Unruhe vor Abstimmung zum MParc-Areal in Ebikon

«Das ist Grössenwahn»: Geplantes Quartier ruft Widerstand hervor

So könnte das neue Wohnquartier aussehen: Blick vom Vino Vintana auf die verkehrsberuhigte Weichlenstrasse und die Do-it-Halle. (Visualisierung: zvg)

Auf dem MParc-Areal in Ebikon soll ein modernes, neues Quartier mit rund 300 Wohnungen entstehen. Aber nur, sofern die Bevölkerung im Februar 2019 zustimmt. Doch nicht nur der geplante 55-Meter-Turm erntet Kritik. Was die Befürworter entgegnen und was das Ganze mit Bordellen zu tun hat. 

Seit die Migros vor einem Jahr in die Mall of Switzerland zog, steht der alte MParc in Ebikon eigentlich leer. Doch an diesem Dienstagabend füllt sich Reihe um Reihe. Mehrere 100 Besucher sind gekommen; nicht, um sich an die guten, alten Zeiten zu erinnern, als die Migros da noch Gemüse und Fleisch verkaufte. Nein, geladen hatte die Migros Luzern zusammen mit der Gemeinde, um über ihr Projekt «Qube» zu informieren.

«Qube», das ist der Name einer neuen Wohnsiedlung mit bis zu 340 Wohnungen, verteilt auf rund ein Dutzend teils ineinander verflochtene Gebäude inklusive einem Hochhaus (siehe Box am Textende). Ein modernes Quartier, das mit urbanen Schlagworten – Carsharing, Co-Working, Grünflächen, Verdichtung, verkehrsarm, Gemeinschaftsräume – an ähnliche Projekte wie etwa den Mattenhof in Kriens erinnert (zentralplus berichtete).

Dass dies die Bevölkerung so interessiert, hat auch mit der Abstimmung zu tun. Im Februar 2019 entscheiden die Ebikoner über die Umzonung und den Bebauungsplan, der quasi die Spielregeln für das Projekt definiert.

Bevölkerungsmix und 3,5 Millionen in die Gemeindekasse

Ein Urnengang, der nicht zum Spaziergang werden dürfte. Denn es gibt Bedenken in Ebikon (zentralplus berichtete). Auch an diesem Dienstagabend, wie sich später zeigen sollte. Doch zuerst priesen die Verantwortlichen, Gemeinderat und Migros, die Vorzüge des Projekts an.

«Die Idee ist, hier etwas zu entwickeln, das für die Zukunft von Ebikon Sinn macht», sagte Felix Meyer, Geschäftsführer Genossenschaft Migros Luzern. Damit wehrte er sich gleich gegen allfällige Vermutungen, dass es nur um eine möglichst gute Rendite gehe. Eine leere Brache bringe aber niemandem etwas.

Die Migros ist mit ihren Läden 2017 vom MParc in die Mall of Switzerland gezogen.

Die Migros ist mit ihren Läden 2017 vom MParc in die Mall of Switzerland gezogen.

(Bild: zvg)

Gemeindepräsident Daniel Gasser betonte, das Projekt leiste einen Beitrag zu einem guten Bevölkerungsmix. Es könne dazu beitragen, gute Steuerzahler nach Ebikon zu locken. Nur 300 Meter vom Bahnhof entfernt, berge es viel Potenzial, ergänzte Gemeinderat Hans Peter Bienz. Und nicht zuletzt würde es dank der Mehrwertabgabe einen Beitrag von rund 3,5 Millionen Franken in die Gemeindekasse spülen.

So geht es weiter
  • 10. Februar 2019: Die Stimmbevölkerung von Ebikon entscheidet an der Urne über die Umzonung und den Bebauungsplan.
  • Anfang 2022: Geplanter Baustart, gebaut wird in Etappen.
  • Ende 2024: Erste Gebäude sind bezugsbereit.

Doch sowohl die Gemeinde als auch die Migros wissen: Ein neues Quartier dieser Dimension kann Ängste auslösen. Gerade die Agglomeration von Luzern wächst stark – und mit Nebenwirkungen: Viele, auch in Ebikon, stören sich am zunehmenden Verkehr, an zu vielen leeren Wohnungen oder dem Verlust des Dorfcharakters (zentralplus berichtete).

«Es ist die Angst, plötzlich in einer anonymen Vorstadtgemeinde zu leben», sagte Gasser dazu. Das «Qube»-Quartier soll deshalb nicht in kurzer Zeit aus dem Boden gestampft werden, sondern in Etappen. Insgesamt rechnet die Migros mit einer Bauzeit von fünf bis zehn Jahren. «Es kann nicht das Ziel sein, auf Halden zu bauen», sagte Walter Baumann, Leiter Immobilien Migros.

Die vier Bordelle

Gemäss Gemeinderat sind zudem nicht Neubauprojekte wie «Qube» das Problem. Solche Wohnungen seien schnell vermietet. Im Gegensatz zu Altbauten, die viel öfter leerstehen – oder nicht nach Wunsch der Gemeinde genutzt werden. Gasser erwähnte etwa die vielen Schnellimbisse. Und: «Was ich auch nicht wusste: Ebikon hat vier Bordelle.» Solchen Entwicklungen gelte es Einhalt zu gebieten. Der Gemeinderat hofft, dass Eigentümer mit Sanierungen nachziehen, wenn auf dem Immobilienmarkt etwas geht.

Und er hofft auf die Unterstützung der Bevölkerung. Denn die ist geteilter Meinung, wie die zahlreichen Voten in der anschliessenden Fragerunde zeigten. So kommt etwa die verdichtete Bauweise nicht überall gut an. Nicht nur das Hochhaus und der befürchtete Schattenwurf sorgen für Skepsis, sondern auch die Dimensionen an sich. «Das ist Grössenwahn, so was hatten wir in Ebikon noch nie.» Andere wünschten sich auf dem Areal lieber ein Hallenbad oder eine Mehrzweckhalle.

Sagt Ebikon am 10. Februar 2019 Ja zur Umzonung, sollen die Bagger 2022 auffahren. (Visualisierung: zvg)

Sagt Ebikon am 10. Februar 2019 Ja zur Umzonung, sollen die Bagger 2022 auffahren. (Visualisierung: zvg)

Und auch die Parkplätze und die Sorge um zu viel Suchverkehr kamen zur Sprache. Denn vorgesehen ist, dass auf eine Wohnung nur 0,6 Autos kommen – auf 340 Wohnungen wären das rund 200 Autos. Unrealistisch, meinte ein Mann aus Ebikon. Doch Gemeinderat Hans Peter Bienz entgegnete: «Ein Areal mit 300 Wohnungen, zu denen jeweils zwei Autos gehören, würde in Ebikon zu einem Verkehrskollaps führen.» 

Doch es gab auch positive Voten aus dem Plenum. «Ich bin nun beruhigt, zu wissen, dass nicht innert zwei Jahren alles gebaut wird und wir dann lauter Leerwohnungen haben», sagte eine Rednerin.

Was geschieht bei einer Ablehnung?

Doch sie blieb in der Minderheit, was wohl auch der Tatsache geschuldet sein dürfte, dass sich an solchen Veranstaltungen naturgemäss mehr Kritiker melden als Befürworter. Trotzdem sagte Gemeindepräsident Daniel Gasser am Ende: «Ich würde nicht die Hand ins Feuer legen, dass es ein Ja gibt am 10. Februar.» 

Was wäre, wenn die Bevölkerung Nein sagt? «Für Ebikon wäre dies das Schlimmste», sagt er. Das Image würde leiden und statt guten Steuerzahlern kämen «Leute und Tätigkeiten, die wir nicht unbedingt wollen».

Ja, dann würde wohl rund zehn Jahre nichts passieren, ergänzte Felix Meyer, die Migros würde eine Zwischennutzung generieren. Doch die wäre kaum positiv für Ebikon, meinte er. Nur eins versprach er schmunzelnd: «Ein Bordell würden wir wohl nicht installieren.» 

Die Eckpunkte des Projekts Qube im Detail

Für das Areal Weichle liegt noch kein fixfertiges Bauprojekt vor. Erst nach einem Ja zum Bebauungsplan wird die Migros ein solches ausarbeiten. Das ist mit ein Grund, wieso der Baustart erst 2022 geplant ist. «Wir werden nicht nach dem Abstimmungssonntag mit dem Bagger auffahren und erste Häuser abreissen», sagt Walter Baumann, Leiter Immobilien. Die Planung brauche viel Zeit.

Was bisher bekannt ist, basiert auf dem Bebauungsplan und dem Richtprojekt, das im Zuge dessen entwickelt wurde. Es sieht ein neues Quartier mit bis zu 340 Wohnungen vor, rund 280 im Projekt Qube, zusätzliche 60 auf dem Areal der Vino Vintana AG. Dafür wird der grösste Teil des MParc-Areals abgerissen, der auch die alte Landi und die Garage umfasst. Bestehen bleibt einzig die unterirdische Tiefgarage und die Do-it-Glashalle, die für Anlässe und als Marktplatz genutzt werden soll.

Mietpreise zwischen Budget und Sélection

An der Kreuzung Zuger-/Bahnhofstrasse, am Standort der heutigen Rankgarage Niederberger, ist ein 55 Meter hohes Wohnhaus geplant – nur der Schindlerturm ist im Rontal ähnlich hoch. Ein langer, anschliessender Block soll dafür sorgen, dass das Quartier vom Strassenlärm abgeschirmt wird.

Visualisierung des geplanten Quartiers «Qube».

Visualisierung des geplanten Quartiers «Qube».

(Bild: zvg)

Ein Park und öffentliche Flächen sollen dafür sorgen, dass das Areal belebt ist. Zudem sind auch Gewerbeflächen geplant. Möglich wäre auch ein Quartierladen, wie Baumann sagt. Die Migros spricht von einem ökologisch vorbildlichen Quartier. Die Weichlenstrasse soll verkehrsberuhigt werden, die Siedlung mit 0,6 Autos pro Wohnung auskommen.

Wie viel die Wohnungen kosten werden, sei noch nicht klar. Die Spannweite soll aber gross sein, um eine gute Durchmischung zu haben. «Es gibt Budget- und es gibt Sélection-Produkte», sagte Baumann in Anspielung auf die Migros-Linien. Die Investitionssumme beläuft sich gemäss ersten Schätzungen auf rund 150 Millionen Franken. 

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