Postrock-Band setzt auf Konzerte – nicht in Luzern

A River Crossing suchen ihr Heil im Ausland

«Ein Song ist für uns nie fertig», sagt Jonas Nissen. Im Bild von links nach rechts: René Scherer, Livio Meister, Jonas Nissen und Felix Baumann.

(Bild: Silvio Zeder)

Die Luzerner Postrock-Band A River Crossing blickt auf ein zehnjähriges Bestehen zurück. Innerhalb der Band kam es zu einem Kommen und Gehen. Seit ihrer Europatour ist sie jedoch wieder eine verschworene Truppe. Zahlreiche Konzerte sind geplant – aber keines davon in Luzern.

«Wenn man einen unserer Songs hört, muss man lang durchhalten können», sagt Felix Baumann (45), Leadsänger und Gitarrist der Luzerner Band A River Crossing.

«Schwebende Atmosphären, eingängige Melodien, vertrackte Rhythmen und packende Riffs», so beschreibt sich die Postrock-Band. Jonas Nissen (33) ist der Einzige, der seit Anfang an dabei ist. Gemeinsam mit Michael Portmann, jetziger Leadsänger der Luzerner Indie-Punk-Band Cold Reading, gründete er 2008 die Band.

Die Bandgeschichte ist lang, es kam zu einigen Wechseln in der Vergangenheit. Innerhalb der einst fünfköpfigen Band sei es früher zu Spannungen gekommen, wie Jonas Nissen sagt. Man sich uneins gewesen, wie man eine Band führe und organisiere. Schlussendlich habe man sich auseinandergelebt – und weiterentwickelt.

Tour schweisste Band zusammen …

Tempi passati: Nissen und Baumann bilden nun gemeinsam mit Livio Meister (31) und René Scherer (30) das Quartett. Diesen Frühling gingen A River Crossing auf eine kleine Europatour, neben der Schweiz standen Konzerte in Deutschland und Frankreich an.

Diese Zeit habe die Band zusammengeschweisst. Es zeigte sich, dass die Band auch dann funktioniert, wenn sie den ganzen Tag eng beisammen ist, wie Nissen sagt.

Während dieser Tour wurden sie eine Zeit lang von Jonas Blaser, vom Film-Duo «Gango luege» begleitet (zentralplus berichtete). Vergangenen Freitag veröffentlichte A River Crossing nun endlich ihr erstes offizielles Musikvideo. Man glaubt es kaum: nach zehn Jahren Bandgeschichte.

Das erste Musikvideo von A River Crossing:

… und machte Lust auf Neues

Der Wunsch, weitere Touren zu planen, hat sich verstärkt: Kommendes Jahr plant die Band, eine Konzertreihe in Osteuropa zu spielen. Darauf freuen sie sich vor allem aus einem Grund: Die Leute würden im Ausland anders funktionieren. «Sie sind dankbarer und empfänglicher», sagt Baumann. «Sie geben dem Unbekannten eine Chance und sind sowohl an der Musik als auch an der Band als solche interessiert.»

A River Crossing wollen über die Landesgrenze hinaus. Von einer lokalen Abhängigkeit wollen sie nichts wissen. «Wir sind überhaupt nicht gebunden an Luzern oder die Schweiz», sagt Baumann. «Wir fokussieren uns nicht darauf, was diese Stadt dazu sagt, oder wie viel Resonanz und Anerkennung wir hier erhalten.» Er sei überzeugt, dass irgendwann die Zeit komme, in der sie mit ihrer Art von Musik mehr in den Fokus gerückt würden.

«Einigen ist unsere Musik wohl zu langatmig»

Vergangenen Herbst hat die Band ihr Album «Sediment» released. Sieben Songs gibt’s darauf zu hören – jeder von ihnen knackt die Vier-Minuten-Grenze. Zwei sind sogar länger als acht Minuten.

«Einigen ist unsere Musik wohl zu langatmig», sagt Felix Baumann. Postrock stelle nach wie vor eine Nische in der Musikbranche dar. Nur die ganz Grossen könnten davon leben, sagt Baumann: «Postrock ist weder massen- noch radiotauglich. Wir sprechen schlichtweg eine kleine Masse an Menschen an.»

Live-Konzerte statt Platten

Auch durch die neuen Produktionsmöglichkeiten hat sich vieles geändert. Heute kann jeder selbst einen eigenen Song produzieren. «Früher wurde es jeweils viel mehr abgefeiert, wenn eine Band ein neues Album herausgebracht hat», sagt Baumann.

Jonas Nissen ist es deshalb wichtig, in Zukunft noch mehr auf Live-Konzerte zu setzen. Auch wenn es bereits heute für eine Rockband schwierig sei, einen Konzertsaal nur schon zur Hälfte zu füllen. «Aber wenn es das einzige Ziel einer Band ist, auf einen vollen Konzertsaal zu treffen, dann muss sie aufhören», so Nissen. Viel entscheidender sei es, wie die Musik auf einzelne Personen und nicht etwa die grosse Masse wirke.

«Hört man in unsere Musik rein, entdeckt man immer wieder etwas Neues», sagt Nissen. «Es packt einen, ohne dass man uns oder die Musikrichtung kennt – geschweige denn, diese besonders mag.»

Und Baumann spinnt den Gedanken weiter: «Deshalb bin ich nach wie vor der Ansicht, dass wir eine extrem krasse Festival-Band wären. Aber nicht unbedingt für den Spot morgens um zehn», sagt er lachend.

Ohne zeitliche Limite

Bei anderen Bands wisse der Zuhörer schnell, was ihn erwarte, sagt Felix Baumann. Nach nur wenigen Sekunden spüre er, wie sich der Song entwickle – und fälle dann die Entscheidung, ob er den Song weiterhören wolle oder ihn auslasse. Die Songs von A River Crossing sind jedoch nicht an fixe Strukturen gebunden, wie Gitarrist und Gründer Jonas Nissen sagt.

Verschiedene Gedanken und Teile des Quartetts würden zusammengetragen, bis sie sich zu einem Ganzen zusammenfügen liessen. «Die meisten Songs entstehen bei uns im Proberaum während unseren Jam-Sessions», sagt Nissen. Probe die Band beispielsweise für einen Gig, «arte» es manchmal so aus, dass an einem neuen Song gewerkelt werde.

«Ein Song ist für uns nie fertig, sondern er könnte immer wieder aufs Neue entwickelt werden», fährt Nissen fort. «Fertig» sei ein Song dann, wenn er «live-fertig» sei. Und Bassist Livio Meister ergänzt: «Wir setzen uns nie eine zeitliche Limite – weder beim Schreiben noch bei der Länge unserer Songs.»

«Schwebende Athmosphären, eingängige Melodien, vertrackte Rhythmen und packende Riffs», so beschreibt sich die Postrock-Band.

«Schwebende Athmosphären, eingängige Melodien, vertrackte Rhythmen und packende Riffs», so beschreibt sich die Postrock-Band.

(Bild: Silvio Zeder)

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