Warum junge Zuger wählen gehen – oder eben nicht

«Politiker sollten das Interesse der jungen Generation wecken»

Kristina Lazic aus Neuheim möchte irgendwann mal wählen gehen – «jetzt aber noch nicht».

(Bild: woz)

Gerade sind sie 18 geworden. Also, nichts wie an die Urnen am 7. Oktober bei den Zuger Gesamterneuerungswahlen am «Super Sunday»? Wie eine nicht repräsentative Umfrage von zentralplus unter Lehrlingen und Berufsmaturanden am Kaufmännischen Bildungszentrum in Zug ergeben hat, scheut so mancher den Wahlzettel. Aus den verschiedensten Gründen.

«Gehen Sie wählen?» Sie kommt mit schwarzem Pelzjäckchen und Rollköfferchen aus der Tür des Kaufmännischen Bildungszentrums (KBZ) und schreitet Richtung Bahnhof. Kristina Lazic ist erst vor Kurzem 18 Jahre alt geworden – am 11. September.

Die Neuheimerin, die gerne modelt, stammt aus Serbien, ist aber in der Schweiz geboren. «Ich möchte schon einmal wählen gehen, aber jetzt noch nicht am 7. Oktober», sagt die junge Frau. Über Politik lese sie schon ab und zu in Schweizer wie auch in ausländischen Zeitungen. «Ich mache eine KV-Lehre und das wäre eines meiner Gebiete sozusagen.»

Mit «jungen Jahren» andere Dinge im Kopf

Was sie persönlich positiv überrascht habe, sei, dass manche Kandidaten am frühen Morgen am Zuger Bahnhof Gipfeli mit einem Flyer verteilt haben. «Ich habe keine Zeit zum Frühstücken. Deswegen habe ich mich sehr darüber gefreut und dann auch die Namen gelesen und gewusst, wer überhaupt mitmacht – und dass die Wahlen stattfinden», sagt Kristina Lazic.

Jugendliche würden sich mit der Politik vielleicht noch nicht so sehr beschäftigen, weil man in den «jungen Jahren» anderes im Kopf habe. Trotzdem findet sie auch, dass «Politiker mehr das Interesse der jungen Generation wecken sollten».

Sagt’s und geht weiter. Kristina Lazic ist nicht die Einzige, die unter den von zentralplus am KBZ Befragten den Gang an die Urne scheut.

«Es gibt ganz viel Schlimmes in Zug – aber die Politik kann auch nicht alles machen.»

Timo Weber, Zug

Auch der Stadtzuger Timo Weber geht nicht wählen. «Ich komme einfach nicht dazu», lautet seine lapidare Begründung. Dabei gebe es «ganz viel Schlimmes» im Kanton Zug. «Man müsste zum Beispiel das Schulsystem dringend ändern.» Doch wie genau, kann und will er in der Kürze nicht sagen – er muss weiter mit seinen Kollegen für eine Prüfung büffeln.

«Man kann aber auch nicht alles der Politik in die Schuhe schieben – denn die Politik kann auch nicht alles machen», so der 18-jährige Zuger.

Wenn man online seine Stimme abgeben könnte, würde der 18-jährige Baarer sofort bei den Wahlen mitmachen.

Wenn man online seine Stimme abgeben könnte, würde der 18-jährige Baarer sofort bei den Wahlen mitmachen.

(Bild: woz)

Auch kein Interesse an den Zuger Wahlen hat ein junger Baarer. Der 18-Jährige, der seinen Namen nicht nennen will, sich aber gerne fotografieren lässt, finde einfach keine Zeit, um seine Stimme für Politiker im Kanton Zug abzugeben.

«Man sollte online wählen können»

Wobei der junge Mann mit der runden Brille, der eine Detailhandelslehre macht, sehr wohl gerne wählen würde – wenn man dies online machen könnte. Er hat Freude an seiner Detailhandelslehre. «Man muss eben den Umgang mit den Menschen mögen.»

«Politiker neigen dazu, ihre eigenen Interessen zu verfolgen.»

Junge Baarer Berufsmaturandin

Eine junge Baarerin, die gerade ihre Berufsmatura macht und ihren Namen auch nicht nennen mag, findet es indes «wichtig, wählen zu gehen». Es sei ja schliesslich die Bevölkerung, die mit der politischen Situation leben müsse. Deshalb mache es durchaus Sinn, seine Stimme abzugeben.

Rund 300 junge Menschen besuchen jeden Tag wegen ihrer begleitenden Ausbildung das Kaufmännische Bildungszentrum in Zug.

Rund 300 junge Menschen besuchen jeden Tag wegen ihrer begleitenden Ausbildung das Kaufmännische Bildungszentrum in Zug.

(Bild: woz)

«Wer die Möglichkeit nicht wahrnimmt und nicht wählen geht, hat meines Erachtens auch kein Recht zu motzen», sagt die Berufsmaturandin überzeugt. Aber fühlt sie sich denn von den Politikern, denen sie ihre Stimme gibt, auch entsprechend vertreten? «Ja und nein», erwidert die junge Frau. «Denn Politiker neigen eben dazu, ihre eigenen Interessen zu verfolgen.» Deshalb habe man auch bei rein inhaltlichen Abstimmungen mehr konkrete politische Einflussmöglichkeiten als bei Personenwahlen.

«Ich gebe auf jeden Fall meine Stimme ab, denn so kann ich mitbestimmen, welche Partei gewählt wird.»

Natalie H., Zug, Berufsmaturandin

Eine andere Berufsmaturandin aus Zug, die 21-jährige Natalie H., kann es kaum erwarten, an die Urne gehen zu können. «Ich gebe auf jeden Fall meine Stimme ab, denn so kann ich mitbestimmen, welche Partei gewählt wird.» Sie stamme aus einer politisch sehr aktiven Familie und verfolge auch in ihrem persönlichen Umfeld interessiert, wie sich junge Kollegen aus ihrer Schulzeit inzwischen als Kandidaten aufstellen liessen.

Frustschwelle nicht so hoch: Die meisten Jugendlichen finden einen Job

Natalie fühlt sich von den Politikern im Kanton Zug gut vertreten. «Früher hat man gefordert, am KBZ Englisch mit KV anbieten zu müssen – nun gibt es dieses Angebot.» Selbst einmal irgendwann in die Politik gehen möchte sie allerdings nicht: «Ich bin nicht so gut im reden», sagt sie bescheiden.

«Für Jugendliche ist Lokalpolitik wohl nicht so der Knaller.»

Hansjörg Truttmann, Rektor des KBZ

Der Rektor des KBZ, Hansjörg Truttmann, schätzt das Interesse seiner Schüler für Politik und Wahlen in etwa so ein, wie es für die Gesellschaft im Allgemeinen gelte. «Da gibt es bei uns dieselbe Bandbreite – wobei für die Jugendlichen Lokalpolitik wohl nicht so der Knaller ist.» Andererseits gehe es den jungen Leuten am KBZ gut, weil die meisten nach ihrer Ausbildung einen Job finden würden.

«Da geht es in Afrika, wo ich vor Jahren ein Sabbatical verbrachte, natürlich anders zu. Da gehen die jungen Leute viel schneller auf die Strasse, wenn sie etwas ändern wollen.»

KBZ-Rektor Hansjörg Truttmann schätzt das politische Interesse seiner Schüler so ein, wie es sich im Rest der Gesellschaft auch manifestiere.

KBZ-Rektor Hansjörg Truttmann schätzt das politische Interesse seiner Schüler so ein, wie es sich im Rest der Gesellschaft auch manifestiere.

(Bild: woz)

 

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