestinationen sollten sich wappnen: Und Luzern als erfolgreichster Tourismusort der Alpen im Besonderen.

    Ich behaupte: Ruckstuhl/Wartmann und der Mehrheit ihrer Kunden geht es letztendlich um «eine gewisse Rendite», wie sie sich selber ausdrücken. Offensichtlich genügen ihren Klienten die zulässigen Gewinne nicht, welche das Mietrecht ermöglicht. Professionelles Airbnb ist neues Wasser auf die Mühle renditegetriebener Wohnraumbesitzer.
    Ausserdem verhindert professionelles Airbnb keine Besetzungen in Luzern (die letzten drei betrafen eine vernachlässigte Villa, ein einsturzgefährdetes Haus und einen Schimmelraum) und sind auch keine Zwischenlösungen bis zum Abriss (diese Zeit kann mit üblichen Mietverträgen überbrückt werden). Faire Regeln seien notwendig, bemerken die beiden Geschäftsherren, aber – bloss keine Verbote oder Einschränkungen.

    Wer denkt, der Wohnungsmarkt regle sich von alleine fair, hat keine Ahnung von der Realität oder kein wirkliches Interesse daran. In Luzern hat sich das Airbnb-Angebot binnen zweier Jahre verdoppelt. Und mit derzeit 1,02 Prozent Leerwohnungsstand herrscht per Definition Wohnungsmangel.

    «Touristen fordern heute solche Homesharing-Angebote», sagt der Zuger Jungunternehmer Ruckstuhl. Ich bin überzeugt, dass solch arrogantes Auftreten dem Tourismusort Luzern schadet und die Bevölkerung zusehends gastgebermüde wird. Auch deswegen ist die Politik gefordert, dem professionellen Airbnb-Treiben schnellstmöglich Leitplanken zu verpassen.

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